Unsicher trat ich von meinem linken auf den rechten Fuß. Immer im Wechsel. Zugegebenermaßen war ich nervös und sogar kurz davor wieder umzudrehen wäre da nicht dieser Drang Josh wieder zu sehen.
Mit jedem Schritt welchen ich in seine Richtung machte wurde ich langsamer. Ich hatte das Gefühl als würde jeden Moment mein Brustkorb explodieren und in Millionen Teile zerspringen, dabei war es doch nur ein Geburtstag.
Von einem Jungen mit welchen ich mich verglich. , fügte ich in Gedanken dazu und atmete tief durch ehe ich zweimal an die Tür seines Zimmers klopfte und auf ein Lebenszeichen hoffte.
Die Tür wurde aufgerissen und ein hübsches Mädchen mit rehbraunen Augen strahlte mich mit einem bezaubernden lächeln an: „Du musst Amanda sein! Komm rein Josh wartet schon ungeduldig auf dich, du hast es ihm echt angetan! Ich bin übrigens Gwendolyn aber sag ruhig Gwen."
„Hallo Gwen.", lächelte ich und trat in den Raum. Noch immer mochte ich Krankenhäuser nicht und erst recht nicht den Gedanken, dass Josh es möglicherweise nicht schaffen könnte. Durch das Telefonat mit seinem Vater hatte ich viel erfahren.
Den Geburtstagskuchen stellte ich auf den Tisch ab und gerade als ich meine Jacke ausgezogen hatte kam das Geburtstagskind aus dem angrenzenden Badezimmer und sah mich aus großen Augen an.
Ehe ich mich versah rannte der Kleine auf mich zu, schlang seine dünnen Ärmchen um meine Taille und presste sich fest gegen mich: „Du bist gekommen!", nuschelte er uns löste sich so weit von mir, bis er zu mir aufsehen konnte.
Sanft lächelte ich, ging auf die Knie und schlang ebenfalls meine Arme um seinen Körper: „Alles Gute, Großer!", wünschte ich ihm und ein Kichern entfuhr ihm als mein Atem gegen sein Hals stieß.
„Hallo Amanda, schön, dass du da bist!", begrüßte mich nun auch Mathew und umarmte mich kurz.
„Immer doch! Als ob ich bei diesen Augen nein sagen könnte.", meinte ich und deutete auf Josh welcher erneut anfing zu kichern.
„Wenn ich vorstellen darf, meine Nichte Gwen aber wahrscheinlich hat sie sich schon selbst vorgestellt.", lachte der Mann und klatschte einmal in die Hände ehe er weiter fuhr. „ Wer will Kuchen?"
Wir setzten uns an den Tisch für vier Personen und fingen an den Kuchen zu verteilen.
„Stimmt es eigentlich, dass ihr euch auf dem Flur kennengelernt habt?", fragte Gwen neugierig und sah mich interessiert an. Lächelnd nickte ich.
„Ja. Josh hat mich angesehen und dann hab ich ihn angesprochen.", erklärte ich ohne weiter auf das Gespräch von mir und dem Kleinen einzugehen. Auch wenn es etwas Sachliches war und seine Familie es schon wusste, so kam es mir vertraulich vor und ich wollte das Vertrauen nicht brechen.
„Ach so! Aber, was hast du auf dieser Station gemacht?", harkte sie weiter nach und lächelte mich an.
„Ich.. wie soll ich sagen... also es war so, dass ich Streit mit meinem Bruder hatte und nun ja, meine Nerven sind nicht alt zu stabil weshalb ich über Nacht im Krankenhaus bleiben musste.", erläuterte ich und steckte mir ein Stück Kuchen in den Mund. Zu meinem Pech musste ich eingestehen, dass Kürbiskopf verdammt gut backen konnte.
„Aber wieso warst du dann auf dieser Etage?", mischte sich nun Mathew ein und sah mich mit gekrausten Augenbrauen fragend an. Ergeben seufzte ich, lehnte mich etwas im Stuhl zurück und starrte an die Decke.
„Krankenhäuser sind Teil meiner Vergangenheit.", murmelte ich nachdenklich und versuchte die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Erfolgreich.
„Oh, das... tut mir leid. Ich wusste nicht... du bracht nicht...-", entschuldigte sich Gwendolyn und man merkte ihr an wie unwohl ihr bei dem Gedanken war Erinnerungen in mir zu wecken.
Ich lächelte sie an, legte meine Hand auf die ihre und sagte mit einem aufmunternden Ton: „Du konntest es nicht wissen! Was wollen wir heute noch machen?"
Bei letzterem wandte ich mich an Josh welcher mich breit angrinste und aufgeregt auf seinem Stuhl rum rutschte und laut rief: „Drachensteigen!"
Wie er es sich gewünscht hatte waren wir eine Stunde später im Park des Krankenhauses und ließen Dachen in die Luft steigen. Josh' Augen hatten ein glückliches Funkeln während er so über die Wiese tollte und wieder spürte ich diesen Stich der sich durch meine Brust zog als ich daran dachte wie seine Chancen stehen.
Ich kam zu der Erkenntnis, dass er mir nicht zu wichtig werden durfte. Es bestand die Möglichkeit, dass er bald sterben würde und so sehr mich dieser kleine Junge faszinierte, so sehr tat er mir auch weh.
Wenn er gehen würde wüsste ich nicht wie ich handeln würde. Ob ich bereit wäre es zu akzeptieren. Ob ich stark genug wäre noch einen geliebten Menschen gehen zu lassen.
Ich zuckte zusammen als sich eine zierliche Hand auf meine Schulter legte und mein Kopf schnellte nach rechts wo Gwendolyn stand und mich traurig anlächelte.
Sie sagte nichts und das war es. Es war ein Schwachsinn zu denken ich könne mich von dieser Familie fernhalten. Es war egoistisch zu denken ich könne es nicht ertragen, dabei hatten es seine Angehörigen noch viel schlimmer.
Aus dem Nichts schlang ich meine Arme um ihren Hals und umarmte sie. Zum ersten Mal wollte ich für jemanden in solch einer Situation da sein und zu meiner Überraschung ging sie drauf ein.
Denn auch ihre Arme schlangen sich um meine Hüften und ihr Kopf vergrub sich in meiner Halsbeuge. Ich spürte wie etwas Nasses meinen Hals hin unterlief und verstärkte meinen Griff.
Weder wollte ich den Geburtstag von Josh mit Sentimentalität zerstören, noch wollte ich Gwen weinen sehen.
Den ganzen Tag verbrachte ich mit der Familie von Josh und erst gegen Abend verabschiedete ich mich von allen. Zum Schluss kam das Geburtstagskind dran.
Dieser sah mich aus großen Augen an und lächelte breit: „Kommst du bald wieder?", fragte er lieb und unschuldig und wie aus Reflex nickte ich.
„Ich werde ab sofort einmal die Woche kommen, mit der Bedingung, dass du nie die Hoffnung aufgibst. Okay?", erwiderte ich und zeigte anklagend mit dem Finger auf den kleinen Jungen vor mir.
Matt und Gwen waren in ihr eigenes Gespräch vertieft, sodass sie unseres nicht mit bekamen. Eifrig nickte der kleine Mann vor mir und fiel mir um den Hals.
Normalerweise konnte ich nicht mit Kindern. Im Gegenteil ich hatte bei jeder Bewegung angst sie zu verletzten, ihnen Schaden zuzufügen, doch bei Josh war es einfach.
Ich gab ihm das, was ich damals sosehr wollte aber nie bekam.
Verständnis einer Person mit der man sich verbunden füllte. Logisch, ich hatte die Kartoffel und die Nudel, auf gewisse Art und Weise hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch Lucy, aber es war nie das gleiche.
Jahre lang wollte ich von meinen Eltern in den Arm genommen werden, jemanden haben der mich versteht ohne mich zu kennen.
Ich wusste, ich war nicht seine Mutter, auch nicht seine Schwester oder seine Cousine, aber ich verstand ihn ohne ihn richtig zu kennen und das war der entscheidende Punkt.
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Believe in yourself
Romance»Manchmal fallen Wörter,die man nicht sagen wollte.Manchmal muss man lachen,obwohl es unangebracht ist.Manchmal entsteht ein großer Streit aus einer Kleinigkeit.Manchmal verlassen dich Menschen die du liebst & manchmal fallen Tränen obwohl man sie k...