48.

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Ich glaube, an diesem Tag wäre ich nie wirklich bereit gewesen, mich von Jace zu verabschieden. Und genau deswegen bin ich ihm dankbar, dass er mir den schweren, ersten Schritt abnimmt und sich erhebt.
Ich komme neben ihm auf die Füße und streiche meine Haare hinter die Ohren, die immer wieder vom Wind in mein Gesicht geweht werden.

Jace schiebt seine Hände in die Taschen seiner Jeans und sieht mich an.
Ich kaue auf meiner Unterlippe, unfähig mich in Richtung Parkplatz zu bewegen.
Ich will mich nicht von ihm trennen. Ich will ihn nicht alleine lassen.
Verdammt, wenn ich jetzt in seine Augen blicke, will ich nur eins.

Ich will seine Lippen auf meinen spüren.
Bei dem Gedanken, an seinen Körper, gepresst gegen meinen, meine Hände in seinen Locken, muss ich die Augen niederschlagen. Alles, was ich tun würde, wäre es, ihn zu fühlen und zu schmecken.
Diese Vorstellungen sind anders, wenn Jace nicht direkt vor mir steht. Sie sind weniger intensiv, wenn ich seine Blicke nicht auf mir spüre.

Mir entweicht jegliche Luft auf meinen Lungen, als plötzlich zwei Hände nach meinen Hüften greifen.
Jace zieht mich an sich. Als meine Brust seine berührt, lassen seine Hände von mir ab und er schlingt die Arme um mich.

Ich seufze auf und lehne mich in die Umarmung, vergrabe mein Gesicht in seinem Pullover.
Er riecht nach ihm. Moschus, Wald und Rauch.
Ich möchte auch nach ihm riechen.
Ich schmiege meine Wange an seine Brust, wandere ein kleines Stückchen, bis ich die Stelle erreiche, nach der ich gesucht habe.

Ich schließe die Augen und lausche auf seinen Herzschlag unter mir.
Ganz langsam habe ich eine Hand und lege sie daneben.
Jace wird weich unter meiner Berührung und ich schmunzle in den dunkelbraunen Stoff, der seine Haut von meiner trennt.

Das hier ist möglicherweise besser als ein Kuss. Aber auch nur möglicherweise.
Seine Arme sind hinter meinem Rücken gekreuzt, pressen mich in seinen Thorax.
Ich könnte schläfrig werden, hier in seinen Armen.
Er ist warm und sicher und beruhigend.

Mit meiner anderen Hand, die an seinem unteren Rücken liegt, kralle ich mich in den abgetragenen Stoff. Er soll es ja nicht wagen, mich loszulassen.
Er darf mich nicht loslassen. Nie wieder.
Doch er tut es.

Seine Arme fallen von mir und die kühle Atmosphäre der Realität nimmt den Platz seiner Wärme ein.
Ich blicke zu ihm auf und lächle müde. Nicht weil ich schläfrig geworden bin, sondern weil ich ermüde, bei dem Gedanken an das stille Haus in der Mitte der Straße, mit all den anderen weißen Häusern und Zäunen und den toten Fenstern.

"Kommst du?", fragt er und deutet mit dem Kopf die Richtung an, aus der ich gekommen bin.
Er weiß, dass ich auf dem Parkplatz stehe.
Er weiß, dass ich nicht gehen will, dass ich viel lieber den nächsten Regen unter den Eichen überdauern will.

Aber er weiß auch, dass ich nicht das tun kann, was ich will.
Ebenso wenig wie er selbst.
Ich stoße innerlich einen Fluch aus und remple Jaces Arm im Vorbeigehen an.
"Spielverderber", ziehe ich ihn auf und schlurfe durch das hohe Gras.

Jace hinter mir lacht auf.
Wir überqueren die weitläufige Wiese in einem viel zu schnellen Tempo.
Die Fußball spielenden Kinder sind nicht mehr da. Ich habe nicht mitbekommen, wann sie gegangen sind, von ihren Eltern abgeholt wurden.

Das junge Paar mit der Picknickdecke ist auch verschwunden.
Das plattgedrückte Gras und eine leere Flasche sind alles, was an ihren Aufenthalt erinnert.
Als ich harten Asphalt unter meinen Füßen spüre, beiße ich auf meine Wange.

"Ich will nicht nach Hause."
Die Sonne verfängt sich zwischen den niedrig hängenden Zweigen eines Kirschbaums.
Ich blinzle in das Licht und realisiere, wie viel Zeit vergangen sein muss, seitdem ich den Park betreten habe.

"Du musst aber", sagt Jace leise und fährt mit seinem Finger über meine Schläfe.
Alles in mir zieht sich zusammen. Mein Ohr fängt an zu kribbeln.
"Wer sagt eigentlich, dass ich muss?"
Ich lege den Kopf schief und tauche in seine Augen, lasse mich von ihrem Grün verschlucken und hoffe, nie wieder auftauchen zu müssen.

Es wäre in Ordnung, hier so zu stehen - für immer.
Jace zuckt mit den Schultern und tastet mein Gesicht mit seinen Blicken ab.
Unter seinen dunklen Augenbrauen wirkt sein Blick beinahe bedrohlich.
Aber ich weiche nicht zurück, viel mehr trete ich wieder näher an ihn heran, fixiere wieder die Schulter, an der sich ein Tattoo befindet.

Seine Haut über dem Schlüsselbein sieht so weich aus.
"Ich sage, dass du gehen musst."
Mit diesen Worten dirigiert er meine Aufmerksamkeit erst zurück zu seinen Lippen, dann zu seinen Augen.

"Und wer sagt, dass ich auf dich höre?"
Keck recke ich ihm mein Kinn entgegen, in der Hoffnung, dass er es greifen würde.
Jaces Mundwinkel hebt sich und er schaut amüsiert auf mich herab.
"Ich glaube, alleine unser Größenunterschied ist aussagekräftig genug, oder?"

Ein provozierendes, verspieltes Funkeln tritt in seine Augen.
Verdammt. Es scheint noch eine weitere Seite von Jace Brighton zu geben.
Ich schlucke, halte seinem Blick aber stand, obwohl alles in mir nachgeben will.
Diese Genugtuung würde ich ihm nicht gönnen.

Ich grinse zu ihm hoch.
"Leere Worte schüchtern mich nicht ein, mein Lieber."
Ich sehe wie Jace seine Wangen einzieht und kurz überlegt. Er blickt über die Schulter und als er wieder zu mir herunterschaut, hat er diesen teuflischen Ausdruck in den Augen, den ich schon einmal in der Unterführung erahnt habe.

Kurzerhand findet seine Hand wieder meine Hüfte, doch dieses Mal zieht er mich nicht an sich.
Er umschließt sie, fest. Und dann habe ich plötzlich keinen Boden mehr unter den Füßen und hänge kopfüber über seiner Schulter.
"Lass mich sofort runter", kreische ich lachend und schlage ein paar Mal auf seinen Rücken ein.

Doch durch mein Lachen ist alle Kraft aus meinem Körper entwichen und ich bezweifle, dass er einige meiner Schläge überhaupt wahrnimmt.
"Wo steht dein Wagen?"
Jaces tiefe Stimme lässt mich die Augen zusammenkneifen.

"Neben der Hecke, der weiße Mini", versuche ich so gefasst wie möglich zu sagen.
Alles, was mich davon abhält mit dem Gesicht zuerst auf dem Asphalt aufzukommen, ist Jaces Unterarm, der sich in meine Kniekehlen drückt und mich im Gleichgewicht hält.
"Endstation, my Lady."

Ich rutsche an ihm herunter, sehe dank meiner Haare im ersten Moment, in dem ich wieder aufrecht stehe, gar nichts.
Jace hat sich mit einem Arm neben der Fahrertür aufgestützt, hält mich gefangen. Er könnte nichts Besseres tun.

"Neu?", fragt er dann und legt die Stirn kaum merklich in Falten.
Verlegen betrachte ich mein Auto.
"Ja. Ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk."
Meine Stimme macht ihm hoffentlich deutlich klar, was ich davon halte.

"Geburtstag?"
Ich nicke.
Wir schweigen uns an.
Seine Augen huschen über mein Gesicht, er wartet auf eine Antwort, aber ich schweige.

"Einsteigen", unterbricht er dann die Stille und gibt mir zu verstehen, dass unsere heutige Zeit endgültig abgelaufen ist.

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Song: Unsaid - Chris Lanzon 

We're about to hit 7k! DAMN!

Leute ..... *laaange Pause* .... das hier wird meine längste Geschichte, ever! I can already tell! again: DaMN

oh! and i hope u liked this chapter hrhrhr ;) hier von wird es bald - AH hätte ich da eben fast .... tststss

Feel hugged! <3

All my Love,
Lisa xoxo

almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt