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"Hey, warte mal!"
AJs Hand umfasst meinen Oberarm und zieht mich zurück.
Als ob mein Morgen heute schon nicht schlimm genug gewesen ist. Alles hat damit angefangen, als ich Kaffee über meine weiße Hose gekippt habe und dann meine Autoschlüssel nicht finden konnte.
Und jetzt schaue ich in AJs braune Augen und sehe die tiefe Sorgenfalte auf seiner Stirn.

Wir haben nicht mehr miteinander geredet, seitdem er im Club von Jace erfahren hat.
Na ja, nicht von Jace direkt, aber von dem Freund, den ich laut Jess habe.
Ich frage mich wirklich, was Jace und ich sind. Mein Ich-liebe-dich hat er bis heute nicht erwidert und ehrlich gesagt, macht mich der Gedanke daran wahnsinnig.
Habe ich es doch überstürzt? Sollte ich ihn darauf ansprechen?

"Erde an Träumerin! Manchmal habe ich echt das Gefühl, dass du mich siehst und abschaltest. Was verdammt noch mal ist denn los?"
Ich seufze und umfassen den Gurt meiner Tasche ein bisschen fester. Für einen Moment schaue ich einfach nur in seine Augen mit den hellen Stellen darin und frage mich, was er über mich denkt. Ein Gang der Edgewood ist vielleicht nicht der beste Ort, um diese Konversation zu führen.

Seine rechte Hand taucht neben meinem Kopf auf und er zieht spielerisch an einem meiner Zöpfe.
"Jetzt spuck's schon aus. Ich bin dir auch nicht mehr böse. Na ja ... jedenfalls nicht mehr ganz so sehr."
Er lacht verlegen.
"Du hast dazu aber jedes Recht. Ich war in letzter Zeit wirklich eine miserable Freundin."

Ich blicke zu Boden.
"Ich glaube, dass du die ganze Wahrheit nicht wirklich gut aufnehmen wirst ...", spreche ich lauf aus, was ich für einen Fakt halte.
"Nur weil du jetzt einen Freund hast, muss sich doch nichts zwischen uns ändern, oder?"
Jetzt lache ich auf.

"Ich glaube doch, denn ... du wirst ihn nicht mögen."
"Kannst du aufhören in Rätseln zu sprechen?"
Ich warte ab, bis die kleine Gruppe von tuschelnden Mädchen endlich an uns vorbeigezogen und somit außer Hörweite ist.
Ich blicke in seinen Augen, aus denen er sich gerade eine blonde Strähne streicht.

"Es ist der Typ, der mir meine Handtasche geklaut hat."
AJ sieht mich für einen Moment an, ohne eine Miene zu verziehen, so als hätte ich eben kein Wort über meine Lippen gebracht.
Dann zuckt seine linke Gesichtshälfte.
"Was?", schneidet seine Stimme die Stille zwischen uns.

"Reg dich bitte nicht auf! Er ist kein Penner und ich habe keine Lust auf deine Vorurteile. Ich mag ihn wirklich. Aber ... zusammen sind wir nicht. Jedenfalls glaube ich das nicht, also wir haben noch nie darüber geredet."
AJ schüttelt seinen Kopf so sehr, dass ich für einen Moment nur fliegende blonde Haare sehe.

"Sag das noch mal. Der Taschendieb hat dich um seinen Finger gewickelt und du bist auch noch darauf reingefallen?!"
Wir ziehen Blicke auf uns und ich greife nach seinem Arm, flehe ihn an, leiser zu reden.
"Du kennst ihn nicht, AJ. Ich mag ihn wirklich, bitte. Du hast doch eben gesagt, dass sich nichts zwischen uns ändern wird."

"Ja, aber das ändert alles", protestiert er und zeigt auf mich. "Weiß dein Vater davon?"
"Was soll das denn bitte heißen?"
Mein Magen zieht sich zusammen und mir wird augenblicklich schlecht. AJ würde es nicht wagen, diese Karte gegen mich auszuspielen, oder?
"Ophelia, das ... das ist Wahnsinn. Wer auch immer der Typ ist, aber ihr kommt aus zwei verschiedenen Welten, die sich nicht miteinander vereinbaren lassen! Und ich will auch gar keine Details über ihn erfahren", unterbricht er meinen Versuch, etwas zu sagen.

"Jemand, der einen Handtasche aus den Händen einer jungen Frau reißt, hat bei mir schon verloren, bevor ich ihn das erste Mal zu Gesicht bekomme."
Sein böser Blick erspart mir die Frage, ob die dieses Mal wirklich böse auf mich ist. Er ist es.
Zum ersten Mal kann ich seine Emotionen klar und deutlich erkennen.
AJ ist wütend. Richtig wütend.

Und ich habe Angst, dass er gleich irgendetwas Dummes macht, also greife ich nach seinem Band-T-Shirt und ziehe ihn in den leeren Vorlesungsraum neben uns.
"Jetzt hörst du mir mal zu!", zische ich bestimmt.
"Ich habe es satt, dass die ganze Welt meint, mir sagen zu können, was gut für mich ist und was nicht. Ich treffe meine eigenen Entscheidungen und du kennst Jaces Geschichte nicht!"

AJ lacht freudlos auf und wendet entnervt den Blick ab.
"Oh, er hat eine Geschichte. Natürlich. Jeder Bettler hat eine."
"AJ!"
Ungläubig sehe ich den Jungen vor mir an.

"Okay, mach, was du willst, aber komm danach nicht zu mir angelaufen, wenn er dich verletzt. Du hast was Besseres verdient."
Er blickt einmal an mir hoch und runter und wendet sich zum Gehen.
"Warte!"

Er bleibt tatsächlich stehen, dreht sich aber nicht zu mir um.
"Wenn du mich jetzt bitten möchtest, die Klappe zu halten und dein schmutziges Geheimnis für mich zu behalten, keine Sorge. Ich werde einfach vergessen, dass dieses Gespräch je stattgefunden hat."
Nach diesen messerscharfen Worten geht er.

Dein schmutziges Geheimnis. Jace ist alles andere als das.
Glaubt AJ wirklich, er hat das Recht so über andere zu urteilen, nur weil seine Eltern Anwälte sind?
Ich lockere den Griff um meine Tasche und versuche durchzuatmen.
Eigentlich habe ich mit keiner anderen Reaktion gerechnet.

AJ ist ein herzensguter Mensch. Solange alles und alle in seinem Umfeld einem bestimmten Bild entsprechen.
Er hat schon immer auf die unteren Schichten unserer Gesellschaft mit gerümpfter Nase heruntergeblickt.
Jess musste sich ja auch ausgerechnet vor ihm verplappern.

Ich schreibe meiner besten Freundin eine kurze Nachricht, um sie vor der Stimmung zwischen AJ und mir vorzuwarnen und um ich gleichzeitig dafür zu danken.
Dann wappne ich mich für meine letzte Vorlesung an diesem Tag und bete, dass ich AJ nicht mehr begegne.
Jedenfalls nicht mehr heute. Denn ich weiß nicht, ob ich dann noch an mich halten könnte.

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Song: affection - BETWEEN FRIENDS

Tja... manchmal zeigen Menschen ihr wahres Gesicht, wenn du ihnen etwas verweigerst oder wenn du etwas tust, dass ihnen nicht gefällt ....

heute Abend muss ich noch 2 Kapitel für meine "Abwesenheit" schreiben, wup drückt mir die Daumen, dass das was wird xD

Eigentlich sollte ich heute packen, aber! das Wetter soll so meh werden and i hate that. Ich will einfach nur Kleider tragen und jetzt muss ich überlegen, welche Jacken ich einpacke und was eventuell zu dünn sein könnte. I hate Germany, okay i said it.

All my Love,
Lisa xoxo

almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt