achtzehn

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Die Stimmung wird immer ausgelassener, je mehr Alkohol fließt. Auch ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, wie viel Bier ich schon getrunken habe. Aber was zählt, ist die gute Laune, und die habe ich irgendwann definitiv.

"Flaschendrehen!", ruft eins der Mädchen (ich glaube, sie hieß Grace) schließlich lauthals und legt eine leere Bierflasche auf den Boden. Die Jungs grölen und versammeln sich im Kreis. Zoe und ich werfen uns nur einen kritischen Blick zu. Klar ist es irgendwie witzig, vor allem wenn man betrunken ist. Doch es ist auch nur so lange witzig, bis man selbst irgendetwas machen muss. Doch wir setzen uns trotzdem widerwillig zu den anderen.

Ich habe eine ganze Weile lang Glück. Grace muss mit Simon rumknutschen, ein anderes Mädchen mit Miles, ein Typ, den ich nicht kenne, muss einem Mädchen, das ich auch nicht kenne, einen Knutschfleck verpassen, ein anderes Mädchen namens Jane muss einen Striptease vorführen. Dazu kommen noch ein paar unangenehme Wahrheiten ans Licht. Schließlich bleibt die Flasche bei Zoe stehen. Sie schlägt die Hände vors Gesicht. "Na super... Pflicht."

"Gut.", sagt Jane, die die Flasche gedreht hat. "Dann... küss Luke." Sie grinst.

Zoe schüttelt sofort verzweifelt den Kopf. "Nein, bitte nicht Luke..."

"Hey, bin ich so abstoßend?", fragt Luke, doch man sieht ihm an, dass er auch nicht so begeistert davon aus. Es liegt nicht daran, dass die Beiden sich nicht mögen. Doch laut Zoes Erzählungen kennen sich die Beiden ja wirklich schon ewig und sind füreinander wie Geschwister. Da ist es verständlich, dass man sich nicht unbedingt abknutschen möchte.

"Los jetzt! Und mindestens zehn Sekunden!", ruft Jane. Die anderen feuern Zoe an. Schließlich gibt sie sich geschlagen und setzt sich mit hochrotem Kopf zu Luke. Die Beiden sehen sich kurz an, dann küssen sie sich. Man sieht ihnen an, dass sie es nicht besonders gerne tun. Und trotzdem versetzt mir das einen Stich.

Warum? Warum fühle ich mich so? Das sollte nicht so sein. Erstmal machen die Beiden das ja nicht freiwillig und zweitens sind es nur Luke und Zoe. Ich stehe nicht auf Luke. Er ist so etwas wie mein Bruder. Er kann küssen, wen er will, vor allem, wenn es nur ein Spiel ist. Schließlich ist der Kuss vorbei und die zwei fahren ruckartig auseinander. Fast synchron wischen sie sich den Mund mit dem Ärmel ab. Ich muss lachen.

"Okay, weiter geht es.", sagt Zoe schnell und dreht die Flasche an. Das erste Mal in der Runde bleibt sie auf mir stehen.

Ich seufze. "Wahrheit." Wie die Pflicht beim letzten Mal geendet ist, habe ich nicht vergessen, und das muss ich auch jetzt nicht wiederholen. Von daher bleibe ich besser bei der sichereren Variante. Bei Zoe weiß ich immerhin, dass sie mich nicht bloßstellen wird.

"Okay..." Zoe denkt einen Moment lang nach. "Wie würde dein Traumtyp aussehen?"

"Hm..." Ich lege meinen Kopf in den Nacken. "Also, auf jeden Fall groß und gut gebaut. Und er sollte am Liebsten dunkle Haare haben und schöne Augen, am Liebsten grün. Und natürlich sollte er auch schlau und nett sein."

Zoe nickt und schaut mich eindringlich an. Ich runzele die Stirn. Im ersten Moment verstehe ich gar nicht, was sie von mir will. Dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Ich habe gerade ziemlich eindeutig Luke beschrieben. Wow.

Es kann doch nicht sein, dass ich immer wieder ins Nachdenken darüber komme, ob ich auf Luke stehe! Ich sollte daran nicht mal einen Gedanken verschwenden! Doch seit Zoe mich darauf aufmerksam gemacht hat, bekomme ich das alles nicht mehr aus dem Kopf.

Das Spiel geht weiter und ich werde immer betrunkener. Gott sei Dank bleibe ich noch eine Weile verschont, doch etwas später trifft es mich schon wieder. "Pflicht!", sage ich diesmal selbstbewusst. Ob das an meinem Pegel liegt oder an meiner allgemeinen Lust, offener und weniger verklemmt zu sein, kann ich nicht genau sagen.

let me be your babyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt