Ich will mich gerade Simons Gesicht nähern, als plötzlich Lukes Stimme ertönt. "Nein. Nicht."
Ich blicke verwirrt nach rechts, wo er zwei Plätze weiter sitzt. Ich habe gar nicht auf ihn geachtet. Doch jetzt schaut er mich ziemlich wütend und stur an. Was ist sein Problem?
"Was denn?", frage ich verwirrt.
"Das machst du nicht.", sagt er entschlossen.
"Das war eine Pflicht!", wirft Simon ein und die anderen stimmen ihm leise zu. Auch ich nicke. "Genau."
Luke erhebt sich. "Komm, Isabella, das solltest du nicht tun."
"Ist doch meine Entscheidung.", sage ich trotzig. "Du kannst nicht immer über mich bestimmen, nur weil du jetzt so etwas wie ein Bruder für mich bist."
"Du weißt es doch selber!", sagt er laut. "Komm jetzt, tu das nicht." Luke packt mich unter den Armen und zieht mich hoch. Ich kann mich nicht wirklich dagegen wehren, schon gar nicht in meinem betrunkenen Zustand.
"Hey, was soll das, Mann?", fragt Simon.
"Komm, Isabella, lass uns rausgehen.", sagt Luke und zieht mich entschlossen am Arm mit sich. Ich höre noch die Stimmen der anderen hinter mir, doch kann mich nicht wirklich gegen Luke durchsetzen. Hinten im Flur, wo niemand von den anderen Partygästen ist, bleibt er stehen und lässt meinen Arm los.
"Kannst du mir mal erklären, was das soll?", keife ich und blicke ihn wütend an.
Luke seufzt. "Man hat dir doch angesehen, dass du das nicht wirklich willst."
"Dann kennst du mich offenbar besser als ich selbst.", sage ich. "Natürlich wollte ich das. Simon kann sicher gut küssen."
Luke setzt eine grimmige Miene auf. "Das spielt aber keine Rolle."
"Wieso darfst du mit anderen Girls rumknutschen, aber ich darf niemanden küssen?", frage ich wütend. Luke hat gerade einige Mädels geküsst. Wieso sollte er das Recht dazu haben und es mir dann verbieten? "Du bist nicht mein Vater. Und auch nicht mein Bruder."
"Na ja, dein Bruder bin ich jetzt schon irgendwie.", erwidert er. Dann seufzt er und macht eine kurze Pause. "Das wäre dein erster Kuss gewesen, hab ich Recht?"
Ich wende meinen Blick ab. "Gar nicht.", murmele ich. Oh Mann, mit Alkohol im Blut bin ich noch viel schlechter im Lügen als ohnehin schon.
Luke lacht leise. "Natürlich nicht.", sagt er ironisch. "Mann, Isabella, du willst doch nicht ernsthaft deinen ersten Kuss im betrunkenen Zustand auf einer Party verschwenden, oder?"
Ich zucke mit den Schultern. "Wieso nicht? Macht doch keinen Unterschied."
Luke legt seine Hände an meine Taille und ich schaue wieder zu ihm auf. Er sieht mir ernst in die Augen. "Du musst hier niemandem etwas beweisen. Mir nicht und allen anderen auch nicht."
Ich zucke wieder nur mit den Schultern. "Ich will mich einfach ausprobieren. Ich will nicht immer nur die graue Maus sein. Ich kann auch anders sein."
Er seufzt und schaut an mir herab. "Ja, das sehe ich. Du siehst echt verdammt sexy aus heute."
Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. "Danke."
Luke hebt seinen Blick wieder, um mir ins Gesicht zu schauen. "Glaub mir, ich meine es wirklich nur gut. Ich will dir nichts verbieten, aber ich bin mir sicher, dass du das morgen bereuen würdest."
Mir wird warm bei seinen Worten. Es ist süß, wie er das sagt und ich kann ihm irgendwie nicht länger böse sein. Ohne weiter drüber nachzudenken, schlinge ich meine Arme um seinen Oberkörper und ziehe ihn in eine Umarmung. Luke macht ein überraschtes Geräusch, doch dann legt er ebenfalls seine Arme um mich und zieht mich näher an sich. Ich spüre seine Hände an meinem nackten Rücken und kann nicht verhindern, dass sich eine Gänsehaut auf meinem Körper ausbreitet. Es ist, als wären Lukes und mein Körper für einander gemacht, denn irgendwie passen wir perfekt zueinander.
