Kapitel 45

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>>Nenn' mich nicht so<<, stöhne ich genervt auf, als ich realisiere, wer da eigentlich vor der Tür steht. Cameron?, frage ich überrascht, da ich eigentlich Daimon, in all seiner Kotzbrockigkeit erwartet hätte. Nicht, dass ich mich beschweren würde. Jeder Tag an dem ich seine Visage und sein arrogantes Grinsen nicht ertragen muss, ist automatisch ein Besserer. Besonders jetzt, da ich gestern wieder mit ihm aneinandergeraten bin und ich es mir heute zum Lebensziel gemacht habe, nicht darüber nachzudenken.

>>Ist das etwa nur deinem Lover erlaubt, oder was?<<, fragt mich Cameron breit grinsend, was mich fast dazu veranlasst hätte ihm die Tür wieder vor seiner Nase zuzuschlagen. Aber auch nur fast, denn obwohl ich fröhliche Menschen am Morgen nicht ausstehen kann, siegt doch meine Neugierde über sein plötzliches Auftauchen. Immerhin passiert es nicht alle Tage, dass ein spanischer Prinz, mit dem du nur einen Tanz lang Worte ausgetauscht hast, an deine Zimmertür klopft.

>>Er ist nicht mein Lover<<, knurre ich, da ich natürlich ganz genau weiß, wer gemeint ist. Auf meinen Blick des Todes, bei dem eine kleine Fliege sicher vor Schreck davongeflogen wäre, lacht der Prinz natürlich nur amüsiert und lehnt sich verschwörerisch ein wenig nach vorne. >>Das sah gestern aber noch ganz anders aus<<, wiederspricht er mit einer Stimme, die sich nur als Ulala-ich-rieche-Liebe-in-der-Luft- Ton beschreiben lässt.

Oh man, das ist mir für meinen Halbwachzustand, der erst seit zwanzig Minuten mit Miris Weckaktion begann, einfach zu viel dummes Faimon-Gerede. Merken die Leute um mich herum nicht, dass das Thema bei mir, neben einigen wenigen Begriffen, auf der Tabuliste steht? Man sollte meinen meine böse hochgezogenen Augenbrauen und meine kratzbürstigen Kommentare sollten hierfür genug Warnzeichen liefern, aber anscheinend haben die Menschen in meinem Umkreis, in ihrer Empathie so einige Betriebsfehler.

>>Was willst du Cameron?<<, frage ich und gehe dabei bewusst nicht auf seinen vorherigen Kommentar ein. Unter normalen Umständen hätte ich wahrscheinlich eine Diskussion vom Zaun gebrochen. Aber habt ihr schon mal versucht ein Ereignis zu vergessen, während ständig darüber geredet wird? Ich erspare euch jetzt mal kurz das Nachdenken und komme sofort zu dem Punkt, auf den ich eigentlich hinaus will: Das ist verdammt schwer!

>>Ja, das wüsste ich auch gerne<<, mischt sich nun auch noch Miri ein, die vor kurzem hinter mich getreten ist und über meine Schulter lugt. >>Fait und ich hatten nämlich einiges zu besprechen und wir fänden es wirklich schade das zu verschieben<< Ein empörtes Schnauben dringt durch meine Nase an die Ohren der Anwesenden. Von wegen wir! Vielleicht möchte sie ihre Tratschstunde nicht verschieben, ich hingegen wäre ganz froh, sie ganz ausfallen zu lassen.

>>Darf ich sie vielleicht trotzdem kurz entbehren? Es geht um eine wirklich wichtige Angelegenheit<< Wie schnell Cameron von neckend-lustig zu ernst und bittend umgeschaltet hat, ist ja schon ein Ereignis, aber das schier Unmögliche zu betrachten, ist noch mal eine ganz andere Stufe. Irgendwie schafft es der Prinz nämlich Miri mit nur einem Blick davon zu überzeugen, mich gehen zu lassen – eine Tatsache, für die ich ihm wirklich dankbar bin. Egal, was er von mir will, es wird sicherlich angenehmer werden, als ein langes Gespräch mit einer klatschzeitschriftenlesenden Faimon-Shipperin zu führen.

Nachdem der Prinz also seinen Super-Hündchen-Spezial-Blick, mit dem er sogar sture Zofen zu formbaren Wachs werden lässt, wieder eingepackt hat, führt er mich schweigend nach draußen in den Schlossgarten. Natürlich sind uns auch ein paar Bodyguards auf den Fersen, doch diese halten genügend Abstand, um ein privates Gespräch zu gewährleisten. Während ich also schweigend Cameron hinterhertrotte, schleichen sich mal wieder ungewollte Gedanken in meinen Kopf, die ich sofort mit etwas anderem zu übertönen versuche. In diesem Fall fällt die Wahl ganz klar auf die Warum?-Frage rund um das Auftauchen des Spaniers. Obwohl viel zu überlegen gibt es da nicht, ich bin mir nämlich relativ sicher, dass diese wichtige Angelegenheit einen Namen trägt und dieser fängt mit M an und endet mit ,,–acen".

The chosen princessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt