9.

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Entnervt schlage ich mein Mathebuch zu.
Für heute habe ich mir eine Pause verdient. Ich lerne schon den ganzen Tag Formeln und ich bin mir zu dieser späten Stunde sicher, dass keine weitere in meinem Kopf passt.
Ich lege das verhasste, gebundene Papier auf einem Stapel Lehrbücher neben meinem Bett ab.

Ich strecke mich einmal ausgiebig und greife meinen Kakao vom Nachttisch.
Den ganzen Samstag habe ich mit nichts anderem verbracht, außer lernen.
Zeit für eine Serie.
Ich brauche mich nur vorzulehnen, um meinen Laptop von der Bettkante zu ziehen.

Solche faulen Tage, an denen ich nur lerne, nutze ich schamlos aus, mache keinen Finger unnötig krumm.
Ich starte Folge fünf und werde von meinem Handy unterbrochen.
Planänderung! James Eltern kommen früher als geplant von ihrer Geschäftsreise wieder, die Party findet JETZT statt!', scheint mir vom Display entgegen.

Dann würde die verdammte Party eben wie immer ohne mich stattfinden.
So wie ich jetzt aussehe, kann ich unmöglich innerhalb kurzer Zeit auf einer Party auftauchen.
Meine Haare sind zu einem unordentlichen Dutt zusammengefasst und meine Füße stecken in grau-weißen Kuschelsocken.

Nächstes Mal, ich kann nicht, antworte ich rasch.
Ophelia Rosethorn, lass mich nicht wütend werden! Es ist Samstagabend und die Gala ist erst nächste Woche. Du hast nichts zu tun.'
Ich kann mir AJ gerade bildlich vorstellen, wie er mit vor Ärger zusammengepressten Lippen auf sein Handy eintippt.

'Nein heißt Nein.'
Ich schleudere mein Handy ans Fußende und hole tief Luft.
Warum fühle ich mich jedes Mal schlecht, wenn ich mich in meinem Zimmer verkrieche?
Ich hätte doch genauso gut schreiben könne, dass ich vorbeikomme.

Ich starre auf den eingefrorenen Bildschirm meines Laptops.
Die Unterwelt verschwimmt langsam vor meinen Augen und ich kaue an meinem Daumennagel.
Blitzschnell, wie vom Teufel persönlich besessen, setze ich mich auf und hechte zu meinem Handy.
Meine Finger fliegen über die Tastatur.

'Okay, überredet.'
Ich knie in meinem Bett, vereinzelte blonde Strähnen fallen in meine Stirn und ich warte auf die drei grauen Punkte im Chat mit AJ.
'Yes!!! Beeil dich!'
Ich schlage die Hände über mein Gesicht und lache.

Scheiße. Was habe ich gemacht?
Das bedeutet, ich muss Dads Auto klauen, um zu James zu fahren. Den Weg kann ich unmöglich in angeforderter Zeit zu Fuß zurücklegen.
Ich schaue mich erschrocken und mit roten Wangen aus dem Spiegel meines Schminktisches an.

Nach einem Schluck kaltem Kakao rolle mich aus dem Bett und stelle mich vor den Kleiderschrank.
So schnell ich kann, tausche ich meine Jogginghose und das alte Shirt gegen eine enge, schwarze Hose, ein babyblaues T-Shirt und eine Lederjacke.

Meine hektischen Finger kämpfen mit den Verschlüssen der Silberketten.
Dazu noch ein paar Ringe, Rouge und Lippenstift und ich bin fertig!
Das kühle Silber an meinem Hals fühlt sich beruhigend und erdend an.
Zufrieden betrachte ich mein Werk.

Mit meinen Converse in der Hand schleiche ich den dunklen Flur entlang.
Aus Dads Büro fällt ein goldener Lichtschein auf den Teppich. Genau dort wird er die ganze Nacht verbringen und sich mit internationalen Kunden auseinandersetzen.
Er wird sein entwendetes Auto nicht vermissen, rede ich mir ein.

Kurz vor der Haustür halte ich inne.
Sollte ich ihm nicht doch Bescheid geben?
Doch meine Hand hat die Klinke bereits heruntergedrückt und der kalte Nachtwind weht um meine nackten Knöchel.
Er würde es nicht gutheißen und diskutieren.

Und wenn ich mich nicht abmelde, wird er meine Abwesenheit nicht mal bemerken.
Ich ziehe den Reißverschluss meiner Jacke hoch, lasse meine langen Haare über das Leder fallen, verlasse das Haus auf Zehenspitzen. Jetzt verstehe ich den Nervenkitzel, von dem Ben immer redet, wenn er mir von seinen "Rausschleich-Aktionen" erzählt.
Die Luft draußen ist beißend und ich erschaudere.

almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt