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„Du hast dein Handy und deine Versichertenkarte?", informierte sich die Kartoffel neben mir zum Gefühlt hundertsten Mal und ging mir somit offiziell auf meinen nicht existierenden Sack.

Schüler und Schülerinnen tummelten sich auf dem Vorplatz der Schule und warteten darauf, dass sie endlich in die Busse steigen konnten und die Fahrt nach Paris beginnen würde.

Genervt verdrehte ich meine Augen und nickte: „Jaha!"

Zugegebenermaßen fühlte ich mich nicht wie eine junge Erwachsene, sondern eher wie ein kleines fünfjähriges Kind welches von seiner Mutter überfürsorglich verpflegt wurde weil es ein wenig husten hatte. Nur war der Unterschied, dass mich mein älterer Bruder so behandelte wobei wir die Liste meiner Sachen schon dutzende Male durchgegangen waren.

„Gut, und du ruft mich an sobald ihr da seid?", harkte er weiter nach wobei ich nur erneut die Augen verdrehte und mich in der Gegend umsah.

Soweit ich es beurteilen konnte, kamen so gut wie alle aus meinem Mathe und Sportkurs mit, was bedeutete, dass auch Ethan hier irgendwo sein musste.

Zwar waren wir keine sonderlich guten Freunde, jedoch war er mir lieber als mein Bruder der mich mit Dingen zu textete, die mich nicht einmal ansatzweise interessierten.

Als ich den schwarzhaarigen Auswendig machen konnte drückte ich meinem Bruder einen Kuss auf die Wange und unterbrach ihn mit einem anschließenden Lächeln: „Dahinten ist Ethan, ein Freund. Ich hab dich lieb und ich werde dir schreiben sobald ich da bin!"

Bevor der werte Herr mir auch nur hätte antworten können war ich auch schon verschwunden und auf dem Weg zu dem braunäugigen. Bei diesem angelangt lächelte er mich an und schloss mich kurz in seine Arme um anschließend mit mir Smalltalk zuhalten.

Die Lehrkräfte gaben das Okay zum Einsteigen in die Busse und innerhalb von Minuten brauch ein einziges Chaos aus. Mädchen die ihre Taschen wo ganz anders abgestellt hatten als sie selber standen, Jungen die durch die Gegend brüllten weil ihre Freunde wo anders waren und dann die drei Lehrer welche versuchten Ordnung zu schaffen.

Erst als alle Schulpflichtigen in ihren Sitzen saßen und sich untereinander Unterhielten wurde es wieder ruhiger. Anders als erwartet hatte sich Ethan neben mich gesetzt.

Wir redeten zwar nicht, weil jeder seinen eigenen Gedanken nachging, jedoch war ich froh nicht alleine sitzen zu müssen. Maria hatte einen Platz neben Lucy welche sich immer mal wieder umdrehte während Jason irgendwo ganz hinten mit den Footballern saß.

All die anderen Gesichter konnte ich nur geringfügig benennen.

„Freust du dich schon auf Paris?", riss mich die tiefe Stimme meines Sitznachbarns nach einiger Zeit aus meinen Überlegungen und etwas irritiert sah ich zu ihm rüber.

„Und wie, ich liebe es neun Stunden in einem stickigen Bus zu sitzen und durch die halbe Weltgeschichte zu reisen!", entgegnete ich sarkastischer als gewollt und lehnte meinen Kopf erschöpft gegen die kühle Fensterscheibe. Ein raues Lachen ertönte von Ethans Seite.

„Wie optimistisch du mal wieder bist, Amy!", kicherte er ehe er verstummte und die Fahrt losging. Viel bekam ich zu meinem Glück nicht mit, da ich die meiste Zeit geschlafen hatte.

Aufgewacht war ich erst als der Motor des Busses verklungen war, das Stimmengewirr mehr wurde und mein Kissen anfing sich zu bewegen. Verstört hob ich meinen Kopf als mir bewusst wurde, dass Kissen sich nicht bewegten.

„Was zur Hölle?", murmelte ich noch immer im Halbschlaf und rieb mir müde über die Augen. Mal wieder freute ich mich darüber, dass ich mich nur selten und wenn auch nur ganz wenig schminkte.

„Ich wollte dich erst wecken wenn die anderen den Bus verlassen haben, aber das hat sich ja jetzt erledigt.", lächelte Ethan und mich erstaunte es, wie nett er doch sein konnte.

Natürlich gehörte er nicht zu den größten Arschlöchern der Schule, wobei seine Sprüche selbst mit denen manchmal konkurrieren könnten, aber in der Nähe seiner Stiefschwester verhielt er sich nie so mir gegenüber.

Gleichgültig zuckte ich mit den Schultern ehe ich meine sieben Sachen zusammen räumte und zusammen mit ihm den anderen hinaus folgte. Es war nachts und dementsprechend auch kalt weshalb ich die Jacke die ich trug noch enger um mich schlang.

„So liebe Schüler und Schülerinnen, wir werden jetzt in das Hotel einchecken und wir wären erfreut, wenn ihr euch benehmen würdet! Weitere Informationen zu den nächsten Tagen bekommt ihr in der Lobby!", verkündete eine rothaarige, junge Lehrerin und strahlte in die Menge.

Die Masse an Jugendlichen strömte in das zwei Sterne Hotel und wartete darauf, dass die Gruppen aufgerufen wurden damit sie endlich in ihre Zimmer konnten. Uns wurde von Anfang an gesagt, dass es nicht gerade Luxuriös werden würde, jedoch waren die meisten schätzungsweise einfach müde und wollten schlafen weshalb auch der Geräuschpegel sich in Grenzen hielt.

„Amanda Adams, Lucy Hale und Natascha Olavens!", hörte ich meinen Namen und zog anschließend erschrocken die Luft ein. Die Farbe wich aus meinem Gesicht und ich spürte wie mein Herz sich zusammen zog. Ich wäre mit allen und jedem freiwillig in ein Zimmer gegangen, aber nicht mit Lucy.

Mit schlürfenden Schritten folgte ich Natascha bis diese schließlich vor einer kleinen buchefarbenen Tür stehen blieb und sie aufschloss.

Das Zimmer war schön, schlicht und nichts Besonderes. Weiße Wände ließen den Raum größer wirken und durch ein großes Fenster würde morgen sicherlich viel Licht hinein fallen.

Es gab ein Hochbett, sowie ein Einzelbett.

Innerhalb von wenigen Sekunden hatte Natascha ihre Tasche auf das Einzelbett geschmissen, was wohl oder übel hieß, ich müsse mit Lucy besprechen wer oben und wer unten liegen würde.

Als hätte sie meine Gedanken gehört betrat sie das Zimmer und checkte die Lage. Ihre Augen trafen auf mich und Reue blitzte in ihnen auf welche ich allerdings gepflegt ignorierte da ich sie nicht sehen wollte.

„Oben oder Unten?", übernahm ich nach einigen Minuten des Schweigens das Wort und deutete stumpf auf das Hochbett.

Niedergeschlagen sah meine damalige Freundin zu Boden und biss sich auf die Unterlippe ehe sie entgegnete: „Unten."

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