Wir lösen uns voneinander, als wir Zoes Stimme hören. "Da seid ihr ja." Sie stellt sich zu uns. "Ich wollte nicht stören. Kommt ihr nochmal mit raus in den Garten? Ich brauche frische Luft."
"Gerne.", sage ich zustimmend und auch Luke nickt. Wir machen uns wieder auf den Weg nach draußen und setzen uns an den Pool, wo auch einige andere Leute abhängen.
Luke ist schnell mit anderen im Gespräch, hauptsächlich mit Mädels. Mir soll es egal sein. Er behandelt mich unfair, das ist klar. Aber soll er doch machen, was er will. Ist ja nicht meine Sache.
Zoe stößt mir in die Rippen. "Was ist denn das mit dir und Luke?"
Ich schaue sie stirnrunzelnd an. "Na, was soll da sein? Er ist mein Stiefbruder und meistens ein ziemlicher Vollidiot. Aber er kann auch echt nett sein, wenn er will."
"Ich meine, wie er dich anschaut. Und wie du ihn anschaust.", erklärt Zoe.
"Hä? Wie schaue ich ihn denn an?", hake ich verwirrt nach. Ich verstehe nicht, worauf sie hinaus will.
"Na... Nicht wie einen Bruder. Eher so, als wärst du ein bisschen verknallt."
Ich pruste los. "Das ist ja echt genial! Du bist bescheuert, Zoe, weißt du das? Luke und ich, niemals." Ich fange wieder an zu lachen. Luke kann echt toll sein, keine Frage. Aber er kann eben auch ein totaler Idiot sein und wir passen definitiv nicht zusammen. Ich brauche jemanden, der so tickt wie ich.
"Na, wie du meinst..." Zoe sieht mich zweifelnd an. "Aber ist dir noch nie aufgefallen, wie Luke dich immer anschaut?"
Stirnrunzelnd schüttele ich den Kopf. "Nein, ehrlich gesagt nicht. Wie denn?"
"Verknallt eben. Er schaut dich auf jeden Fall ganz anders an als die Mädchen, mit denen er sich sonst abgibt."
Ich zucke nur mit den Schultern. "Ich glaube nicht, dass das was zu bedeuten hat. Er nimmt mich eben ein bisschen wie eine kleine Schwester wahr, vielleicht weckt das seinen Beschützerinstinkt."
"Wenn du meinst..." Zoe klingt immer noch nicht besonders überzeugt. "Aber was war das dann eben beim Flaschendrehen? Da hat er sich wirklich sehr merkwürdig aufgeführt. Und was war mit dieser Umarmung?"
"Wie gesagt, das ist sein Beschützerinstinkt.", wiederhole ich. "Er fühlt sich wahrscheinlich einfach ein bisschen zu männlich."
Zoe lacht auf. "Oh ja, dass er sich zu männlich fühlt, steht außer Frage."
Ich muss ebenfalls lachen. Luke kann echt ein ganz schöner Macho sein. Ein Blick zu ihm bestätigt das - er hat eine blondes Mädchen auf dem Schoß mit riesigen Brüsten, die gar nicht zu ihrem dünnen Körper passen. Sie schmiegt sich an ihn und er hat die Arme von hinten um sie geschlungen und sein Kinn auf ihre Schulter gelegt. Ich schüttele nur den Kopf. Soll er doch machen, es ist ja nicht meine Sache.
"Und die Umarmung hatte auch nichts zu bedeuten.", fahre ich weiter fort. "Eine Umarmung unter Geschwistern, weil wir uns in dem Moment ausnahmsweise mal lieb hatten. Das passiert in der Regel selten."
Zoe grinst. "Na gut, dann glaube ich dir jetzt mal. Aber du solltest trotzdem mal drauf achten, wenn er irgendwelche Andeutungen oder so macht."
"Mache ich." Ich nicke. Damit ist das Thema erst einmal beendet, doch Zoes Aussagen schwirren mir immer noch im Kopf herum und automatisch fällt mir die Situation von Montag wieder ein. Plötzlich sehe ich das in einem ganz anderen Licht. Sollten Stiefgeschwister wirklich so eng umschlungen gemeinsam im Bett liegen? Und sollte sich das dann auch noch so gut anfühlen?
DU LIEST GERADE
let me be your baby
RomanceSeit Isabella denken kann, sucht ihre Mum sich neue Männer. In der Regel bleiben die nicht lang und sind nach spätestens einem Jahr wieder weg - doch diesmal scheint es etwas Ernstes zu sein. Isabella muss wohl oder übel mit ihrer Mum zum neuen Lieb...