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Wochen später hatte ich noch immer Kontakt zu Josh und seiner Familie. Seit genau sechs Wochen war ich jeden Mittwochnachmittag bei ihm, genau wie heute.

Auch mit Gwendolyn hatte ich mich gut angefreundet, so gut, dass wir uns des Öfteren trafen, jedoch nie bei mir weil sie noch nicht bereit war mein Bruder kennen zu lernen, geschweige denn die anderen Jungs.

Tom hatte vor zwei Wochen sein erstes Solo bekommen, weshalb wir noch härter zusammen trainierten als so schon. Die Schmerzen die ich anfangs noch verspürte nach der langen Pause wurden weniger und mittlerweile bekam ich sie kaum noch mit.

In der Schule lief alles den Umständen entsprechend gut. Jason ging weiterhin davon aus mich irgendwann rum zubekommen, Maria konnte sich jedes Mal wenn ich an ihr vorbei ging ihre Kommentare nicht verkneifen und Ethan blieb weiterhin ein verschlossenes Buch für mich. Unser Projekt hatten wir mit einer guten drei bestanden.

Lucy hatte versucht mit mir zu reden, was ich aber jedes Mal abgeblockt hatte, ich konnte ihr einfach nicht verzeihen.

Anfangs dachte ich es würde irgendwann wieder alles gut werden, sich alles aufklären, doch ob ich dies überhaupt wollte war unklar. Noch immer war ich kein Mensch der sich gerne Stritt aber dennoch wollte ich nicht schwach wirken und ihr mein Vertrauen hinterher werfen.

Damon und die Jungs waren wie eine Einheit. Manchmal beobachtete ich sie von der Treppe aus wie sie in der Küche zusammenarbeiteten.

Wie Harry ohne hinzusehen die Wasserflasche zu Kyle warf, dieser die Gläser füllte und Damon diese auf den Tisch stellte, ebenfalls ohne wirklich darauf zu achten. Sean stand meistens am Herd und kochte.

Zwischen uns war nichts weiter Großes passiert und mit der Zeit hatte ich festgestellt, dass diese Gefühle und dieses prickeln in meinem Bauch nur Einbildung war.

Trotz dessen das mein Leben langsam Form annahm füllte ich mich noch immer leer. Ich wusste nicht wie es weiter gehen würde. Mit Josh. Mit meiner eigenen Zukunft. Alles fühlte sich wie ein einziges großes Rätsel an welches ich nicht lösen konnte.

Gerade schloss ich die Haustür auf als das Haustelefon anfing zu klingeln. Irritiert ging ich zu der Station an welcher es hing und hob ab ohne auf die Nummer zu sehen: „Hallo?"

„Hallo Mandy, ich bin es Ben.", sagt die mir vertraute Stimme und mein Herz setzte für einen Schlag aus. Ben war der Bruder von Grace, einer meiner jahrelangen und besten Freundinnen, niemals würde er ohne Grund anrufen, auch wenn unser Verhältnis immer recht gut zueinander war.

„Was ist passiert, Ben?", fragte ich sofort und man hörte deutlich das Beben in meiner Stimme.

„Ich wusste es würde dir auffallen...-", seufzte er und fügte hinzu, „-du solltest dich setzten."

Ich nickte auch wenn er es nicht sah und ging zusammen mit dem Telefon am Ohr in die Küche wo ich mich an den großen Esstisch setzte und nervös auf meinem Fingernagel rum biss.

„Nun sag es endlich!", zischte ich wütend als er noch immer schwieg und hörte ihn laut ausatmen.

„Grace ihre Werte sind schlechter geworden. Sie will nicht mehr.", sprach er leise und versetzte mir einen mentalen Schlag ins Gesicht. Wahrscheinlich wich mir so eben jegliche Farbe aus dem Gesicht und auch spürte ich die Übelkeit in mir aufkommen.

„Was?", meine Stimme war brüchig und beinah nur ein hauchen, aber ich wusste er hatte es gehört.

