The chosen princess

Kapitel 94

Denk nach, denk nach, denk nach!, feuere ich mich innerlich an, während ich dabei zusehen muss wie Hauptgeneral Sken seinen Schlendergang zu den Hoheiten dieses Landes beendet und sich mit einem durchgeknallten Lächeln auf den Lippen neben dem Stuhl des Königs positioniert. Und obwohl ich den Anblick der gefesselten Herrschaften bisher noch genossen habe, macht sich jetzt doch ein beengendes Gefühl in meiner Brust breit. Nicht etwa, weil ich doch noch ein Fünkchen Sympathie für die beiden opfern kann, sondern weil mit ihrem Tod eine gewisse Symbolik einhergeht.

Den Herrschern eines Landes öffentlich das Leben zu nehmen bedeutet nämlich auch gleichzeitig ein Umschwung für das gesamte Königreich und in diesem Moment bin ich mir noch nicht sicher, ob uns diese Veränderung eine grausame Diktatur oder eine neuartige Demokratie bringen wird. Und genau deshalb fühlt es sich gerade an als würde jemand meine Gedärme packen und einmal rund herumdrehen. Denn auf einmal liegt meine Aufgabe, dieses Land vor Sken zu bewahren, wie eine riesengroße Last auf meinen Schultern, die mich unentwegt weiter nach unten drückt und mich in einen Strudel aus Versagensangst führt.

Alles wird gut, versuche ich mir einzureden, doch ich könnte genauso gut mit einer Wand sprechen und darauf hoffen, dass sie meinen Satz beendet. Gerade sitze ich nämlich immer noch gefesselt auf einem Stuhl, während sich meine Fähigkeiten nur langsam durch das Metall brennen und es sieht so aus als würde ich es nicht schaffen rechtzeitig einen Angriff zu starten. Das bedeutet wiederum, dass irgendjemand der umliegenden Personen bald das gleiche Schicksal teilen wird wie das Königspaar und obwohl die meisten davon arrogante Schnepfen sind, habe ich nicht vor dabei zuzusehen wie sie ins Jenseits übergehen.

Ich werde also meinen verrückten, unausgereiften Plan C zu Rate ziehen müssen, bis ich mich endlich befreien kann und meine B-Option wieder möglich ist. Das Problem ist nur, dass meine dritte Idee an diesem Tag in etwa einem Selbstmordkommando gleich kommt und genauso gut nach hinten losegehen könnte. Und genau deswegen hadere ich gerade noch mit mir selbst, ob ich diesen Spielzug wirklich ausführen soll.

>>Sinclair, Sinclair, Sinclair<<, flötet Sken jetzt, während er seinen Dolch von einer Hand in die andere wirft und dabei noch ein Stückchen näher an ihn heranrückt, >>Ich würde ja sagen, dass mir das Kommende leid tut, aber das wäre rund heraus gelogen. Sie, mein Freund, haben nämlich keine Ahnung wie man ein Königreich regiert und es macht mich wirklich unfassbar wütend, dass sie dieses wunderschöne Fleckchen in Chaos versinken lassen, während sie weiterhin Partys feiern. Heavensent braucht dringend jemanden, der hart durchgreift und Fehler knallhart bestraft. Und dabei meine ich öffentlich und nicht wie ein Feigling in seinem Keller. Tja, da ist es nur gut, dass ich jetzt hier bin, um das Zepter zu übernehmen. Doch zuvor muss ich euch beiden noch das Licht ausblasen. Wir wollen doch nicht, dass es zu Interessenkonflikten kommt, nicht wahr?<<

Beinahe sanft streichelt der Hauptgeneral mit der Spitze des Dolches an der Wange des Königs entlang, doch der Druck reicht wohl aus um einen oberflächlichen Schnitt zu erzeugen, denn kurz darauf bildet sich ein blutiger Riss. Henry Sinclair macht seinem Namen , als eiskalter Psychopath, natürlich mal wieder alle Ehre und starrt einfach nur engstirnig vor sich hin. Das wiederum scheint Sken gar nicht zu gefallen, denn er wechselt prompt die Wange und sticht einmal fest zu.

Jetzt dringt doch ein überraschter Schmerzensschrei von den Lippen des Königs und auch von den Zuschauern sind keuchende Laute zu vernehmen. Ich, meinerseits, zucke nur ein bisschen zusammen, doch das bedeutet nicht, dass ich nicht spüren kann wie die Angst ihre Krallen in mich bohrt. Denn ein ums andere Mal wird mir wieder klar, dass Sken beide Dinge beherrscht: langfristige Planung und impulsive Handlungen. Und genau diese spezielle Kombination macht ihn nicht nur verdammt gefährlich, sondern leider auch unberechenbar.