3.

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Zum wiederholten Mal drücke ich auf die Klingel.
Niemand öffnet.
Das kann doch nicht wahr sein!
Ich habe Dad vorhin am Telefon zweimal klar und deutlich gesagt, dass ich um halb drei Zuhause sein werde.

Ein letztes Mal drücke ich auf den Klingelknopf und lausche dem hypnotisierenden Glockenton, der durchs Haus hallt.
Ich wende mich von der Tür ab und schlinge die Arme um mich. Der Regen hat zwar aufgehört, doch es ist furchtbar kalt und meine Jeans zu dünn, um stundenlang vor der Haustür zu stehen und auf Rettung zu warten.

Ich wende mich von der weißen Tür mit Messinggriff ab und damit auch von meinem enttäuschenden Spiegelbild.
Heute ist wirklich nicht mein Tag und das kann man mir ansehen.
Planlos schaue ich mich um, überlege, ob ich in Dads Garage einbrechen kann, da höre ich, wie die Türklinke heruntergedrückt wird.

Ich wirble erleichtert herum.
Mein Bruder steht mir mit verschlafenem Gesicht und einem XXL-T-Shirt von einer dieser schrecklichen Rockbands, die furchtbare Fratzen ziehen, gegenüber.

Sein schwarz gefärbtes Haar hängt ihm in den Augen und ich würde es ihm am liebsten aus der Stirn streichen.
Wenn es nach mir gehen würde, würde ich zu einer Schere greifen und ihm die viel zu langen Strähnen einfach abschneiden.

"Gott sei Dank, ich dachte schon, niemand ist zu Hause! Ist Dad nicht da?"
Ich stürme an ihm vorbei und reibe meine eisigen Hände aneinander.
"Sieht es so aus, als wäre er da?", brummt Ben und wirft die Haustür mit ein bisschen zu viel Schwung zu.

"Er befindet sich in einer Telefonkonferenz, also kein Grund hier einfach Sturm zu klingeln!", äfft er die Stimmlage unseres Vaters nach.
Ich muss schmunzeln und schäle mich etwas widerwillig aus meinem warmen Mantel.
"Du siehst irgendwie ziemlich fertig aus", merkt Ben an.
Er tritt einen Schritt auf mich zu.

Ich weiche augenblicklich zurück und halte die Luft an.
"Und du solltest vielleicht mal wieder duschen!"
"Sogar dein Mascara ist verlaufen, es muss ein besonders beschissener Tag gewesen sein ... Fuck."
Ich will ihn fragen, ob er high ist, doch ich vermute, dass ich die Antwort darauf bereits kenne.

"Wenn ein gewisser jemand mein Auto nicht ungefragt genommen hätte, dann wäre es heute Morgen vielleicht noch angesprungen und ich hätte einen ganz normalen Tag haben können."
Plötzlich kocht die Wut in mir hoch, die ich heute früh noch empfunden habe.
"Ich glaube, ich will gar nicht wissen, was du schon wieder mit meinem Mini gemacht hast!"

Ich stoße ein Knurren aus, als Ben mir völlig regungs- und emotionslos gegenübersteht.
"Ich hab noch Pizza da, willst du welche?"
Ein Schrei bahnt sich in meiner zugeschnürten Kehle den Weg nach oben.
Wie kann ein einzelner Mensch, so taub und innerlich abgestumpft sein?

Ich balle meine Fäuste und schließe die Augen, atme einmal tief durch und suche nach meiner antrainierten Fassung.
Als sich mein Blickfeld wieder scharf stellt, seufze ich.
"Gerne."
Meine Stimme ist höher als sonst, angespannter.

Benno dreht sich schwungvoll um und schlurft in die Küche.
Sehnsüchtig blicke ich die Treppe in den ersten Stock hoch und wünschte, ich könnte mich jetzt einfach in meinem Bett zusammenrollen.
Als ich die Küche betrete, stopft sich Ben ein Stück Pizza in den Mund und starrt gebannt auf sein Handy.

Ich verdrehe die Augen, erinnere mich aber im gleichen Moment, dass mein Handy jetzt in den Händen eines Fremden ist.
Ich versuche mich an seine Hände zu erinnern. Waren sie groß? Haben sie mich berührt?
"Willst du jetzt was, oder nicht? Sonst esse ich sie allein."
Ben wippt mit seinem nackten Fuß gegen das Gestell des Barhockers, auf dem er lungert.

Seine braunen Augen heben sich kaum von dem hellen Bildschirm vor ihm.
Etwas widerwillig greife ich in den Pappkarton.
Meine Füße schmerzen, außerdem spüre ich, wie sich ein Pochen in meinem Schädel ankündigt.
Auch ich hieve mich auf einen der Barhocker, die perfekt zu der blau-weißen Kücheneinrichtung passen.

almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt