Kapitel 54

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Die Luft riecht nach Rauch und ich bemerke wie Daimon neben mir versucht ein Husten zu unterdrücken. Wiedermal ärgere ich mich darüber, dass ich ihn überhaupt mitgenommen habe und nicht einfach in den Schrank gedrückt habe. Doch er hat Recht, ich habe keine Ahnung wo sich der Kontrollraum befindet. Oder nein, lasst mich diesen Zeitfehler korrigieren: Ich hatte keine Ahnung. Jetzt befinden wir uns – nach Daimons Aussage – nämlich nur ein paar Meter davon entfernt und pressen unseren Rücken gegen eine kalte Marmorwand.

Während ich mich also für meine selbstsüchtige Entscheidung verfluche, versucht der Prinz so flach wie möglich zu atmen, um das qualvolle Verenden an einer Rauchvergiftung, so lange wie möglich hinauszuzögern. Ich kenne mich im Schloss zwar nicht besonders gut aus, doch mein Orientierungssinn ist gut genug, um zu erkennen, dass wir uns noch nicht weit nach Osten gekämpft haben. Das Feuer muss sich also rasant ausgebreitet haben und einen großen Teil des Schlosses bereits mit seinen Flammen verschluckt haben.

Wiedermal brennt mir das imaginäre Ticken einer Uhr fast Löcher in den Hörsinn und ich schlucke die Zweifel an meinem Plan schnell herunter. Es muss einfach funktionieren. In diesem Moment linse ich endlich um die Ecke, damit ich nicht nur die Tür des Kontrollraums sondern gegebenenfalls auch eine mögliche Falle ausmachen kann. Man weiß schließlich nie, wie skrupellos die Koslower beim Erschaffen ihrer Pläne sind.

Doch eine Bärenfalle oder irgendwelche hochexplosiven Tretminen kann ich nirgendwo erkennen, dafür erblicken meine Augen aber einen stattlichen Mann in schwarzer Uniform, der in seiner Hand eine geladene Armbrust hält. Verdammt, denke ich und zucke sofort in den Schutz der Wand zurück, bevor der Koslower in meine Richtung sehen kann. Schnell rufe ich das Bild des Soldaten nochmals auf, um eventuelle Kleinigkeiten zu registrieren, die mein Hirn in der kurzen Beobachtungszeit nicht aktiv realisiert hat.

So fällt mir zum Beispiel erst jetzt auf, dass sein Gesicht mit einer Atemschutzmaske bedeckt ist, die nicht nur einen Großteil seines Gesichts verbirgt, sondern selbstverständlich auch dafür sorgt, dass die Rauchpartikel sich nicht in seine Lunge schleichen können. Doch was mir um einiges mehr Sorgen macht ist die Armbrust in seinen Händen. Einen menschlichen Wachhund mit einer durchschnittlichen Stich- oder Hiebwaffe hätte ich relativ einfach besiegen können. So etwas hätte keinen genauen Plan, sondern einfach nur ein erneutes Aufbegehren meiner Kampffähigkeiten bedeutet, doch mit einer Schusswaffe sieht dieses Spiel ganz anders aus.

>>Und was ist jetzt, Fait? Was hast du gesehen?<<, flüstert mir Daimon griesgrämig zu, während er den Stoff seines T-Shirt wieder fallen lässt, den er sich eben noch an den Mund gedrückt hat. Kurz muss ich daran denken, dass ich vielleicht auch ein paar Nebenwirkungen des Rauchs vorspielen sollte, doch ich lasse diesen Gedanken sofort wieder fallen. Ich habe weitaus größere Probleme, als meine fehlende Fähigkeit, an Lungenversagen zu sterben. Mein Gehirn läuft schon auf Hochtouren um einen Plan auszutüfteln, als mir einfällt, dass ich dem Prinzen noch immer nicht geantwortet habe.

>>Ein Koslower. Armbrust. Plan erforderlich<<, fasse ich mich so kurz wie möglich, was gleich zwei Auslöser hat. Zum einen will ich keine Zeit mit langen Ausführungen verschwenden und zum anderen ist die Chance, dass der feindliche Soldat selbst diese wenigen Worte gehört hat, nicht unbedingt gering. Immerhin ist der Kontrollraum nur einige Meter entfernt und auch sonst gibt es nichts, was unsere kleine private Unterhaltung überschallen könnte. Die Kampfgeräusche sind schon lange verklungen und auch die Alarmanlage hat sich mittlerweile wieder von allein abgestellt, was bedeutet, dass wir einer ewigen Stille aus leisen Atemgeräuschen ausgesetzt sind.

Mein Gehirn rattert weiter. Doch keiner meiner Ideen, erscheint gut genug zu sein, da sie Daimon entweder mein Geheimnis offen legen oder ein zu großes Risiko bergen. Leider habe ich keine Wurfmesser bei mir und zudem trage ich auch keine Stiefel, aus denen ich mal eben ein paar hübsche Exemplare zaubern könnte, die sich durch einen seltsamen durchsichtigen Schimmer auszeichnen. Nein, es würde dem Prinzen definitiv auffallen, wenn ich plötzlich ein Wurfmesser hervorholen würde, oder? Aus dem Augenwinkel werfe ich ihm einen prüfenden Blick zu, der mir natürlich rein gar nichts darüber verrät, ob ihm aufgefallen ist, dass ich nirgendwo ein Messer bei mir trage, sondern lediglich meinen Säbel bei mir habe, der als Wurfwaffe leider nicht geeignet ist.

The chosen princessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt