Am Samstag wache ich gegen 11 Uhr auf. Ich fühle mich ein bisschen verkatert, hauptsächlich aber müde. Mein Schlaf war wirklich alles andere als erholsam. Ich hatte viel zu viele Gedanken im Kopf. Ich dusche mich ausgiebig und ziehe mir ein entspanntes Outfit an, bevor ich nach unten gehe und mir etwas zu frühstücken suche.
Als ich in die Küche komme, steht Luke an die Arbeitsplatte gelehnt dort und schaut auf sein Handy. Ich bleibe wie angewurzelt stehen. Zum ersten Mal seit langem sind wir plötzlich alleine in einem Raum. Luke sieht auch noch verboten gut aus, wie immer. Seine Haare sind etwas verwuschelt. Er trägt nur eine kurze Sporthose und mein Blick bleibt kurz an seinem gut trainierten Oberkörper hängen. Ich zwinge mich dazu wegzuschauen.
"Morgen.", sage ich jedoch kurz. Ihn gar nichts zu begrüßen, wäre auch seltsam.
"Hi.", sagt er knapp und leise, ohne von seinem Handy aufzuschauen. Ich gehe zum Kühlschrank und suche mir ein paar Sachen raus. Auf dem Küchentisch liegen noch frische Brötchen.
Luke deutet auf einen Zettel, der auf der Arbeitsplatte liegt. "Unsere Eltern sind nicht da. Besuchen Bekannte in der Nähe." Das ist der längste Satz, den Luke mir gegenüber seit einer Ewigkeit herausgebracht hat. Respekt, dass er das von den Lippen bringt, hätte ich fast nicht mehr erwartet.
"Oh. Okay.", sage ich nur sehr einfallslos. Ich weiß nicht so Recht, was ich sagen soll - und schon gar nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll.
"Und wie wars gestern? Hattest du Spaß?", fragt er plötzlich mit einem spöttischen Unterton, der mir gar nicht gefällt. Für einen Augenblick erstarre ich, dann springe ich vom Stuhl auf und wende mich ihm zu. Ich spüre, wie sich die Wut in mir anstaut und balle meine Hände zu Fäusten.
"Ist das dein Ernst? Zunächst einmal geht es dich überhaupt nichts an, was ich mache. Ich bin ein freier Mensch und selbst wenn ich Spaß gehabt hätte, hätte ich durchaus das gute Recht dazu. Aber zu deiner Information: Ich hatte gestern keinen Sex. Du hingegen schon, das hat man leider mehr als deutlich gehört. Vielleicht könntet ihr in Zukunft versuchen, etwas leiser zu sein." Ich gehe einige Schritte auf ihn zu, bis ich direkt vor ihm stehe. "Es ist komplett daneben, wie du dich momentan benimmst, Luke. Mir ist klar, dass es eine unangenehme Situation für dich war, aber das war es auch für mich. Aber mich zu ignorieren, mich zu behandeln wie Abfall und dich komplett respektlos zu benehmen, das alles geht gar nicht.", sprudelt es aus mir heraus.
"Wer benimmt sich denn hier respektlos?", fragt Luke zornig. "Du, du bist respektlos! Die ganze Woche flirtest du mit meinem besten Freund, was schon mal gar nicht geht, und dann dieser komische Typ gestern! Es ist, als würdest du plötzlich alles nehmen, was dir in die Quere kommt."
Mir wird schlecht bei seinen Aussagen. Das ist echt ekelhaft, was er mir da an den Kopf wirft. In mir brodelt mit einem Mal all die Wut, die sich in der letzten Woche in mir angestaut hat. "Weißt du was? Selbst wenn ich Sex gehabt hätte, selbst wenn ich meinen Spaß gehabt hätte, selbst dann hättest du nicht das Recht, in so einem Ton mit mir zu reden oder mich so abfällig anzuschauen wie gestern. Das ist wirklich verletzend. Denn du machst doch auch was du willst und gehst sogar noch viel weiter als ich. Du hast gestern damit angefangen, in aller Öffentlichkeit mit irgendeinem Weib rumzumachen."
Luke sieht viel kleiner aus als zuvor. Fast ein bisschen beschämt. Und trotzdem setze ich noch einen drauf. "Verhalte dich einfach normal gegenüber oder halte dich von mir fern. Denn momentan bist du unausstehlich.", sage ich noch. Mir ist der Appetit vergangen und ohne Frühstück verlasse ich die Küche. Ich harre jedoch noch einen Moment aus. "Ach ja, und mit Simon ist nichts, wir sind nur gut befreundet. Da bildest du dir was ein.", sage ich noch. Ich will wenigstens sicher gehen, dass die Freundschaft der beiden keine Risse bekommt. Das hätte Simon nicht verdient.
Ich bin immer noch stocksauer, als ich kurze Zeit später das Haus verlasse und mich auf den Weg zum Strand mache. Mir ist nicht danach, mit jemandem zu reden, ich will nur meine Ruhe haben und alleine mit meiner Wut und Trauer fertig werden. Ich kann nicht weinen oder sonst irgendetwas, ich habe nur das dringende Bedürfnis auch etwas - oder besser gesagt jemanden - einzuschlagen.
Ich lasse mich auf den Boden fallen und vergrabe meine nackten Füße im warmen Sand. Das Schlimme ist, dass ich nach allem, was Luke sich geleistet hat, immer noch zu ihm zurück will. Ich habe das Gefühl, nicht ohne ihn zu können. Momentan widert er mich an, doch gleichzeitig fühlt es sich an, als würde ich ihn unbedingt brauchen. Er war eben auch so etwas wie mein engster Vertrauter, wie ein richtig guter Freund. Mit ihm konnte ich über alles reden. Er wusste genau, was in mir vorgeht. All das vermisse ich wahnsinnig.
Ich denke an das, was Simon gestern gesagt hat: Dass er momentan unter der ganzen Sache leidet. Ist das so? Gestern hat es jedenfalls nicht so gewirkt. Andererseits ist es auch nicht seine Art, so still und miesepetrig zu sein und sich so viel zurückzuziehen wie in der letzten Woche. Er hatte ständig dunkle Augenringe und sah irgendwie abgekämpft aus. Vielleicht leidet er tatsächlich ein bisschen. Aber letzten Endes ist er der einzige, der etwas an der Situation ändern kann. Ich habe ihm ja ziemlich deutlich meine Gefühle gestanden. Ich erwarte nicht, dass er mir sagt, dass er genauso fühlt, aber wir hätten wenigstens über alles reden können. Vielleicht wäre es dadurch ein bisschen geklärt worden.
Es ist so wahnsinnig schwer zu durchschauen, was in Luke vorgeht. Wie auch, wenn er nicht mit mir redet und sich völlig unberechenbar verhält? Es ist frustrierend. Zoes Aussage, dass er sich in schwierigen Zeiten schon immer so verhalten hat, beruhigt mich wenigstens ein bisschen und gibt mir Hoffnung, dass es irgendwann besser wird.
Ich frage mich, wie jetzt alles weitergehen soll. Werden wir uns vertragen? Werden wir uns weiter anschweigen? Werden wir uns ständig streiten? Nichts davon kann ich mir so wirklich gut vorstellen. Schon jetzt trauere ich der Zeit hinterher, wie sie noch vor kurzem war. Es war unbeschwert. Und jetzt ist irgendwie alles kaputt.
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let me be your baby
Lãng mạnSeit Isabella denken kann, sucht ihre Mum sich neue Männer. In der Regel bleiben die nicht lang und sind nach spätestens einem Jahr wieder weg - doch diesmal scheint es etwas Ernstes zu sein. Isabella muss wohl oder übel mit ihrer Mum zum neuen Lieb...