Die nächsten Tage vergehen ziemlich schnell und vor allem ziemlich ruhig, worüber ich überrascht und dankbar bin. In der Schule verbringe ich viel Zeit mit Zoe und bin echt froh, jetzt schon eine gute Freundin in ihr gefunden zu haben. Nach und nach lerne ich auch ein paar weitere Mitschüler kennen. Nach der Situation im Literaturunterricht bekomme ich nichts mehr von Louis und seinen Anhängseln mit, was mich ziemlich überrascht. Klar, ich bin sehr erleichtert, aber ich weiß nicht, ob ich der Ruhe trauen kann. Doch ich beschließe, jeden Tag ohne einen Vorfall zu genießen. Vielleicht ist es auch tatsächlich so, wie ich es vorhergesagt hatte, und sie haben Angst vor Luke und seinen Freunden.
"Kommst du heute Abend so gegen 18, Uhr zu mir? Dann können wir uns zusammen vorbereiten.", sagt Zoe am Freitag, als wir uns nach der Schule voneinander verabschieden.
Ich runzele verwirrt die Stirn. "Vorbereiten? Worauf denn?"
Zoe lacht und schlägt sich mit der Hand auf die Stirn. "Na, auf die Party natürlich. Du hast doch gesagt, dass du auch kommst."
"Oh, verdammt.", bringe ich hervor. Die Party habe ich in den letzten Tagen tatsächlich total vergessen. "Ähm, ja klar. Schreib mir dann nur nochmal deine Adresse."
Zoe grinst kopfschüttelnd. "Du bist echt verplant. Mach ich. Dann bis heute Abend!"
Ich verabschiede mich von ihr und mache mich auf den Weg nach Hause. Das kann ja lustig werden. Ich war mental absolut nicht mehr auf diese Party eingestellt, aber da ich ja schon zugesagt habe, kann ich auch unmöglich einen Rückzieher machen - da muss ich dann wohl durch.
***
Ich erledige nach der Schule schnell meine Hausaufgaben, entspanne mich ein bisschen und gehe dann schon nach unten, um mich auf den Weg zu Zoe zu machen. Ihr Haus ist zum Glück nur knappe fünf Minuten zu Fuß von hier entfernt.
Ich will mich gerade auf den Weg ins Wohnzimmer machen, um Mum Bescheid zu sagen, dass ich weg bin, als Luke die Treppe herunter kommt. Er sieht mich überrascht an.
"Wo gehst du denn hin?", erkundigt er sich mit hochgezogenen Augenbrauen.
"Zu Zoe.", sage ich unschuldig. Mir ist klar, dass er vielleicht nicht unbedingt begeistert davon sein wird, dass ich auch bei der Party auftauche. Doch das ist meine Entscheidung, nicht seine. Und nur, weil er auch da sein wird, darf er nicht über mich bestimmen.
"Zu Zoe...", wiederholt er, dann macht es bei ihm offenbar klick. "Moment, zu Zoe. Du gehst nicht ernsthaft zu der Party, oder?"
Ich verdrehe die Augen und binde meine Schuhe zu. "Nein, eigentlich wollten wir uns nur einen Mädelsabend machen.", sage ich ironisch. "Spaß, ich gehe zur Party. Darf ich nicht?"
"Nein!", kommt es prompt zurück. Ich schaue empört auf, doch Luke lässt sich von meinem Blick nicht beeindrucken. "Das ist nichts für dich, Isabella! Da sind ganz andere Leute unterwegs als du."
Ich richte mich auf. "Ganz andere Leute, ja? Was meinst du denn konkret damit?" Herausfordernd schaue ich ihn an.
Er seufzt und fährt sich durch die Haare. "Na ja, eben nicht so..." Er führt seinen Satz nicht fort, doch ich weiß genau, was er sagen will.
Ich schnaube und gehe einen Schritt auf ihn zu. "So was? So prüde? So gläubig? So schüchtern? So naiv?"
Luke wendet seinen Blick ab und schaut zur Seite. "Du weißt genau, dass ich das nicht so meine. Aber ich kenne dich, das ist doch eigentlich gar nicht dein Ding!"
Wütend verschränke ich die Arme vor der Brust. "Ach, nicht? Ich werde dir nachher schon noch zeigen, was mein Ding ist!"
In diesem Moment öffnet sich die Tür zum Flur und Mum stößt zu uns. Stirnrunzelnd sieht sie uns an. "Was ist denn bei euch los? Was keift ihr euch so an?"
"Er, will nicht, dass ich zu einer Party gehe!", rufe ich sofort und zeige mit dem Finger auf Luke. Er setzt an, sich zu verteidigen, doch Mum kommt ihm zuvor.
"Du gehst zu einer Party? Mensch, Isabella, das ist ja super! Dabei ist das doch eigentlich gar nicht dein Ding!"
Luke lacht hämisch auf, während ich Mum nur einen bösen Blick zuwerfe. "Und wie das mein Ding ist, ihr werdet schon sehen!"
"Aber Luke, wieso willst du sie denn nicht dabei haben?", wendet sich Mum nun an ihn. Ich drehe mich auch in seine Richtung. "Genau Luke, wieso denn eigentlich nicht?", frage ich stichelnd.
Er verdreht die Augen und hebt abwehrend die Hände. "Na ja, ich meinte ja nur....", druckst er herum. "Isabella ist halt... Na ja, sie ist kein Partymensch und ich hab mich nur gefragt, ob sie da so gut rein passt. Die Leute, die da sind, sind einfach anders als sie."
Empört schüttele ich den Kopf und Mum gibt nur einen langgezogenen Seufzer von sich. "Ach Luke, es ist echt toll, dass du dich um sie sorgst. Aber gib ihr die Chance. Isabella muss ihre Erfahrungen selber sammeln."
Ich führe mich wie Teil eines Therapiegesprächs, in dem ich nicht der Klient, sondern nur das Gesprächsthema bin. Am Liebsten würde ich mit den Armen wedeln, um darauf aufmerksam zu machen, dass ich auch noch hier bin, doch diese Peinlichkeit spare ich mir lieber. "Ich komme schon ganz gut alleine klar.", sage ich stattdessen nur.
"Und sonst bist du ja auch noch da, Luke.", sagt Mum und sieht ihn eindringlich an.
Luke hebt die Arme. "Ja, ich bin aber nicht ihr Babysitter!"
"Ich brauche auch gar keinen Babysitter!", fauche ich. Ich weiß ja selber, dass ich manchmal etwas hilflos und überfordert wirke, aber ich schaffe auch schon eine ganze Menge alleine und brauche nun wirklich niemanden, der die ganze Zeit auf mich aufpasst.
"Ja ja.", sagt Luke nur genervt. "Also, lass dir eins gesagt sein: Ich werde dich nicht nach Hause tragen, falls du besoffen bist. Und ich bin auch nicht Schuld, wenn du es scheiße findest. Ich mache da mein Ding und du machst dein Ding, verstanden?"
Ich nicke. "Was anderes hatte ich ohnehin nicht vor."
Er zögert, bevor er weiter spricht. "Aber trotzdem... Trink nicht so viel. Und lass dich nicht auf komische Typen ein. Am Besten sprichst du generell nicht mit anderen Typen. Lass dir keine Getränke andrehen, die du nicht selbst gemischt hast. Und zieh dich nicht aus."
Ich lache trocken auf. "Keine Sorge, ich hab mich schon unter Kontrolle."
Auch Mum lacht. "Also Luke, da hast du aber ein ganz falsches Bild von meiner Isabella, wenn du sie so einschätzt."
Luke zieht spöttisch die Augenbrauen hoch. "Stimmt ja, ich hab beinahe vergessen, dass sie eine Kirchenmaus und kein Partygirl ist."
Ich spüre die Wut in mir hochkochen, denn wenn ich eins hasse, dann, dass man mich nur wegen meinem Glauben vorverurteilt. "Ihr werdet schon noch sehen, was ich für ein Partygirl bin.", murre ich. Und das meine ich ernst.
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let me be your baby
RomanceSeit Isabella denken kann, sucht ihre Mum sich neue Männer. In der Regel bleiben die nicht lang und sind nach spätestens einem Jahr wieder weg - doch diesmal scheint es etwas Ernstes zu sein. Isabella muss wohl oder übel mit ihrer Mum zum neuen Lieb...