„Amanda.. wir wissen alle, dass es das Beste ist. Auch wenn es schwer ist.", murmelte er mit erstickter Stimme und ich sah ihn bildlich vor mir wie er mit den Tränen kämpfte. Erneut setzte mein Herzschlag aus und alles in mir zog sich zusammen.

„Das kann sie nicht machen!", schrie ich beinah schon hysterisch und sprang von meinem Stuhl auf um in der Küche unruhig auf und ab zu gehen. Meine Sicht wurde glasiger und doch kamen keine Tränen.

„Sie möchte, dass du in den Ferien kommst und mit ihr ihre letzten Tage verbringst. Tickets sind gebucht und da du die kommenden zwei Wochen Frei hast passt das.", Ben fing sich wieder und hatte nun einen sachlichen Ton eingeschlagen um nicht in Tränen auszubrechen. Verständlich.

„Natürlich werde ich kommen! Selbst wenn ich kein Frei hätte! Schick mir die Daten, ich spreche mit Damon.", kurz erschreckte ich vor meinem Ton, er klang distanziert und abweisend.

„Okay, ich schick dir alles per Mail.", entgegnete er monoton.

„In Ordnung.", mit meinen Ellenbogen stützte ich mich auf der Arbeitsfläche ab und starrte ins Nichts. Erst jetzt wurde mir alles bewusst.

Eine meiner engsten Vertrautesten hatte sich dazu entschlossen den Kampf aufzugeben. Sich dazu entschlossen friedlich und ohne längere Qualen von uns zu gehen.

„Mandy?", erklang die Stimme von Ben erneut nur dieses Mal sanfter. So wie die Stimme eines Bruders zu seiner Schwester. So wie Damon immer zu mir sprach.

„Ja?", erwiderte ich nach kurzem Zögern leise.

„Du bist wie eine Schwester für mich geworden, weißt du das?", fragte er mich und ich nickte ehe ich merkte, dass er das gar nicht sehen konnte weshalb ich zustimmend ein grummeln von mir gab. Angst davor zu weinen breitete sich in mir aus weshalb ich versuchte so wenig zu sprechen wie nur ging.

„Wir werden immer für dich da sein, Amanda. Wir sehen uns Freitag, bis dann.", mit diesen Worten legte er auf und das Telefon flog im hohen Bogen hinüber zur Wand wo es in seine Einzelteile zersprang.

Ein stumpfer Schrei entfuhr mir als ich auf meine Knie zusammen sackte und mich mit dem Rücken gegen den Fuß der Arbeitsfläche lehnte. Hatte ich nicht vorhin noch gesagt mein Leben nahm Form an?

Ich glaubte nämlich, dass diese soeben einen Riss bekam.

Als nach einiger Zeit zuhören war wie ein Schlüssel sich im Schlüsselloch drehte sah ich noch immer nicht auf. Mein Blick galt einzig und allein dem Fenster welches mir Ausblick auf unseren Garten gewährte.

„Sind wieder da!", rief mein Bruder durchs Haus und schmiss hörbar seine Sporttasche in eine der Ecken, die Jungs taten es ihm gleich.

Schritte waren zu hören, manche die sich entfernten und andere die näher kamen.

„Amanda?", fragte die Kartoffel unsicher und hockte sich neben mich hin.

„Ich werde Freitag nach England fliegen.", sagte ich tonlos und wandte meinen Blick noch immer nicht vom Fenster. Damons Gesichtszüge verhärteten sich.

„Wieso?", harkte er stumpf nach und starrte mir intensiv in die Augen. Als es mir reichte sah ich ihm ebenfalls an. Bei meinem Anblick zuckte er unmerklich zusammen, fasste sich aber schnell und griff nach meiner Hand.

„Jede Schlacht verlangt Opfer, Damon.", ohne etwas darauf zu erwidern schlang er seine Arme um meinen Körper und presste mich an sich.

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