Kapitel 30

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Unruhig tigere ich in meinem Zimmer auf und ab, während meine Gedanken weiterhin um den Maulwurf kreisen. Nach Deans Aussage könnte es praktisch jeder sein, der ein wenig Gespür für das Spionieren hat. Die Schichtpläne hängen im Besprechungssaal der hiesigen Wachmänner und sind damit für jeden im Schloss einfach zugänglich, während das Klopfzeichen schon ein wenig schwieriger ausfindig zu machen ist.

Seiner Meinung nach muss das trotzdem nicht heißen, dass einer seiner Kollegen für die feindliche Seite arbeitet. Nur weil es für sie am einfachsten wäre an Informationen zu kommen, muss das nicht heißen, dass es für andere unmöglich ist, hatte er in diesem unfassbar weisen Tonfall gesagt, der mich sofort an meinen Kampflehrer Dan erinnerte.

Wahrscheinlich einer der Gründe, warum ich Dean in diesem Punkt Recht geben muss. Es wäre genauso gut möglich, dass jemand während einer der wöchentlichen Besprechungen, das Einüben des Geheimzeichens gehört hat oder als es eine Wache, der anderen zeigte. Die Möglichkeiten sind quasi unendlich und grenzen die Verdächtigenliste genauso wenig ein, wie unsere Nachforschungen.

Da wären wir auch gleich beim nächsten Problem, außer unserem provisorischen Fait-und-Dean-gegen-den-Maulwurf-Duo, ist niemand Weiteres an dem Fall dran. Dafür scheint es unserem Königreich einfach an Soldaten zu fehlen. Die Koslower rücken an der Grenze immer weiter vor und durch das Prinzessinnencasting, sowie dem Angriff auf das Schloss, sind alle Männer voll eingespannt. Ich bin mir ansonsten ziemlich sicher, dass mich Dean nie um Hilfe gebeten hätte, doch er musste erkennen, dass das seine einzige Möglichkeit ist, wenn er keine Überstunden machen möchte.

Leider hatten wir bei unseren Nachforschungen bisher kein großes Glück.

Nicht dass unser bisheriger Plan, besonders aussichtsreich war, aber eine winzig kleine Spur hatte ich mir schon erhofft. Da es keine Kameras im Gebäude gibt, dessen Filmmaterial wir uns hätten ansehen können, haben wir uns entschieden, uns die Akten aller Angestellten aus dem Büro der Person auszuleihen, dessen Job es ist, Bedienstete auszusuchen und einzustellen. Keine Ahnung, welche Berufsbezeichnung dafür heutzutage korrekt ist. Sicher ist jedenfalls, dass ich es nicht nachschlagen werde. Das Einzige, was mich in diesem Zusammenhang interessiert ist, dass die Person mit der seltsamen Berufsbezeichnung den ganzen Nachmittag durch Abwesenheit geglänzt hat, so dass es für Dean und mich ein Leichtes war, die Akten in die Bibliothek zu schleppen.

Penibel arbeiteten wir jedes Dokument durch und nahmen auf der Suche nach einer Verbindung zu Koslow nicht nur den Geburtsort unter die Lupe, sondern auch die früheren Arbeitsstellen. Doch wie erwartet scheint es einer der Hauptauswahlkriterien zu sein , das feindliche Land nicht mal im Traum betreten zu haben, denn keiner der vielen Arbeiter fiel uns in diesem Zusammenhang ins Auge. Wir konnten nicht einmal einen Hinweis auf ein gefälschtes Dokument erkennen, was bedeutet, dass Dean und ich wieder bei null stehen und keine Ahnung haben, wie wir weiter vorgehen sollen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte und so langsam glaube ich, dass wir unsere Ermittlungen bis auf weiteres einstellen müssen. Natürlich werden wir unsere Augen und Ohren offen halten, aber ansonsten können wir leider nichts tun.

Vier Stunden Arbeit und zahlreiche Kaffeetassen umsonst, denke ich, muss mir aber kurz danach eingestehen, dass mich die Hinweissuche wenigstens von meinen eigenen Problemen abgelenkt hat, die immer wieder versuchen, an die Oberfläche zu kriechen. So langsam spüre ich wie die unumstößliche Taubheit in meinem Inneren bröckelt und ich bin mir nicht sicher, ob ich die Schuldgefühle bereits schultern kann. Schnell wische ich den Gedanken beiseite und versuche mich stattdessen auf eine schöne Erinnerung zu konzentrieren.

Sofort kommt mir die Begegnung mit Miri in den Sinn, die sich mir wie ein weißblonder Tornado an den Hals geworfen hat, um mich später mit der Geduld eines Erbsenzählers auf Verletzungen zu untersuchen. Lächelnd verdrehe ich die Augen, doch das Bild wird sofort von dem zurückgebliebenem Schlachtfeld und den Aufräumarbeiten abgelöst, die ich heute, für kurze Zeit beobachtet habe.

The chosen princessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt