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„Wir werden nächstes Wochenende nach Monaco fliegen. Die Firma unserer Eltern gibt eine große Abschiedsfeier mit allen Freunden und Bekannten, unteranderem werden auch Verwandte unsererseits da sein. Bevor du irgendwas sagen kannst, du wirst mitkommen! Mir ist es egal was sie dir deiner Meinung nach angetan haben, auch sie haben einen Abschied gegenüber uns allen verdient. Außerdem soll die Feier auf unserem Namen stattfinden.", der Junge der mich Jahre lang beschützt hatte fiel mir eiskalt in den Rücken und allein sein Blick sprach Bände.

Der Stuhl auf dem ich bis gerade noch saß flog auf den Boden als ich aufsprang und ihn mit einer Stimme die in keiner Weise meiner glich anschrie: „Was? Du kannst mich nicht zwingen!"

Meine Hände fingen an zu zittern weshalb ich sie krampfhaft zu Fäusten ballte. Diese Menschen die er Eltern nannte hatten mich nie als Tochter angesehen und dennoch soll ich mich ihnen fügen, ihnen die letzte Ehre erweisen?

„Ich werde nicht mit dir diskutieren, deine Mitleidsnummer zieht nicht mehr.", sprach mein Bruder, welchen ich als diesen nicht mehr erkannte, ruhig und entsetzt blickte ich ihn an.

Verraten vom eigenen Bruder!, dachte ich mir innerlich und holte ohne es zu merken mit meiner Hand aus um ihm eine schallende Ohrfeige zu geben.

Erschrocken von meiner eigenen Geste hielt ich mir die Hand vor den Mund und taumelte einige Schritte zurück. Das Gesicht welches bis eben noch ruhig und ernst gewirkt hatte sah nun einzig und alleine wütend aus.

„Was sollte das!", rief er und warf demonstrativ seine Arme in die Luft. Humorlos lachte ich auf.

„Was das sollte? Das sollte ich dich besser fragen. Was glaubst du wer du bist, mein Vater? Oh entschuldige, sollte ich besser Erzeuger sagen? Sei nicht ständig so blind, Damon! Unsere sogenannten Eltern haben mich gehasst und dich geliebt, sie haben mich nie akzeptiert und nur behalten weil du ein zweimal mit den Wimpern geklimpert hast!", kreischte ich vollkommen aus der Haut gefahren und funkelte meinen Bruder so verbittert an wie nie zuvor.

Sie hatten es selbst geschrieben.

Fassungslosigkeit blitzte in den grünen Augen meines damaligen Helden auf und kopfschüttelnd machte er einen Schritt zurück: „Du bist so ein Miststück, Amanda! Hast du jemals daran gedacht, dass du dir diesen Hass nur ausdenkst weil du nicht damit klar kommst, dass sie mehr Zeit mit mir verbracht haben? Sie konnten nichts dafür, dass du dein halbes Leben im Krankenhaus verbracht hast!"

Das Atmen fiel mir zunehmend schwer und die Abscheu gegenüber meinem Bruder wuchs. Auch wenn er nichts von dem Brief unserer Eltern wusste, so hatte er nicht das Recht sie in Schutz zu nehmen, erst Recht nicht nach all dem was sie mir angetan hatten.

„Nur weil du ein verdammtes Muttersöhnchen bist? Es ist Zeit erwachsen zu werden, Bruderherz! Du musstest nur seine Unterlippe ein klein wenig vor schieben und schon hast du deinen Willen bekommen, schon mal daran gedacht, dass das Leben kein Wunschkonzert ist? Wovon träumst du eigentlich nachts, rosa Einhörnern und grünen Nilpferden?", die Worte sprudelten nur so aus mir heraus, das Adrenalin pochte durch meine unzähligen Blutgefäße und meine Zähne schmerzten von der Kraft die ich Aufwand um sie aufeinander zu pressen.

„Ich kann nicht fassen, dass ich dich als meine Schwester bezeichnet habe!", die letzte Farbe die in meinem Gesicht stand wich davon und aus großen Augen sah ich zu ihm hinauf. In all den Jahren hatten wir uns kaum gestritten, und nun schrien wir uns an und schlugen uns fast die Köpfe ein?

Ehe ich noch etwas hätte erwidern können stürmte er an mir vorbei, stieß mich so stark an der Schulter, dass ich umfiel und gegen die Kante der Küchentheke stieß.

Den Schmerz ignorierend rappelte ich mich wieder auf, lief ihm hinterher und erkannte noch seine Silhouette am Straßenrand. Meine Füße trugen mich wie von selbst und auf mitten der Straße packte ich ihm am Ellenbogen, sodass er gezwungen war mich wieder anzusehen.

„Renn nicht weg, verdammt!", der Ton meiner Stimme bebte und meine Brust hob und senkte sich ungleichmäßig.

„Weg rennen? Halt doch endlich deine verschissene Fresse! Nur weil du nicht damit klar kommst, dass du null Erfahrungen hast, heißt es nicht, dass du mir alles immer kaputt machen musst!", entgegnete er schroff und mit gehobener Stimmlage.

„Für jemanden der Nichts weiß, weiß ich mehr als du! Aber nun gut, du willst das ich aufhöre dir alles zu zerstören? Bitte! Ich werde verschwinden, nie wieder kommen und dich in Ruhe lassen!", schwarze Flecke traten in mein Blickfeld, genauso wie dieses verschwamm.

Gerade als der brünette Kerl mir gegenüber eine schlagfertige Erwiderung bringen wollte hupte etwas und riss uns zurück in die Realität. Die Realität wo wir in mitten der Straßen standen und uns anschrien wegen Menschen die es nicht verdient hatten.

Nicht schnell genug reagierend blendete uns das grelle Licht eines Autos, ließ uns hart aufkommen und anschließend zurück fallen.

Schmerz, sowohl körperlich als auch seelisch umgab mich als sich meine Augenlider flatternd schlossen und ich in ein Meer aus schwärze fiel.


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