Bibliothek

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[Sirius]

Da war er wieder. Der junge Mann, der neu in der Stadt war. Jedenfalls hatte ich ihn hier vor Beginn des Semesters nie gesehen. Ich hatte keine Ahnung, was oder ob er studierte, jedoch hielten sich fast nur Studenten in der Bibliothek auf, also nehme ich an, dass auch er studiert.

Wie jeden Tag, an dem ich hier arbeitete, war auch er da gewesen. Von meinen Kollegen erfuhr ich, dass er tatsächlich die ganze Woche hier war. Er saß immer an dem einen Stuhl, der scheinbar im Gegensatz zu den anderen nie knarrte.

Jeder schien zu wissen, dass dies sein Stuhl war. Er blieb immer leer, bis dieser junge Mann kam und den Platz einnahm.

Sein Laptop stand steht's vor ihm, sowie ein Haufen Bücher und Papier. Ab und zu holte er Schokolade, einen Müsli-Riegel oder etwas Obst hervor und biss genüsslich ab, ohne je ganz von seiner Arbeit abzulassen. Er hatte auch nie Begleitung dabei, er kam immer allein.

Er war recht groß und schlank, hatte braune etwas längere Haare und ein wunderschönes Gesicht mit hellen braunen Augen, die an Bernstein erinnerten.

Das einzige Mal, dass wir redeten, war, als er mich eines Abends bat, ein Auge auf seinen Laptop zu haben, während er die Toiletten aufsuchte. Aber das war nur kurz und unbedeutend. Seine Stimme jedoch war sanft und ruhig, wie sein ganzes Erscheinen.

Jedes Mal, wenn ich hier war, beobachtete ich ihn heimlich. Er hat es mir angetan und doch wusste ich seinen Namen nicht. Seitdem er hierher kam, war ich nie an der Rezeption gewesen, wenn er sich Bücher ausgeliehen hatte. Und das ärgerte mich irgendwie. Ich wollte unbedingt seinen Namen erfahren.

Und jetzt war kurz vor Schluss der Bibliothek. Er war noch da. Ich war noch da. Außer ihn waren noch zwei Frauen da, die aber gerade auf mich zu kamen, um sich jeweils zwei Bücher auszuleihen, und gingen dann.

Mein Blick ging erneut zu dem Unbekannten. Dieser war gerade am Einpacken. Seine Bewegungen wirkten so genau und so ruhig. Dann ging plötzlich sein Blick hoch und direkt in meine Augen. Wir waren gut zehn Meter voneinander entfernt.

Er packte den Rest und nahm das Buch in die Hand, das noch vor ihm auf dem Tisch lag.

Dann steuerte er auf mich zu.

„Hallo.", sagte er und legte das Buch auf den Tresen. Ich sagte ‚Hallo' zurück, zog das Buch über den Scanner und ließ mir nichts anmerken.

Ich war aufgeregt weil wir beide allein waren und ich gleich seinen Namen erfahren würde. Wortlos legte er seine Bibliothekskarte auf den Tresen und sah zu mir. Ich nahm seine Karte und zog sie ebenfalls durch den Scanner.

Da ploppte sein Name auf. Remus Lupin. Interessant. Was für ein schöner Name.

Ich gab ihm ebenfalls wortlos beides zurück. Er steckte beides ein.

„Schönen Abend noch.", sagte er mit seiner ruhigen Stimme und drehte sich um.

Okay, Sirius, jetzt oder nie.

„Hey, warte mal!", rief ich. Gott, das klang erbärmlich.

Er drehte sich um und sah mich überrascht an. Er sagte nichts und wartete, bis ich etwas sagte.

„Hast du Samstag schon was vor?", fragte ich so beiläufig wie möglich.

Er schien kurz nachzudenken. Dann schüttelte er den Kopf.

„Nein, ich hab nichts vor. Wieso fragst du?", fragte er neugierig. Diese Stimmlage stand ihm. Ich wurde nervöser

„Willst du mit mir Essen gehen?", fragte ich und sah ihm in die Augen. Er stand etwa fünf Meter weit weg und sah mich überrascht an. Er schien wieder nachzudenken.

Ich wurde noch nervöser. Was hatte ich mir dabei gedacht, ihn einfach so nach einem Date zu fragen?

„Klar, gerne.", sagte er lächelnd. Das trieb auch mir ein breites Grinsen auf die Lippen.

Er kam wieder auf mich zu und fragte: „Hast du mal einen Stift?"

Ich gab ihm einen aus dem Stiftebehälter. Er nahm sich einen Klebezettel vom Stapel und schrieb etwas darauf.

„Dann können wir Ort und Zeit abmachen.", sagte er freundlich lächelnd und drückte mir den Zettel und Stift in die Hand.

„Ich bin Remus.", sagte er und sah mich an.

„Sirius.", grinste ich. Er lächelte und sah zu dem Zettel, den ich in der Hand hielt.

„Ich muss jetzt los!", sagte er noch und drehte sich schon um. Dann erst realisierte ich wirklich, was gerade passiert war.

„Dir noch einen schönen Abend!", rief ich ihm hinterher. Er drehte sich im Gehen noch einmal um und winkte.

Ich sah ihm hinterher und in mir entwickelte sich große Vorfreude auf Samstag. Heute war Donnerstag und morgen musste ich nicht arbeiten, also würde ich ihn erst Samstag wiedersehen.

Den Rest des Abends durchsuchte ich gut gelaunt die Bibliothek nach Übriggebliebenen, räumte soweit etwas auf und schloss die Bibliothek.

Als ich in meiner Wohnung ankam, zog ich mich um und legte mich auf die Couch. Sofort nahm ich den Zettel mit der Telefonnummer heraus und tippte sie ein.

Ich schrieb ihm und nur fünf Minuten später schrieb er zurück. Ich grinste und fragte, ob er Italienisch mag, was er bejahte. Die Vorfreude in mir stieg. Ich sagte ihm, dass wir uns 19 Uhr an dem Italiener treffen würden. Ich freute mich sehr darauf, ihn näher kennenzulernen.

Ich schlief mit einem Lächeln auf den Lippen und mit Gedanken an Samstag ein.

Wolfstar OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt