Kapitel 52

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Wie paralysiert beobachte ich das rot-gelbliche Glimmen, das in nächster Nähe, sicherlich ein gefräßiges Knistern von sich gegeben hätte, doch vom anderen Ende des Schlossgebäudes kann ich lediglich mein laut schlagendes Herz hören, das in meiner Brust einen wahren Höllenstepptanz aufführt. Eine Welle der Angst und der Verzweiflung überschwemmen mich zusammen mit einer riesigen Fragenflut, auf die ich leider keine einzige Antwort weiß. Warum wurde das Feuer noch nicht gelöscht? Wie konnte es so groß werden? Wie viele Menschen sind in diesem Teil und suchen mit rasselndem Atem einen Weg aus den Flammen?

Mir treten Tränen in die Augen bei dem Gedanken, dass Einige nicht mehr zu retten sind – dass wir alle in diesem Schloss bald nicht mehr zu retten sind, da wir entweder von dem giftigen Rauch oder den feindlichen Soldaten niedergemetzelt werden. Für einen Augenblick stockt mein Atem, dann reiße ich mich entschlossen von meinem Fenster los, während in meinem Kopf nur noch ein einziger Gedanke existiert: Ich muss etwas tun.

Die heavensentischen Wachen in diesem Schloss sind unterbesetzt und hatten durch den plötzlichen Angriff der Koslower schon letztes Mal große Schwierigkeiten zu bestehen, wie mir Dean anvertraute. Sie können nicht einfach eine unbekannte Zahl an Angreifer und ein Feuer beachtlichen Ausmaßes gleichzeitig bewältigen, denke ich, während ich in Richtung Zimmertür sprinte.

Doch bevor ich auch nur die Klinke herunterdrücken und blind aus dem Raum rennen kann, wird mir klar, dass ich nicht bewaffnet bin. Und es steht mir auch nicht, wie beim letzten Mal ein riesiges Waffenarsenal zur Seite, das mal eben an der nächsten Wand hängt. Nein, das damals war trotz Daimons Auftauchen ein einziger Glücksfall, wenn man bedenkt, dass ich sonst allein und waffenlos von einem Koslower hätte überrascht werden können.

Doch jetzt bin ich schutzlos. Die Dinge, die ich in meinem Zimmer aufbewahre sind alle nicht waffentauglich. Es sei denn man zählt eine kleine Standuhr dazu, die ich wie eine todessüchtige Idiotin auf eine der Feinde werfen könnte, um ihm bestenfalls, mit einem kräftigen Stoß auf den Kopf, außer Gefecht zu setzen. Doch diese Vorstellung kann man wohl kaum als realistisch bezeichnen, vor allem aber bin ich nicht so naiv zu glauben, dass mir nur ein einziger Angreifer auf die Pelle rücken wird, wenn ich erstmal einen Fuß nach draußen gesetzte habe.

Ich suche weiter und gehe in meinem Kopf eine Liste mit Gegenständen durch, die in einem Kampf hilfreich sein könnten. Brieföffner – Fehlanzeige, Deodrant – vor kurzem leer gegangen und von Miri durch ein Rosenparfum ersetzt, das mit seiner kleinen Öffnung nicht gerade von Vorteil ist, Spiegelscherben - nach dem Unfall mit dem Badezimmerspiegel habe ich mich mit einem kleinen Handspiegel zufrieden gegeben, eingeschmolzene Gabel vom Feiertagsessen - entsorgt. Verdammt, ich habe ja noch nicht einmal eine Vase, die ich jemanden Daimon-like über den Schädel ziehen könnte!

Frustriert raufe ich mir die Haare, während ich weitere Optionen durchgehe, die alle mit einem Nicht-da-Stempel abgehakt werden können, da sie in meinem blöden Zimmer nun einmal nicht existent sind. >>Mist<<, fluche ich, während ich am liebsten auf irgendetwas eingeprügelt hätte. Das dauert alles viel zu lange! Während meiner erfolglosen Lösungssuche ist sicher schon das halbe Schloss abgebrannt!

Wütend nehme ich den Schreibtischstuhl neben mir und verbarrikadiere die Tür mit dem alten Stuhl-unter-Klinken-Trick, damit mich nicht irgendein Soldat in meiner Überlegungsphase überfällt. Wenigstens das kann ich ja tun, denke ich, während ich einen immer größer werdenden Hass gegen das Gefühl der Hilfslosigkeit aufbaue. Langsam streift mein Blick zu meinem Kleiderschrank, der mich auf direktem Weg zum Schutzbunker führen wird, wenn ich mich dazu entschließen sollte. Ich kann nicht einfach in dem Glauben rausstürmen, dass ich mich mit bloßen Fäusten gegen die Koslower behaupten kann. Und wie ich durchs Fenster beobachten konnte sind einige auf dem Weg hierher und mich würde es auch nicht wundern, wenn auch der Brand auf ihre Kappe geht.

The chosen princessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt