Epilog

3.6K 162 590
                                    

Neun Monate später...

Ab da begann der Wandel und Heavensent bekam die Gerechtigkeit, die es verdiente. Der erste Rat wurde durch die Vorentscheidung der Organisation schnell gebildet und so zogen viele verschiedene Parteien des Landes an einem Strang – Na ja, meistens jedenfalls. Zornige Diskussionen und knallende Hände auf Mahagoniholz gibt es wohl bei Meetings jeglicher Art und da bilden royale Arrangements keine Ausnahme. Doch trotzdem formten wir Heavensent nach und nach, um eine Demokratie und eine Gesellschaft vollkommen ohne Schichtsystem zu ermöglichen. Es wurden Fortbildungsmöglichkeiten für den Anteil des Volkes geschaffen, der sich auf einen anderen Beruf spezialisieren möchte und eine erste Verfassung des Landes formuliert. Alles läuft also ganz herrlich und auch ich werde bald in ein Leben mit mehreren Kindern, einem Landhaus und einem süßen Zebra starten. Ach, und habe ich es schon erwähnt? Meine Heirat steht kurz bevor und dann steht unserem glückseligen ,,Und wir lebten glücklich bis an unser Lebensende" nichts mehr im Weg!

>>Und was sagst du?<<, fragt mich Cassie breit grinsend und sieht dabei aus, als ob sie mich gleich wie ein schwanzwedelnder Pudel anspringen möchte, um mir freudig übers Gesicht zu lecken. >>Ähhmm...<<, erwidere ich wenig geistreich, damit ich mir noch ein wenig Zeit für eine möglichst schonende Antwort erhaschen kann. Dabei richte ich meinen Blick wieder auf den Ausschnitt, aus dem irgendwann vielleicht mal Cassies nächster Roman werden soll. Oder sollte ich besser ,,Seltsame Belletristik-Autobiographie-Fusion alla Häschen auf Crack, die aus unverständlichen Gründen ausgerechnet von mir handeln soll" sagen? Ja, das trifft es wohl ein wenig besser, auch wenn da so ein undankbarer Unterton mitschwingt, der irgendwie so gar nicht zu meiner halb entsetzten, halb freudigen Erstreaktion passt. Es passiert schließlich nicht alle Tage, dass dich deine Lieblingsautorin zu der Protagonistin ihres neusten Romans ernennt.

>>Na ja... Den Anfang finde ich wirklich gut, an manchen Stellen vielleicht etwas beschönigend, aber das wird durch die Prise Realismus, die du mit dem einen Satz eingestreut hast, wieder aufgewogen. Was mich direkt zu dem Ende des Entwurfs bringt. Ich fürchte, ich habe einige Fragen zu meinem angeblichen Leben. Erstens, Hochzeit? Welche Hochzeit? Habe ich etwa meine eigene Verlobung verschlafen oder leide ich gerade an einem kurzzeitigen Anflug von Amnesie? Und dann diese Sache mit den Kindern... Ich bin zwanzig, Cassie. Und ehrlich gesagt habe ich nicht vor in nächster Zeit mit einer riesigen Kugel vor dem Bauch herumzulaufen, vor allem so lange ich den Sitz im Rat innehalte und die Verantwortung für das Militär trage. Außerdem bin ich gerade dabei ein paar neue Soldaten zusammen mit Dean einzuarbeiten, da ist so etwas verdammt unpraktisch. Und drittens, was soll das mit dem Zebra?! Die sind doch gar nicht für das Klima hier geschaffen! Zudem gibt es hier einen ganzen Stall voller Pferde. Wozu zur Hölle braucht man dann so ein komisches Streifentier?<<

Schonend? Das ist deine Definition von ,,schonend"?, mischt sich meine innere Stimme zu Recht ein. Aber es ist irgendwie furchtbar schwer die Unklarheiten im Text für eine Lobeshymne beiseite zu schieben, weshalb ich den Kampf schlussendlich verloren habe und nun mit einem schlechten Gewissen leben muss. >>Aber ich muss schon sagen. Die Sätze sind wirklich alle sehr wohlklingend und schön formuliert<<, schiebe ich noch hinterher und obwohl es keine Lüge ist, spare ich dabei ein großes Stück der Wahrheit aus. Denn ehrlich gesagt, ist Cassies Fähigkeit alles in ein rosarotes Licht zu tauchen beinahe beängstigend.

Na gut, ich möchte nicht leugnen, dass es für den Neustart eines Landes wahrscheinlich gar nicht so schlecht lief, aber das bedeutet nicht, dass dort nicht mehrere tausend Holpersteine auf unserem Weg lagen. >>Was hast du bloß gegen die armen Zebras? Die sind doch total süß! Außerdem wird es noch eine Weile dauern bis ich das Buch fertig habe, weshalb du bis dorthin vielleicht doch schon einen Braten in der Röhre hattest und in ein Brautkleid schlüpfen durftest<< Ohne im entferntesten gekränkt zu wirken grinst Cassie mir entgegen, während ich so langsam wirklich an der geistigen Gesundheit meiner Freundin zweifeln muss. Zu Anfang hatte ich ja noch die Hoffnung meine Fragen würden sie auf den Boden der Tatsachen zurückholen, in der ich zwar glücklich mit Daimon zusammen bin, deshalb aber trotzdem nicht auf dem Rücken eines Einhorns in den Sonnenaufgang reite, während Leute uns mit Rosenblüten bewerfen und einen Schmusesong spielen. Aber das ist wohl eine verlorene Hoffnung, denn sie scheint immer noch davon überzeugt zu sein, dass wir uns im Happyharem der herrschenden Klischeegötter befinden.

The chosen princessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt