Kapitel 61

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>>Okay, ich brauche unbedingt Insiderwissen darüber<<, ruft Cassie aus, als sie wie ein geölter Blitz in mein Zimmer stürmt und dabei klingt als ob sie zuvor Helium eingeatmet hätte. Geklopft hat sie natürlich nicht, aber das ist nicht unbedingt etwas Neues, da sie eine Vorliebe dafür hat einfach plötzlich irgendwo aufzutauchen und ohne eine Art Einleitung direkt auf den Punkt zu kommen. Mit einer bösen Vorahnung sehe ich von meinem Buch auf, das natürlich genau jetzt einen seiner Höhepunkte erreicht. Doch ich bin natürlich nicht so naiv zu glauben, dieses Kapitel noch fertig lesen zu können. Denn wenn Cassie etwas wissen möchte, dann gibt es kein Entrinnen für dich und glaubt mir, ich würde gerade nichts lieber tun, als dieses Gespräch zu unterbrechen, bevor es überhaupt erst begonnen hat.

>>Dann hast du es also auch gesehen!<<, schaltet sich nun Miri ein, die mal wieder in meinem Zimmer herumwerkelt und irgendein Putzutensil schwingt, obwohl mein Raum unter ihrer Herrschaft nicht mal die Chance bekommt, in irgendeiner Weise schmutzig oder unordentlich zu werden. Doch für meine Zofe scheint ihre Arbeit eine beinahe schon meditative Wirkung zu haben, denn sie lässt sich durch nichts und niemanden davon abbringen und liebt es dabei verträumt vor sich hin zu summen.

>>Ich wollte sie schon die ganze Zeit darauf ansprechen, aber sie hat heute schon den ganzen Tag diesen Sprich-mich-ja-nicht-an-Ausdruck im Gesicht, weshalb ich die Neuigkeit erstmal für mich behalten habe<<, setzt sie hinzu und mir fällt auf, dass ich unter normalen Umständen jetzt eigentlich mit einem ,,Worum geht es hier überhaupt?" rausgeplatzt wäre und mich darüber ärgern würde, dass sie mich im Dunkeln tappen lassen. Doch da ich in Cassies zierlichen Händen bereits eine Ausgabe der ,,Stars and Royal News" ausmachen kann, bin ich mir schon relativ sicher in welche Richtung diese Unterhaltung einschlagen wird.

Übrigens, bin ich bis heute noch nicht über die gebündelte Kraft an Fantasielosigkeit hinweggekommen, die in diesem Namen steckt und würde ich diese Zeitschrift nicht am liebsten abschaffen wollen, hätte ich mir sicher irgendwann die Zeit genommen, um ihnen eine Liste mit kreativeren Titeln zuzusenden. Leider habe ich in diesem Moment andere Probleme. Und bevor eure Meinung von diesem Klatschblatt verschmutzt wird, werde ich euch erstmal schildern, warum ich in Bezug auf dieses Gespräch bereits eine böse Ahnung habe.

Erinnert ihr euch noch an dieses mysteriöse, weißliche Licht, das mich so urplötzlich geblendet hat, als ich gerade mittendrin war mich wieder mit Daimon zu streiten? Ja, es stellt sich heraus, dass Blitzlichter bei Kameras auch noch in der heutigen Zeit verwendet werden und dass das örtliche Kamerateam, genauso eine ihr Eigen nennen kann.

Na ja, und dann stelle ich mir die Szene etwa so vor: Neben ein paar Wachen, die sich auf die Suche nach uns begeben haben, ist auch das Kamerateam losgezogen um unserem mysteriösem Verschwinden nachzugehen. Und da, ein geübter Kameramann, der ein Gespür für gute Fotos hat, hielt die Kamera bereits Griff bereit, um gleich beim Öffnen der Tür ein Bild, von dem zu schießen, was dahinter lauert. Hier lässt sich außerdem die Vermutung einfügen, dass das Team uns aufgrund unseres Gestreite gehört hat, aber natürlich traue ich diesen Leuten auch zu, jeden Raum vorsichtshalber mit erhobener Kamera zu betreten.

Tja, und jetzt stellt sich nur noch die Frage, was der Mann in schwarz genau abgelichtet hat. Daimon und ich direkt nebeneinander mit meinem verwirrten Selbst, das in die Kamera blinzelt? Oder hatte er sogar noch mehr Glück und drückte den Auslöser noch bevor ich mein Gesicht zum Licht drehte? Damit hätte er dann nämlich ein Bild von dem Moment, als Daimons und mein Gesicht nur wenige Zentimeter voreinander schwebten. Was für alle anderen natürlich zu dem Schluss führen würde, dass wir drauf und dran waren uns zu küssen, was selbstverständlich nicht wirklich der Fall war. Wir haben uns einfach nur gegenseitig provoziert und wollten den anderen nicht gewinnen lassen, doch sollte das Foto wirklich existieren, wird uns das höchstwahrscheinlich niemand glauben.

The chosen princessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt