Kapitel 63

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Ich fasse es nicht, dass er mich einfach hat stehen lassen! Oder nein, definieren wir das lieber anders. Ich hatte eine böse Vorahnung, dass das hier so enden würde, doch naiv wie ich war, hatte ich natürlich den bösen Hoffnungsfunken zugelassen, der mir einbläuen wollte, dass es dieses Mal anders wird. Tja, und genau das hat mich zu dem Punkt gebracht, an dem ich dastehe wie ein begossener Pudel und diesem informationssparsamen Kotzbrocken hinterhersehe, als hätte er gerade meinen Heiratsantrag abgelehnt.

Genervt von mir selbst, nehme ich mir ein neues, mit Sekt gefülltes Glas und führe es an die Lippen, während ich Daimons davon eilenden Gestalt den Rücken kehre. Halte dich einfach von ihm fern, Flämmchen, äffe ich ihn in Gedanken nach. Und ja, ich bin mir durchaus darüber bewusst, dass ich Daimon auch nie viel von mir Preis gegeben habe, doch ich habe ihn auch nie mit einem solchen Befehl abgespeist, weil ich durch meine Fähigkeiten eine potenzielle Gefahr für ihn bin.

Mir hätte ja auch schon ein ,,Er hat meiner Freundin etwas Schlimmes angetan. Er ist kein guter Mensch, Fait"- Aussage gereicht. Mr. Arrogant soll meinetwegen die schmutzigen Details für sich behalten, aber mir einfach ohne die kleinste Begründung einen Befehl zu erteilen, ist einfach zu viel Kryptologie – selbst für ihn. Jedenfalls hätte ein kleiner Teil von mir nicht milde Lust sich Daimons Aufforderung einfach zu wiederzusetzen und postwendend Géza aufzusuchen.

Doch so blöd bin ich selbst in meinen dümmsten Momenten nicht. Außerdem bin ich mehr als froh der Gesellschaft dieses Schleimbatzens entkommen zu sein, da muss schon mehr kommen, als ein wenig kindisches Rebellionsgefühl, um mich in seine faltenfreien Anzugsarme zu treiben. Nicht zu vergessen, die Tatsache, dass mein Stolz erst darüber hinweg kommen muss, dass ich Mr. Unausstehlich hinterhergesehen habe, wie eines dieser Mädchen, die sich hoffnungslos in einen dunkelhaarigen Kerl verlieben, der Geheimnisse und Probleme hinter sich herzieht wie eine seltsame Art von Bad-Boy-Schlitten.

Plötzlich stoße ich mit der Schulter gegen irgendeinen Wiederstand, den ich, gedankenverloren wie ich bin, nicht habe kommen sehen. Nur knapp kann ich verhindern, dass mein Getränk nicht über den Rand des Glases und damit auch auf das grüne Oberteil eines Kleides schwappt. Gott, bitte nicht schon wieder, denke ich. >>Na, hoppla<<, ruft eine definitiv weibliche Stimme aus, doch das hatte ich auch schon aufgrund der Kleidung geahnt.

Leider komme ich bei dieser Situation nicht umhin, mich an einen ähnlichen Unfall zurückzuerinnern. Und ja, die Stichworte heißen nasses Jackett, König und ein Gespräch, das sich als eines der unangenehmsten Unterhaltungen aller Zeiten in mein Gedächtnis gebrannt hat. Tja, zum Glück hat sich immerhin meine Reaktionszeit verbessert und ich konnte ein weiteres ,,ruiniertes" Kleidungsstück vermeiden. Nur an dem aufmerksamen Geradeauslaufen muss ich unbedingt mal arbeiten.

Das muss ich aber wohl auf später verschieben, da ich gerade zu beschäftigt bin meinen Blick nach oben gleiten zu lassen und dabei zu hoffen, dass mir nicht gleich die Königin von Angesicht zu Angesicht gegenüber steht. Scheinbar ist mir das Schicksal aber ausnahmsweise mal wohlgesonnen, so dass mir das Gesicht, das von einigen schwarzen Strähnen umrahmt wird, nicht bekannt vorkommt.

Der Rest ihrer Haare ist in einer Hochsteckfrisur zusammengefasst und mir fällt sofort auf wie hübsch die Frau meines Alters ist. Ihr Make-Up ist im Gegensatz zu all den in den Schminkkasten gefallenen Paradiesvögeln fast schon dezent. Das Einzige, was wirklich die Blicke auf sich zieht ist der grüngelbliche Lidschatten, der ihre moosgrünen Augen zum Strahlen bringt und ihre langen schwarzen Wimpern noch zusätzlich hervorhebt. Hoffentlich ist sie so nett wie sie aussieht, denke ich, bevor ich ein entschuldigendes Lächeln auf meine Lippen zwinge. >>Sorry, ich habe nicht aufgepasst. Ich hoffe, Ihr Kleid ist unversehrt?<< Den letzten Satz lasse ich wie eine Frage klingen, obwohl ich natürlich schon längst überprüft habe, ob es doch noch ein Tropfen geschafft hat, aus meinem Glas zu entkommen.

The chosen princessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt