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Das Mädchen mit dem falschen Lächeln wurde zu einem ohne Lächeln.

Ich stand auf, ging zur Schule, kam nach Hause und verbrachte meine Nachmittage im Krankenhaus bei meinem Bruder. Meinem Bruder, der einzig und alleine wegen mir im Koma lag.

Phil hatte recht behalten und sein indirektes Versprechen gehalten als er sagte ich würde zu Hause aufwachen, denn genau das hatte ich getan, ich war in meinem Zimmer aufgewacht welches ich ohne zu fragen vor einigen Monaten bezogen hatte.

Kein einziges Mal hatte ich gefragt ob es okay sei wenn ich hier wohnen würde, ich hatte meine wenigen Sachen gepackt und war hergekommen. Nie hatte ich Rücksicht auf die verbleibenden Personen gegeben.

Immerhin waren es auch die, die dafür sorgten, dass ich mich weiterhin pflegte. Sie zwangen mich zum Essen, sagten mir wann ich zu Duschen hatte und trieben mich dazu regelmäßig Sport zu machen, und das beste an der ganzen Scheiße war, ich ließ es über mich ergehen. Schweigend, ohne Proteste und Diskussionen.

Mir fehlte die Kraft dazu, weder hatte ich in den vergangenen fünf Wochen ein einzelnes Mal gesprochen, noch hatte ich sonderliche Reaktionen von mir gegeben.

Es tat mir leid, für die Jungs, für Gwen und besonders für Phil welche sich alle so herzzerreißend für mich aufopferten als sei ich es wert. Ich meine, nicht mal eine Regung meiner Mimik brachte ich zustande und dabei ging es ihnen genauso schlecht wie mir.

Mein ganzes Dasein, mein gesamter Alltag, bestand daraus mich herum schieben zu lassen, mir sagen zu lassen was ich tun sollte und dieses zu akzeptieren denn anders konnte ich nicht. Ich fühlte mich als sei ich in einer zweiten Welt welche in unzählige Watteschichten gepackt wurde.

Ich hörte alles, ich sah alles, aber eine Antwort konnte ich nicht geben.

„Amy, du solltest eine Pause machen.", wies mich Gwendolyn mit einem müden Lächeln daraufhin von dem Stepper zu kommen.

Mittlerweile wusste ich wieso mein Bruder und das schwarzhaarige Mädchen nicht mehr so oft zusammen zu sehen waren, sie hatten eine Auseinandersetzung gehabt und sich bis jetzt noch nicht vertragen. Aus Erfahrung wusste ich wie sie sich fühle, wie verlassen und leer es für einen selbst war und mit dem Gewissen, nichts nettes zum Abschied gesagt zu haben.

Das Ding unter meinem Brustkorb welches nur noch pochte weil es musste zog sich stechend zusammen und kurz kniff ich die Augenlider zusammen da mich wie so oft die Übelkeit überrollte.

Innerhalb weniger Sekunden kniete ich auf dem Boden und hielt mir die Magengegend. Ein wimmernder Laut entwich mir als mir wie so oft in den vergangenen Wochen die Tränen in die Augen schossen.

Ich war der Grund wieso der Mensch der es am wenigsten verdiente im Krankenhaus lag. Ich war die jene, die Schuld daran wäre wenn er nicht überleben würde.

Mit jedem Tag der verging, der keine Anzeichen für Verbesserungen brachte, brach etwas in mir. Sorgte dafür, dass die Realität immer ein wenig mehr in den Hintergrund rückte und meine kleine kranke Welt in den Vordergrund.

Nachdem ich den Krampf überwunden hatte, rappelte ich mich wieder auf, wischte mir über die salzigen Wangen und schritt mit gesengtem Kopf aus dem Raum. Dass mir Gwendolyn und wer weiß noch wer hinterher sah war mir egal.

Mit frischen Sachen am Körper, nassen Haaren und einem tauben Gefühl im Magen stand ich im Türrahmen der Küche und sah dabei zu wie sie alle dort saßen, alle mit dem gleichen müden Gesicht.

Tiefe Schatten zierten ihre blasse, kränkliche Haut und das Leuchten welches jeder ihrer Augenpaare hatte war erloschen und zu einem matten, tristen Ton übergegangen.

Es ist meine Schuld!, dachte ich mir und spürte wie sich meine Kehle brennend zusammen zog und mir so das Atmen erschwerte. Phil blickte auf, ebenfalls erschöpft von den letzten Wochen, und erhob sich von seinem Platz um auf die Küchentheke zu zugehen.

„Du musst essen, danach werden wir einen Ausflug machen.", erklärte er in einen sanften Ton und lächelte mich ehrlich an. Stumm setzte ich mich an den Tisch, spürte die Blicke meiner Freunde auf mir, ignorierte und mied sie aber. Zu groß wäre der Schmerz der sich in mir breit machen würde wenn ich in ihre traurigen Augen sehen müsste.

Mein Blick wanderte unbewusst an die Stelle wo ich mich vor einiger Zeit noch mit meinem größeren Bruder gestritten hatte und wieder stiegen mir Tränen auf. Nie war ich eine Heulsuse gewesen, hatte immer alles so hingenommen wie es war, nur dieses Mal wollte ich es nicht, dieses Mal wollte ich Kämpfen, mir nicht nehmen lassen was für mich lebensnotwendig war.

Mit krach fiel der Stuhl auf dem ich saß zu Boden, meine Beine zitterten leicht genauso wie der Rest meines Körpers als ich mit verkrampfter Haltung zu Phil sah. Anders als die anderen sah er mich aus ruhigen, gelassenen Augen an, wissend was in mir vorging.

„ICH BRAUCHE IHN!", schrie ich mit kreischender Stimme und merkte wie meine Wangen erneut feucht wurden. Wann war ich zu solch einem Wrack geworden?

„Ich weiß.", langsam, darauf bedacht mich nicht zu verschrecken, trat mein Freund und Psychiater an mich heran, blieb einen Meter von mir entfernt stehen und breitete seine Arme ein wenig aus.

„Ich brauche ihn doch!", schluchzte ich und fiel ihm um den Hals, ließ hinaus was ich in all den Wochen versucht hatte zu verdrängen und kam nicht drum rum schreie von mir zu geben. Schreie in denen ich nach Damon rief.


Believe in yourselfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt