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„Wann?", fragte ich geradeheraus als Sean im angrenzenden Badezimmer verschwand. Das Lächeln auf Graces Lippen schwand und bedauernd sah sie mich an.

„Dienstag.", erwiderte sie und griff nach meiner Hand um diese fest zudrücken. so fest sie eben noch konnte.

Es war schon einige Zeit vergangen, um genau zu sein fast zwei Stunden, aber bisher hatten wir nur über unwichtiges geredet. Größtenteils Sean und Grace da ich nur knappe Antworten von mir gab.

Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und aus großen Augen sah ich sie an.

„Ich weiß was du jetzt denkst.", erklärte sie und strich mir mit ihrer freien Hand über die Wange. „Sein Tod war schrecklich und hat uns alle mitgenommen. Ich habe mich für diesen Tag entschieden, weil ich nicht wollte, dass ihr an zwei Tagen im Jahr trauert."

Vor wenigen Wochen hatten wir uns noch Briefe geschrieben. Briefe in denen wir über alles Mögliche schrieben und zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht gedacht, dass dies die letzten Briefe sein könnten.

„Was soll ich denn ohne dich machen?", fragte ich und unterdrückte die aufsteigenden Tränen. Ihr griff wurde noch ein wenig stärker und auch ihr altbekanntes Lächeln erschien wieder.

„Ich werde doch immer bei dir sein, Amanda. Zwar wirst du mich nicht sehen können, aber ich werde genau hier sein-", sie drückte mit dem Zeigefinger auf die Stelle wo mein Herz schlug, „-Du hast einen wundervollen Bruder und auch mit Sean und den anderen scheinst du dich gut zu verstehen. Tom ist auch immer für dich da. Ich weiß wie du denkst; Menschen sind auf gewisse Art und Weise immer alleine und ja, wahrscheinlich hast du Recht. Menschen kommen alleine zur Welt und verlassen auch diese wieder alleine aber entscheidend ist, wie du die Zwischenzeit gestaltest!"

„Die Götter werden froh sein dich zu haben.", murmelte ich mit erstickter Stimme und einen Moment war es still ehe ihr leises Lachen den Raum erfüllte.

„Laber nicht so einen Mist! Wir wissen beide, dass du nicht an sowas wie Gott glaubst.", kicherte sie sichtlich amüsiert und hielt sich mit der Hand die vor kurzem noch an meiner Wange lag den Bauch.

Auch auf meinen Lippen erschien ein Grinsen und verebbte nicht als Kürbiskopf zurück kam und sich auf seinen Platz breit machte.

„Was hab ich verpasst?", lächelte er unwissend über das, was wir gerade noch besprochen hatten.

„Nichts! Wollen wir runter? Meine Beine schlafen ein und um ehrlich zu sein bekomme ich riesigen Hunger!", klatschte Grace aufgeregt in die Hände und schwang ihre Beine aus dem Bett, hob ihre Sauerstoffflasche auf den Wagen welchen sie immer bei sich haben musste und schlüpfte in ihre grauen Stoffschuhe.

Unten in dem kleinen Café holte sich Grace etwas zu essen und zu trinken, ebenso wie Sean. Ich dagegen hatte keinen Hunger.

Wir setzten uns an einen der weißen Kunststofftische und beide fingen an zu essen, während dessen erzählten sie sich irgendwas wobei ich wieder mal auf Durchzug schaltete und die Umgebung musterte.

Schon immer habe ich dieses Café, oder wie ich es so schön nannte Bruchbude, gehasst. Die Wände wurden in einem ekel erregenden braunen Ton gestrichen und den Tischen und Stühlen konnte man ansehen, dass sie minderwertig waren.

„Amanda?", riss mich die raue und zugleich sanfte Stimme vom Kürbiskopf aus den Gedanken und verdattert sah ich zu ihm. Fragend zog ich meine Augenbrauen zusammen.

„Möchtest du nichts essen?", fragte er und Grace fing an zu lachen da er diese Frage anscheinend schon davor gestellt hatte. Verneinend schüttelte ich den Kopf.

Gerade als wir Grace wieder nach oben begleiten wollten ließ mich etwas herum fahren.

„AMANDA!", rief eine Stimme welche ich unter tausend erkannt hätte und als ich mich umdrehte sah ich das vertraute Gesicht von Phil welcher auf uns zu gejoggt kam.

Bei uns angelangt stützte er sich schwer atmend auf den Knien ab und gab mir mit einer Geste zu verstehen ich solle warten, als sich der gut aussehende Mann ende vierzig wieder einigermaßen unter Kontrolle hatte breitete er seine Arme mit einem strahlenden Lächeln aus welches seine geraden Zähne zeigte.

Grinsend schloss ich meine Arme um seinen Hals und spürte zwei Sekunden später wie er mich einmal in der Luft umher wirbelte und lachte.

„Ich hab dich vermisst, Kleine.", murmelte er in mein Haar und zustimmend gab ich ein Grummeln von mir. Wie sonst auch roch Phil ausgesprochen gut nach einer Mischung aus After-Shave und einem Hauch Vanille.

„So genug geknuddelt! Sonst werde ich noch eifersüchtig!", fuhr meine langjährige Freundin dazwischen und kicherte. Wiederwillig löste ich mich aus der innigen Umarmung und sah in das Gesicht von Sean.

Als würde er meinen Blick gemerkt haben sah er weg und setzte dann ein Lächeln auf um Phil die Hand hin zu strecken: „Sean.", stellte er sich einsilbig vor.

„Phillip, aber nenn mich doch Phil!", lachte der ärztliche Psychologe.

„Wo ist Dave?", fragte ich betrübt und sah mich um.

„Mein Bruder ist gerade noch im OP aber ich soll dich am Montag zum Essen einladen.", erklärte mir der brünette Mann und verstehend nickte ich ehe mir etwas einfiel.

„Kann Sean auch kommen? Er ist meine Begleitung.", mittlerweile hatten wir uns in Bewegung gesetzt und waren in einem der Fahrstühle angelangt die extra für Patienten gedacht waren.

Verblüfft sah mich der Mann gegenüber von mir an: „Ich wusste gar nicht, dass du vergeben bist."

„Bin ich nicht... er ist... also wir sind... wir wohnen zusammen.", stotterte ich unverständliches Zeug und wusste nicht was plötzlich mit mir los war.

„Was Amanda sagen möchte ist, wir leben zusammen weil Damon einer meiner besten Freunde ist und wir eine WG haben. Amanda und ich sind also kein Paar und werden auch nie eins werden.", fiel mir Sean ins Wort und auf gewisse Weise taten mir seine Worte weh, auch wenn ich vor nicht allzu langer Zeit fast das gleiche von mir gegeben hatte.

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