Kapitel 32

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Mich plagen Albträume. Schon seit mehr als einer Woche träume ich schon jede Nacht von dem Flammeninferno in der Küche, während ich die wachen Stunden damit verbringe mich abzulenken. Statt mit Dean über die Sache zu reden und mir von ihm Ratschläge anzuhören, habe ich das Schreiben als Ventil für meine Schuldgefühle entdeckt. Ich bemühe mich jeden Tag eine ganze Seite mit Gedanken zu füllen, um die Emotionen, in meinem Inneren, nicht zu einem wilden Tsunami heranwachsen zu lassen. Und ich muss sagen es funktioniert. Genauso wie das Leben im Schloss beginne auch ich wieder meine normalen Bahnen zu drehen und den Schaden des Angriffs von meiner Seele zu waschen.

Jedenfalls tagsüber. Nachts sieht das ganz anders aus. Die Albträume finden immer in einem Zeitfenster von halb eins und drei Uhr nachts statt, dann suchen mich die Bilder mit all ihrer detailstreue heim und lassen mich schweißgebadet aus dem Schlaf schrecken. Es ist immer der gleiche Ablauf, trotzdem gibt es Unterschiede. Während am Dienstag Rocelyn zuschauen durfte, wie die Soldaten ihren letzten Atemzug genießen, besuchte mich heute Miri im Schlaf, davor Cassie. Sie alle erleben diesen Moment mit mir zusammen – erkennen das Geheimnis, das ich solange in mir verborgen habe- und schreiben mich anschließend mit nur zwei Wörtern ab.

,,Du Monster" tropft es ihnen von den Lippen und dann wird alles schwarz und ich schlage schweißgebadet die Augen auf. Der Nachhall ihrer Worte immer noch wie ein Echo in meinem Ohr.

>>Fait? Hörst du mir überhaupt zu?<< Cassies genervte, teils besorgte Stimme lässt mich aus meinen Gedanken schrecken und ich löse meinen starren Blick von der Wand, die ich zuvor sicher wie eine Irre mit Blicken durchbohrt habe. Mist, denke ich. Eigentlich wollte ich das doch lassen. Schließlich habe ich mir vorgenommen mich nicht von meinem Trauma beeinflussen zu lassen und stattdessen wieder den normalen Alltag aufzunehmen. Und bis zu diesem Detail gelingt mir das auch Einwand frei. Ich breche nicht unvorhergesehen in Tränen aus, habe meines Wissens keine Stimmungsschwankungen und bin weiterhin die geborene Zynikerin. Nur das gelegentliche Abschweifen und Durchbohren von leblosen Gegenständen habe ich noch nicht ganz im Griff.

>>Sicher. Du hast davon geredet, wie wahnsinnig aufmerksam ich heute bin und ich musste empört feststellen, dass ich da tatsächlich einen Funken Sarkasmus herausgehört habe<<, meine ich siegessicher und grinse Cassie wissend an. Mit einem Lächeln, das wirklich echt ist und das sich auf meinem Gesicht weder wie Kleister noch wie ein schwerer Sack Mehl anfühlt. Nur um das nochmal zu verdeutlichen.

>>Ich hasse deine schlagfertige Art einfach, da kann ich dir nie böse sein und dabei habe ich allen Grund dazu. Immerhin will ich dir etwas wirklich Wichtiges erzählen und du hörst einfach nicht zu. Dabei habe ich extra auf einen Moment gewartet, in dem ich dich ganz für mich habe und niemand anderes in der Nähe ist, weil wir im Speisesaal essen oder jemand ein Schlagpolster für dich halten muss<< Den bedeutenden Blick, den sie mir bei den Worten ,,Schlagpolster" zuwirft, versetzt mich sofort ein paar Tage zurück in die Vergangenheit.

Ach ja, das übermäßige Training, denke ich und verziehe kurz darauf das Gesicht. In den ersten Tagen, nach meiner Heulattacke, habe ich mich in einen echten Sportjunkie verwandelt und versucht meine Schuldgefühle aus mir heraus zu schwitzen. Nicht meine beste Idee, immerhin kann ich den Muskelkater bis heute noch spüren und Dean scheint mir immer noch nicht ganz verziehen zu haben, dass ich ihn bis zum Umfallen als Trainer missbraucht habe. Aber diese Tage sind jetzt vorüber. Mit dem Tagebuchschreiben klappt es echt gut und ich denke, ich mache mit der Verarbeitung

große Fortschritte.

>>Und was ist jetzt diese superwichtige Neuigkeit?<<, frage ich Cassie und betrachte ihre zierliche Gestalt, die mir gegenüber auf einem der weißen Sessel sitzt. >>Na ja...<<, meint sie und zieht die Worte dabei unnötig in die Länge. Auch ihre Zeigefinger, die nervös aneinander tippen sagen mir, dass es irgendetwas mit einem Kerl zu tun hat. Das ist einfach grundlegender Fraueninstinkt.

The chosen princessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt