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Keuchend schlug ich meine Augenlider auf, kniff sie aber in dem Moment darauf wieder zu da meine Bewegung zu rapide war. Meine Hand schnellte zu meinen Kopf welcher sich so anfühlte als würde er jeden Moment explodieren.

„Da bist wach!", schluchzte eine bekannte Stimme neben mir und ließ mich schlussendlich doch aufblicken. Lucy, meine ehemals beste Freundin, saß mit geröteten Augen neben mir und wischte sich eine Träne von der Wange.

Stirnrunzelnd betrachtete ich sie: „Was ist passiert?", fragte ich nach einiger Zeit und merkte wie sich mein Hals wehrte nicht zu krächzen. Ich erinnerte mich nur noch daran, wie ich einen weiteren Drink in mich gekippt hatte.

„Dir wurde etwas ins Glas gemischt.", erklärte die schwarzhaarige mit bebender Stimme und ließ mich keine Sekunde aus den Augen. Ich lag in dem Bett von Natascha welche selbst im Raum war und auf dem von Lucy saß. Auch ihre Augen waren gerötet vom Weinen.

„Oh.", entfuhr es mir stumpf und erschöpft ließ ich meine Augen wieder zufallen. Mein Gott, könnte das stätige Hämmern in meinem Kopf endlich ein Ende nehmen?

„Oh? Das ist alles?", kreischte eine hysterische Stimme und ließ mich zusammen zucken. Was hatte ich auch anderes erwartet, dass Natascha, einer der Zustände, einfach ihre Klappe halten würde?

„Ja, Oh! Meine Fresse, was soll ich deiner Meinung noch dazu sagen?", fuhr ich sie barsch an. Es war eine schlechte Angewohnheit meinerseits unfreundlich zu Leuten zu sein wenn ich einen Kater von zu viel Alkohol hatte.

„Vielleicht fragen wer dich nach Hause gebracht hat? Oder möglicherweise wie lange du schon da liegst und aussiehst als seist du tot?", zickte die Brünette zurück und ließ mich seufzen.

„Tut mir leid, Natascha. Könntest du mir diese Fragen bitte beantworten?", entschuldigte ich mich widerwillig bei ihr und bat sie höflich um Antworten.

„Ist okay, ich... wir haben uns nur Sorgen gemacht. Es waren Jason und Ethan welche dich wieder her gebracht haben und genaugenommen lagst du ganze zwei Tage einfach nur rum.", überrascht von ihrer Kooperation flatterten meine Augenlider wieder auf und sahen sie bewundernd an.

„Seit wann so nett?", aus meiner Stimme war kein Vorwurf zu hören, eher war es die Verwunderung die aus mir sprach. Natascha lachte leise.

„Nur weil Bianca und Chantal einen unbegründeten Hass gegenüber dir verspüren heißt es nicht, dass ich auch so empfinde. Zwar hänge ich mit ihnen ab, trotzdem finde ich nicht alles gut was sie tun. Es ist... schlampig.", die Wörter purzelten nur so aus ihrem Mund und als sie bemerkte was sie da sagte hielt sie inne und sah uns warnend an.

„Wehe ihr sagt ihnen etwas! Sie sind meine einzigen Freunde die ich hier habe.", über den Wechsel ihrer Stimmung konnte ich nur grinsen. Ich versuchte krampfhaft meinen Kommentar zurück zu halten, scheiterte jedoch kläglich.

„Schon mal überlegt wieso das so ist? Natascha, du könntest bessere Freunde finden. Du müsstest einfach mal den Mut finden und dich von den Zuständen abseilen.", kurz sah sie mich einfach nur an, man konnte ihr beinah schon ansehen wie die Zahnräder in ihrem Hirn ratterten.

Gedankenverloren biss sie sich auf die Unterlippe und krauste ihre Stirn, sodass eine Falte entstand.

„Amanda hat Recht, Natascha. Du bist nicht auf diese Mädchen angewiesen, sieh nur wie nett du sein kannst wenn sie nicht da sind. Ist dir gar nicht aufgefallen, dass sie dich kein einziges Mal abgeholt haben in den letzten Tagen?", pflichtete mir Lucy bei und sah zu dem Mädchen gegenüber von uns.

Diese nickte nachdenklich ehe sie ihre Hände zu Fäusten ballte und aus dem Zimmer stürmte. Entweder sie war sauer auf uns weil wir ihr die Wahrheit gesagt hatten oder aber sie war auf den Weg zu ihren angeblichen Freundinnen um sich von ihnen zu trennen.

Peinliche Stille setzte ein und langsam richtete ich mich auf. Das durchgängige Liegen störte mich.

„Er hat mir mein Handy abgenommen und jeglichen Kontakt zu meinem alten Leben verboten.", brach die braunäugige das Schweigen und perplex drehte ich mich zu ihr. Wovon sprach sie?

„Meine Mutter hat ihn betrogen, mit einem zwanzig jährigen. Er ist ausgerastet und hat alles kurz und klein geschlagen. Ich hatte alles versucht, wollte ihm helfen sich zu beruhigen als seine Hand ausrutschte und mich traf. Es tat ihm zwar leid, jedoch hat er noch am gleichen Abend all unsere Sachen zusammen gepackt und mir mein Handy abgenommen. Ich hatte ihm gesagt ich müsse noch zu dir, aber es war ihm egal. Der Mann den ich immer als besten Vater der Welt bezeichnet hatte, schickte mich erst auf ein Internat, dann holte er mich zu sich und seiner neuen, jüngeren Frau welche er auch geheiratet hat. Mehrere Jahre saß ich jeden Abend vor dem Telefon und war kurz davor dich anzurufen, hab mich aber nicht getraut. Ich habe einen Fehler gemacht und hätte mich melden müssen.", ihre Stimme war brüchig und ihre Augen benebelt von den Erinnerungen.

„Hättest du, hast du aber nicht.", stellte ich nüchtern fest und schwang meine Beine über die Kante des Bettes um mich langsam aufzurichten. Die Kopfschmerzen waren wie weg geblasen durch den ganzen Trubel.

„Wo willst du hin?", fragte Lucy panisch und sprang von ihrem Platz auf um mir Stabilität zu geben. Dankend sah ich sie an ehe ich mich von ihr löste und sicher war ich könne auch alleine stehen.

„Ich muss zu Ethan, ihn etwas fragen.", antwortete ich ihr geistesabwesend und überlegte ob ich ihn wirklich die Frage stellen sollte die ich wollte.

Im Türrahmen drehte ich mich noch einmal zu meiner damaligen besten Freundin um: „Was du getan hast ist unverzeihlich, aber vielleicht werden wir irgendwann mal wieder auf einem Stand wie Freunde sein."

Es war kein Versprechen, ehe ein unsicherer Plan der jeder Zeit über Bord geworfen werden könnte, dennoch fand ich, dass es meinerseits reichte.

Believe in yourselfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt