neunundzwanzig

3.4K 60 3
                                    

Die nächsten Schultage gehen ereignislos vorüber - bis ich am Freitag selbst erfahre, dass abends ein Oberstufenparty am Strand stattfindet. Zoe erwähnt es völlig beiläufig.

"Wieso wusste ich davon nichts?", frage ich überrascht nach.

Zoe zuckt mit dem Schultern. "Die Party ist jedes Jahr im September. Jeder weiß davon, deshalb gibt es keine besonderen Einladungen oder so. Hab ich das nicht erzählt?"

Ich schüttele den Kopf. "Nein, hast du nicht." Ich lache. "Aber gut, dass ich es jetzt erfahre. Ich habe echt Lust auf Party."

Die Party findet auf dem breiten Strandabschnitt direkt hinter unserem Haus statt und so kommt Zoe abends zu mir, damit wir uns gemeinsam fertig machen können. Schwer bepackt kommt sie bei mir an. Ich lache los, als ich sie sehe. "Hast du vor, auszuwandern, oder wieso das ganze Gepäck?"

Zoe lacht und stellt ihre Schuhe ab. "Nein, das hatte ich eigentlich nicht vor. Aber du hast ja noch nicht so eine große Ausstattung, deshalb wollte ich lieber noch ein bisschen was mitbringen. Sicher ist sicher."

Da hat sie wohl Recht. Ich habe mittlerweile zwar ein paar Klamotten und sogar eine minimale Grundausstattung an Makeup, aber das kommt nicht ansatzweise an Zoes Inventar heran. Von daher ist es durchaus sinnvoll, dass sie auch noch ein bisschen etwas mitgebracht hat.

Ich hatte eigentlich geplant, bei dieser Gelegenheit mal mein neues, schwarzes Partykleid zum Einsatz zu bringen, aber Zoe nimmt es mir gleich aus der Hand und hängt es kopfschüttelnd zurück in den Schrank. "Keine gute Idee, glaub mir.", sagt sie. "Das ist eine Strandparty. Such dir lieber etwas aus, was ein bisschen entspannter ist und nicht so eng. Und was auch noch mit Bikini drunter gut aussieht."

Ratlos wühle ich in meinem Schrank herum. Ich habe keine Ahnung von Styling und Mode. Ich war schon zufrieden, jetzt mal ein Partykleid zu besitzen, aber eine Strandparty? Irgendwann kommt Zoe mir zur Hilfe und schmeißt mein weißes, gehäkeltes Top und eine Jeanshotpants aufs Bett. "Das ist gut. Das Top mit Bikini drunter ist bombe."

Ich vertraue ihrem Rat. Zoe selbst zieht sich ebenfalls Bikini, ein Top und Jeansshorts an, von daher wird sie schon wissen, was sie tut. Auch an Makeup machen wir nicht viel, doch ich zwinge Zoe dazu, meine Haare wieder zu locken, auch wenn sie früher oder später wahrscheinlich ohnehin nass werden.

Eigentlich finde ich es super, dass wir jetzt auch mal auf eine Strandparty gehen. So etwas habe ich noch nie gemacht. Logischerweise, denn Partys waren früher ja ohnehin nie meine Welt und am Meer war ich ja auch nie. '

Von meinem Zimmer kann man sehen, was am Strand los ist. So sitzen Zoe und ich noch eine Weile rum, schauen nach draußen und trinken eine Flasche Wein, bis wir irgendwann der Meinung sind, dass die Party jetzt so aussieht, als wäre sie im Gange.  "Nichts ist schlimmer, als bei einer Party anzukommen, wenn noch niemand Spaß hat.", sagt Zoe. Da hat sie wahrscheinlich recht. Und schon ein bisschen angetrunken zu sein, ist meistens auch nicht schlecht.

Als wir uns gerade durch den Garten auf den Weg machen, höre ich Lukes Stimme. "Hey!"

Ich drehe mich um und schaue schließlich hoch zu seinem Fenster, aus dem er sich grinsend lehnt. Im Hintergrund tauchen auch die anderen Jungs auf. "Warten bitte! Wir kommen!"

Zoe und ich sehen uns an und lachen los. Die Jungs scheinen auch schon ein bisschen was getrunken zu haben, wie man an Lukes lallender Stimme merken konnte. Das Fenster schließt sich und eine halbe Minute später stolpern Simon, Miles, Jordan und Luke auf uns zu. Das heißt, Luke, Miles und Jordan laufen tatsächlich noch relativ gerade, während es bei Simon wohl schon zu spät ist - er taumelt einfach nur noch. Zoe verdreht die Augen, als sie ihren Bruder so sieht, muss aber lachen. "Simon, bist du okay?"

Simon grinst breit und legt seine Hand auf Zoes Schulter ab. "Schwesterherz, ich bin sowas von okay.", gibt er lallend von sich. "Ich bin zwar ziemlich betrunken, aber immer noch Herr meiner Sinne."

Zoe und ich prusten los. Ich spüre die halbe Flasche Wein zwar auch schon, aber das ist anscheinend nichts gegen den Pegel der Jungs. Luke tritt neben mich und schlingt mir einen Arm um die Schultern. "Darf ich dich auch Schwesterherz nennen?"

Ich schüttele stur den Kopf. "Vergiss es. Wir sind nicht einmal blutsverwandt."

Luke wirft mir einen doppeldeutigen Blick zu. "Ist auch besser so."  Luke! Was macht er nur? Die Jungs scheinen nichts davon mitbekommen zu haben, aber Zoes Blick kann ich auf mir liegen spüren. Ihr ist klar, wie er das gemeint hat.

Luke drückt mir die Flasche Bier in die Hand, die eigentlich ihm gehört. "Hier, trink. Du wirkst so angespannt."

Ich ziehe die Augenbrauen hoch, nehme aber einen Schluck. Als angespannt hätte ich mich zwar nicht bezeichnet, aber so locker wie die Jungs bin ich bei weitem nicht. Lukes Blick wandert meinen Körper hinab und ein Schauer läuft mir über den Rücken. "Du siehst heiß aus.", flüstert er mir ins Ohr, so dass nur ich es hören kann. Ich schlucke, atme tief durch und nehme hastig einen weiteren Schluck vom Bier, weil ich nicht weiß, was ich erwidern soll. Luke löst seinen Arm wieder von mir und lässt seine Finger dabei kaum merklich über meinen Nacken streichen. Ein angenehmes Kribbeln bleibt zurück. Seine Gesten sind so winzig, dass sie wohl niemand außer uns Beiden bemerken kann. Und trotzdem weiß ich genau, dass diese Gesten für mich bestimmt und kein reiner Zufall sind.

Ich will Luke die Flasche zurück geben, doch er schüttelt den Kopf. "Trink sie leer, ich hole mir gleich dort was neues." Schulterzuckend nehme ich die letzten paar Schlucke.

"Gehen wir?", fragt Zoe in diesem Moment. Hastig nicke ich. Unter Lukes Blicken sind meine Knie so butterweich geworden, dass ich dringend aus dieser Situation hinaus muss. Zoe scheint allerdings nicht wirklich meine Rettung zu sein. Mit ihr zu reden ist praktisch unmöglich, da sie auf der einen Seite die Hand von Miles hält, mit der anderen Seite Simon stützt. Jordan torkelt hinter uns her, gibt hin und wieder mal ein paar unverständliche Laute von sich und lacht über irgendwelche Witze, die nur er versteht. Nur Luke läuft neben mir her, auch wenn er ja selbst nicht mehr ganz nüchtern ist. Das kann ja ein lustiger Abend werden.

let me be your babyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt