fünfunddreißig

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Schließlich kommt die Polizei. Es sind zwei Beamte und ich stelle erleichtert fest, dass auch eine Frau dabei ist. Sie lächelt mich beruhigend an. Luke hat auf einem Stuhl neben dem Bett Platz genommen und die Polizeibeamten setzen sich uns gegenüber hin.

"Isabella, richtig?", fragt der Mann. Ich nicke. "Ich bin Mike und meine Kollegin hier heißt Joanne."

Ich nicke und zwinge mich zum Lächeln. Dann deute ich auf Luke. "Das ist Luke, mein Stiefbruder. Er würde gerne dabei sein, wenn das okay ist. Er hat das gestern mitbekommen."

Luke nickt ihnen zu.

"Natürlich.", sagt Joanne. "Das ist sogar sehr gut." Sie räuspert sich. "Wir würden gerne mit dir über den Vorfall reden und zunächst deine Aussage aufnehmen. Wir können dich beraten, wie du am Besten weiter vorgehst und was deine Möglichkeiten sind. Ist das okay?"

"Klar.", sage ich, auch wenn mir bei dem Gedanken wieder mulmig wird.

"Okay, dann würden wir dir gerne erst einmal ein paar Fragen stellen.", sagt Mike. Er hat eine angenehme, beruhigende Stimme. Langsam, leise und tief. "Magst du mal aus deiner Sicht möglichst genau erzählen, was gestern passiert ist?"

Ich versuche, den Kloß in meinem Hals herunter zu schlucken. Das ist genau der Teil, vor dem ich mich so gefürchtet habe: alles bis ins Detail schildern zu müssen. "Am Anfang war die Party ganz normal. Ich schätze, es war etwa ein oder zwei Uhr, als ich den letzten Cocktail getrunken habe. Ich bin alleine zur Bar gegangen und habe dort einen für mich und meine Freundin geholt. Aber mir ist nichts aufgefallen."

"Hast du den Cocktail zwischendurch irgendwo abgestellt?"

Genau das ist der Punkt, über den ich auch schon nachgedacht habe, aber ich schüttele den Kopf. "Nein. Ich kann mich zumindest nicht erinnern. Aber es war ein ziemliches Gedränge und ich habe sicher nicht immer hingesehen."

"Und deine Freundin? Ging es ihr auch so wie dir, nachdem sie getrunken hat?"

"Nein. Ihr ging es ganz normal."

"Das heißt, die Täter müssen gewusst haben, welche Cocktail du trinkst. Oder sie haben es drauf ankommen lassen.", stellt Joanne fest.

Ich zucke mit den Schultern. "Ich würde ihnen beides zutrauen."

"Okay. Wie ging es dann weiter?"

"Naja... Ich bin zurück zum Lagerfeuer gegangen und zunächst ging es mir ganz normal... Irgendwann wurde mir dann übel und schwindlig. Ich war mir nicht sicher, ob es vielleicht am Alkohol liegt, aber eigentlich habe ich mir schon gedacht, dass es das nicht sein kann."

Mit einem Nicken fordert mich Mike auf, weiter zu sprechen.

"Dann fehlt mir ein ganzes Stück. Ich weiß nicht mehr, wo ich hingegangen bin und wie ich dort gelandet bin. Jedenfalls waren da dann die vier Typen."

Joanne wendet sich Luke zu. "Was weißt du dazu? Hast du etwas mitbekommen und wo hast du sie später gefunden?"

"Ich habe nicht gesehen, wie sie dorthin gekommen ist. Ich habe mich nur irgendwann gewundert, als sie nicht zurückkam und da hatte ich ein ungutes Gefühl. Ich habe meine Freunde informiert und wir sind sie dann zu fünft suchen gegangen. Sie war ein ganzes Stück weiter den Strand herunter. Dort, wo die Promenade beginnt, hinter der Absenkung. Deshalb konnte man sie gar nicht sehen. Aber man hat, als man ein Stück von der Party entfernt war, ihre Stimmen gehört."

Joanne nickt. "Okay, das ist eine gute Information. Isabella, was waren das für Typen? Woher kanntet ihr euch?"

Ich schlucke. Meine Stimme klingt zittriger als zuvor. "Es waren vier Jungs von meiner Schule. Louis, Josh, Noah und Matt. Louis und Josh sind in meiner Stufe, die anderen nicht. Ich wohne noch nicht lange hier, erst ein paar Wochen. An meinem ersten Schultag sind sie schon einmal... übergriffig geworden. Aber nicht so. Seitdem haben wir uns ein bisschen angelegt. Sie hatten es einfach von Tag eins auf mich abgesehen."

let me be your babyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt