Kapitel 24

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Fassungslos blicke ich in das glattrasierte Gesicht des Königs und bin für einen Augenblick einfach nur sprachlos. Wie konnte ich meinen Drink bei den vielen Leuten im Ballsaal denn ausgerechnet über den mächtigsten Mann des Landes schütten? Am liebsten hätte ich mein Gesicht in den Händen vergraben, doch ich widerstehe dem Drang. Ich habe mir dieses Problem selbst eingebrockt, also bringe ich das jetzt wieder in Ordnung, entscheide ich mich, bevor ich meine Stimme wieder finde.

>>Entschuldigt, Eure Hoheit<<, stoße ich kraftvoll hervor. Irgendwie vergleiche ich Menschen mit Macht, immer mit Raubtieren und dabei gibt es zwei Möglichkeiten, entweder man kriecht vor dem Angesicht des Mächtigeren oder man zeigt, dass man keine Angst hat. Dass ich die zweite Option gewählt habe, lässt mich wohl entweder als lebensmüde oder als respektlos dastehen, doch genau genommen bin ich keines von beiden.

Vielmehr will ich zeigen, dass ich keine Speichelleckerin bin, die sich bei jedem Fehler beugt und jemandem den Dreck von den Schuhen küsst. Nein, meinen Respekt muss man sich verdienen. Einen Titel und eine Krone macht einen Menschen noch lange nicht zu etwas Besseren, besonders wenn diese Person das Gesetz unterstützt, das den unteren Schichten ein Teil ihrer Freiheit nimmt. Wenn ich darüber nachdenke, bin ich vielleicht doch lebensmüde, denn der zornesbewanderte Gesichtsausdruck des Königs macht deutlich, dass ich heute noch mein Leben lassen werde, wenn mir nicht irgendwer in den nächsten Sekunden Unterwerfung einhaucht.

>>Wie ist dein Name?<<, fragt der Mann und sein kühler Tonfall lässt mir einen Schauer über den Rücken rieseln. Trotz meiner harten Schale ist mir die Wirkung des Königs nicht entgangen. Er ist groß und im Besitz der Gabe eine Haltung einzunehmen, die seinem Gegenüber sofort Erhabenheit demonstriert. Außerdem scheint er Macht zum Frühstück zu verspeisen, denn sie sickert im aus sämtlichen Poren. Und falls man diese Warnzeichen durch Blindheit oder naiver Dummheit nicht wahrnehmen sollte, bleibt immer noch seine Stimme. Ruhig und imposant, wie das Auftreten eines Löwens, das jede Person sofort dazu veranlasst ihm Rede und Antwort zu stehen.

>> Fait Montgomery<<, antworte ich, während ich Macens Vater ungerührt ins Gesicht sehe, um ihm zu zeigen, dass ich mich nicht so leicht einschüchtern lasse. Es gibt einfach Personen, die einem von Grund auf unsympathisch sind und der König gehört zu diesen Menschen. Wie sein Sohn Daimon scheint ihm eine saftige Prise Arroganz in den Knochen zu liegen, was ihm bei mir sofort ein paar Minuspunkte einhandelt. Außerdem scheint er der Typ Mensch zu sein, dem die Meinung anderer einen Dreck kümmert, wenn sie nicht mit seiner Eigenen übereinstimmt. Natürlich könnte man jetzt sagen, dass ich vorschnell urteile und meine Meinung, von dem Schicksal meiner Freunde und Bekannten, beeinträchtigt ist. Und vielleicht haben diese kritischen Stimmen Recht und ich bin voreingenommen, doch trotzdem gibt es da diesen Glanz in den dunklen, fast schwarzen Augen des Königs, der mir sagt, dass er seine Macht jederzeit mit allen Mitteln verteidigen würde.

>>Na schön, Fait Montgomery und was gibt dir das Recht meine Kleidung zu ruinieren und trotzdem noch so gerade und mit einem beleidigenden Maß an Unverfrorenheit vor mir zu stehen? Ich glaube dir ist nicht bewusst...<<

>>Lass sie, Vater. Es war doch nicht ihre Absicht. Sie ist noch nicht lange hier im Schloss und von...<<, unterbricht Macen seinen Vater, um mir aus der Patsche zu helfen, doch auch er hat nicht das Glück fertig zu sprechen, da er von der Stimme meiner Mutter übertönt wird, die gerade mit klackernden Absätzen auf unser Dreiergespann zu stolziert.

>>Eure Hoheit, die Respektlosigkeit meiner Tochter tut mir wirklich über alle Maßen leid. Sie ist es nicht gewohnt mit so beeindruckenden Größen wie Ihnen zu verkehren. Bitte lassen Sie mich Ihnen vorstellen, ich bin Linda Montgomery und die Mutter dieses Wildfangs. Lassen sie mich noch einmal beteuern wie...<<

The chosen princessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt