Ein Röcheln ist hinter uns zu hören.
Ich springe vom Stuhl auf und eile zum Bett.
Jace ist aufgewacht und zerrt an seiner Maske herum, dabei schlagen die Kabel und Schläuche, mit denen er vernetzt ist, gegen das Bettgestell.
"Ganz ruhig! Warte, ich mache das."Seine Lippen unter dem Plastik sind blau. Vorsichtig ziehe ich das elastische Band über seinen Kopf.
"Da bist du ja wieder", erklingt seine heisere Stimme.
Ich lege meine Hand an seine Wange.
Ein Grinsen schleicht sich auf sein Gesicht.
"Und dann auch noch in meiner Lieblingsjeans."Die Röte, die sicherlich noch auf meinen Wangen liegt, nimmt noch einmal Fahrt auf. Ich lasse mich von ihm auf die Bettkante ziehen.
"Ist in der Wohnung alles in Ordnung?"
Als ob ihn das interessieren würde. Ich nicke."Komm schon, rede mit mir. Wie sieht es aus? Hast du deine Sachen wieder einfach im Badezimmer liegen lassen?"
Mühsam richtet er sich auf und ich schüttele lächelnd den Kopf. Erst beim zweiten Versuch, schaffen es seine Ellenbogen sein Gewicht aufrecht zu halten."Es sieht aus, als wären wir gerade zum Einkaufen aufgebrochen", sage ich mit belegter Stimme, meine Augen ertrinken in seiner Tiefsee. "Deine Mütze lag noch im Wohnzimmer. Und natürlich befinden sich meine dreckigen Klamotten jetzt auf dem Boden vor der Dusche, wenn du wieder nach Hause kommst, musst du sie in die Waschmaschine tun."
Tränen glitzern in seinen Augen, genau wie in meinen.
"Du hast geschlafen wie ein Stein. Hast du uns nicht reden hören?", wechsle ich das Thema und schlucke den Kloß in meinem Hals.
Jetzt schüttelt er den Kopf, streicht sich die Haare aus der Stirn.
"Das sind die Medikamente, die ziehen dir den Boden unter den Füßen weg."Er spielt an der Maske herum. Eigentlich soll er sie nur absetzen, wenn er sich übergeben muss oder Panik darunter verspürt. Aber daran hat er sich seit der ersten Minute nicht gehalten.
"Wie ist die Luft draußen?", fragt er leise.
"Es riecht nach vermodertem Laub und Abgasen. Und nach Regen. Du weißt schon, diese Art von schwerem Regen, der vom Mendota Lake kommt."Jace lächelt verschlafen. Er weiß, welchen Regen ich meine.
Stuhlbeine kratzen über den Boden. Ich drehe mich um, um Isabell und Margret zu sehen, die ihre Sachen zusammenpacken.
"Wir machen mal eine Pause", sagt Isabell und legt ihrer Mutter einen Arm um die Schulter, bevor sie die Tür hinter sich schließen.Jace schaut den beiden hinterher.
"Ich werde sie vermissen ... Eigentlich habe ich sie viel zu lange vermisst."
Meine Hand auf der Bettdecke verkrampft sich.
Grüne Augen wandern von der Tür zu mir. Sein Grübchen unter dem linken Mundwinkel erscheint.
"Dank dir muss ich sie jetzt nicht mehr vermissen. Danke, meine Gewinnerin."Er betrachtet mein frisch gewaschenes Haar, wie es über meine bebenden Schultern fällt.
Ehe ich mich versehen kann, zieht er mich an sich, mein Gesicht wieder an seine Brust gepresst.
"Soll ich nicht lieber ..."
Ich versuche mich aufzurichten, will ihm das Atmen nicht noch schwerer machen, doch er hält mich fest, lässt seine Finger über meine Kopfhaut gleiten. Er weiß, wo mein Lieblingsplatz ist. Genauso wie er weiß, wie sehr ich diesen vermisst habe, als Margret und Isabell im Raum waren.So selbstsüchtig und unfair es Margret und Isabell gegenüber auch ist, ich möchte Jace für mich allein haben.
Ich bin es kaum anders gewöhnt, es gab nur ihn und mich. Und ausgerechnet jetzt, zum Abschied, haben wir nicht mehr unsere vertraute Zweisamkeit und Ruhe. Ich hasse mich für diese Gedanken, aber sie sind meine Wahrheit."Ist es nicht traurig?", unterbreche ich nach einer Weile die Stille. "Alle die guten Liebesgeschichten enden auf tragische Weise."
Ich schließe die Augen und lausche seinem Herz, mein Zeigefinger malt die Umrisse des Schmetterlings nach.
DU LIEST GERADE
almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔
RomanceIch war immer die brave Vorzeigetochter, die verzweifelt versuchte, ihre zerrissene Familie wieder zusammenzubringen. Ich bin meinem vorgezeichneten Weg gefolgt, ohne nach links und rechts zuschauen. Bis mir meine Handtasche entrissen wurde und dies...