Mein Kopf brummt und scheint über Nacht eine Tonne an Gewicht zu gelegt zu haben.
Nur mühsam kann ich mich aus dem Bett rollen.
Der Teppich unter meinen Füßen fühlt sich seltsam komisch an. Es ist nicht mein Teppich. Es ist mein Kleid von letzter Nacht.
Mit dem rechten Fuß kicke ich es unter mein Bett.Fluchend begegne ich meinem Blick im Schminkspiegel.
Meine Augen sind klein und geschwollen, umrahmt von verschmiertem Eyeliner und Lidschatten.
Meine Lippen sind trocken und rissig und meine Haare ... die will ich mir lieber gar nicht weiter ansehen.Es ist bereits später Vormittag und das Haus ist ruhig, ein Zustand, der mit Tante Jennifers Besuch tatsächlich nicht mehr ganz so häufig eintritt.
Ich schnappe mir frische Sachen aus meinem Schrank und husche ins Bad. Kurz bevor ich eintrete, halte ich inne und blicke zu Bens geschlossener Zimmertür.Mein Vater hat in der Nacht auf meine Wiederkehr gewartet, Mom war auch noch wach. Aber Bens Abwesenheit haben sie scheinbar nicht bemerkt.
Wann ist er wieder nach Hause gekommen? Befindet er überhaupt hinter dieser Tür?
Beinahe drehe ich um, um mich zu vergewissern, dass er Daheim und am Leben ist.
Doch ich stoppe mich und verschwinde im Bad.Mit frisch gewaschenen Haaren, geputzten Zähnen und einem sauberen Gesicht setze ich mich wenig später an den Esstisch zu meiner Familie.
Mein Bruder sitzt mir schräg gegenüber und er sieht besser und weniger mitgenommen aus als ich. Er hat nur leichte Augenringe und seine zusammengepressten Lippen benötigen keine Vaseline, um feine Risse zu pflegen.Als er meinen prüfenden Blick bemerkt, schüttelt er sein langes Haar wie einen schwarzen Vorhang vor sein Gesicht.
Ich unterdrücke ein Augenverdrehen und werfe Tante Jennifer ein schnelles Lächeln zu, die sich gerade auf dem Stuhl neben Ben niederlässt."Na meine Kleine, wie war dein Abend gestern? Deine Eltern haben ja so getan, als würdest du eine Weltreise unternehmen."
Lachend schüttelt sie den Kopf.
Zu meiner Überraschung drück Mom ihr Kreuz nicht durch und sie wirft ihrer Schwester auch keinen strafenden Blick zu. Im Gegenteil, sich lächelt verlegen und schlägt den Blick nieder.Ich lehne mich ungläubig über den Tisch, um einen besseren Blick auf sie zu erhaschen.
"Du gedenkst aber nicht solche Nächte zur Gewohnheit werden zu lassen, oder?", reißt mich die brummende Stimme meines Vaters aus meinen Beobachtungen.
Selbst während eines familiären Mittagessens trägt er ein gebügeltes Hemd mit silbernen Manschettenknöpfen.Mirella taucht neben mir auf und füllt mein Wasserglas. Ich spüre ihre Hand zwar nur für eine Sekunde an meinem Rücken, aber sie gibt mir die Kraft, die ich brauche, um meinem Vater mit meinen verquollenen Augen anzusehen.
"Warum nicht? Wenn es mir Spaß gemacht hat."Ben gibt ein schnaubendes Lachen von sich.
"Hat es das denn, Liebling?", fragt meine Mutter aufrichtig.
Tante Jennifer sieht mich aufmunternd an. Das alles kommt mir wahnsinnig abstrakt vor. Hier an diesem gedeckten Tisch mit der weißen Tischdecke und dem Blumenstrauß in der Mitte zu sitzen und über meinen Samstagabend zu reden, als ob wir das jeden Sonntag so tun würden.Ich räuspere mich und visiere Ben an.
"Es war ein schöner Abend, wäre da nicht dieser eine Zwischenfall gewesen ..."
Mein Schweigen lässt den missmutigen Jungen aufblicken. Braune Augen blitzen durch seine langen Strähnen hindurch.
Ich lasse ihn zappeln, quäle ihn ein bisschen länger als nötig, indem ich nicht gleich auf die Nachfrage, was denn passiert sei, antworte."Ach, nur so ein schmieriger Typ, der uns anmachen wollte", winke ich ab und nehme einen Schluck Wasser.
Mom räuspert sich verlegen und greift ebenfalls zum Glas. Erst jetzt fällt mir auf, dass Alkohol am Tisch fehlt.
Sollte es Jennifer tatsächlich gelungen sein, auf offene Ohren gestoßen zu sein?
Konnte sie dem Hausherren erklären, dass die ständige Versuchung des süßen Alkohols meine Mutter bei ihrem Unternehmen, trocken zu bleiben, nicht gerade unterstützt?
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almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔
Lãng mạnIch war immer die brave Vorzeigetochter, die verzweifelt versuchte, ihre zerrissene Familie wieder zusammenzubringen. Ich bin meinem vorgezeichneten Weg gefolgt, ohne nach links und rechts zuschauen. Bis mir meine Handtasche entrissen wurde und dies...