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Wir müssen reden.
Ein Satz, vor dem ich nicht ewig die Augen verschließen konnte.
Eine Tatsache, vor der ich mich nicht länger verstecken kann.
Sam, eine Person, der ich nicht länger ausweichen kann, egal wie geschickt ich mich auch versucht habe, wegzuducken.

Als ich an diesem Nachmittag das Haus verlasse und die klapprige Tür hinter mir zuziehe, möchte ich am liebsten auf dem Absatz kehrt machen, wieder reinrennen und mich unter einer Decke auf dem Sofa verstecken - auch wenn es dafür heute viel zu warm ist.
Ich habe Sam erst nach drei Tage auf seine Nachricht geantwortet und ein Treffen vereinbart. Auf neutralem Boden, der Mall.

Ich bin seltsam nervös. Solche Gespräche sind immer unangenehm und ich habe keine Ahnung mit welcher Erwartung er mir gleich gegenübertreten wird.
Natürlich habe ich mir penibel zurechtgelegt, was ich zu ihm sagen will und ich habe auch nicht vor, dass das Ganze länger als zehn Minuten beanspruchen wird.
Jace hat versucht mir diese Idee auszureden. Er sagte, ich solle ganz entspannt und natürlich mit Sam reden und kein geprobtes Theaterstück zum Besten geben.

Die Mall ist um diese Tageszeit relativ übersichtlich. Die üblichen Kunden tummeln sich vor den verschiedenen Ladenfenstern, während sich Reinigungspersonal durch die hindurch schlängelt.
Es riecht nach teurem Parfum und Zitrone.
Ich bereue es, meine Tasche im Auto gelassen zu haben, ich brauche ihren Gurt, an dem ich mich festhalten kann.

Ohne wirkliches Ziel gehe ich tiefer in das Einkaufszentrum hinein, schaue mich um. Ich bin schon eine Ewigkeit nicht mehr hier gewesen.
Ich versuche mir Jaces Ansicht zu Herzen zu nehmen. Er hat ja recht. Sam ist mein ältester Freund, er hat mehr verdient, als ein paar auswendig gelernte Zeilen, wir haben mehr verdient. Wir haben eine Vergangenheit und ich habe Angst davor, diese gleich auszuradieren.

Und gerade weil ich diese Angst verspüre, habe ich geprobt.
Doch die Worte entfallen mir, wie einmal gelernte Vokabeln, als ich Sam neben den großen Rolltreppen stehen sehe. Er hat mich noch nicht entdeckt, die Hände in den Taschen vergraben, gerade schüttelt er die blonden Haare aus seinem Gesicht.

Er sieht nicht, was ich sehe, aber er hat die Aufmerksamkeit von einem Mädchen auf sich gezogen, die auf der anderen Seite der Mall in einem Eiscafé sitzt.
Ein kleines Schmunzeln huscht über meine Lippen.
Erst jetzt bemerke ich, dass ich wie angewurzelt mitten im Gang stehen geblieben bin und ich Sams Richtung starre.

Ich überlege, schnell wieder umzudrehen und im Nachhinein zu behaupten, dass ich ihn nicht gefunden hätte.
Doch ich denke an Jaces Worte und hole tief Luft, mache den ersten Schritt, dann den zweiten.
Sam kommt immer näher, wird größer und als ich in seine Sichtweite trete, durchfährt ihn ein kleiner Ruck. Er hebt die Hand.

Auf seinem Kopf befindet sich eine blaue Baseball Cap mit dem Logo seiner Lieblingsmannschaft. Dazu trägt er helle Jeans und ein weißes T-Shirt.
Ich lächle ihn an, nicht weil es geplant ist, einfach, weil es eine natürliche Reaktion ist.
Ich habe seine harschen Worte und die unangenehme Spannung von unserem letzten gemeinsamen Abend fest vergessen.

Bis er direkt vor mir steht. Und mich anlächelt.
Da spüre ich plötzlich den abschätzenden Blick auf mir, der Jace gegolten hat.
"Hey", begrüßt er mich etwas zurückhaltend.
"Hey."

Ich beiße auf meine Lippe und lasse meinen Blick einmal schweifen, bevor ich ihn auf Sam ruhen lasse.
"Darf ich dich umarmen, oder ..."
Ich verdrehe die Augen.

"Natürlich."
Die Umarmung ist kurz, behäbig und klammhaft.
"Geht es dir gut?", frage ich ehrlich interessiert.
Der Blonde nickt und setzt sich in Bewegung. Ich weiß nicht, wo er hinwill, aber ich folge ihm.
Hoffentlich hat er nicht vor, mich in ein Restaurant oder Café zu schleppen. Wir schreiten durch den unteren Bereich der Mall, Sam mit den Händen hinter seinem Rücken verschreckt, ich planlos, was ich ohne meine Tasche mit meinen Armen anstellen soll.

Ich überlege, ob ich ihm einen Gesprächsanstoß geben soll, obwohl er es war, der dieses Treffen wollte.
Doch nach ein paar weiteren Schritten öffnet er endlich seinen Mund und schüttelt sich dabei das Haar aus der Stirn.
"Ich freue mich, dass du gekommen bist."
Da ist etwas Aufrichtiges in seinem Ton.

"Aber klar doch, Sam. Wir sind immer noch Freunde, auch nach allem, was passiert ist. Ich will, dass du das weißt."
Ich suche seinen Blick, doch seine Augen weichen mir geschickt aus. Alles, was ich zu sehen gekommen, sind blaue Bruchstücke seines Blickes.

"Das beruhigt mich. Ich wollte dir nur sagen ... dass mir das alles schrecklich leid tut. Ich weiß auch nicht so genau, was mich da geritten hat. Ich habe irgendwie geglaubt, dass du vielleicht doch etwas für mich empfinden könntest. Mein Vater hat mir damit so lange in den Ohren gelegen und na ja ... nach dem Segeltrip ... ich weiß auch nicht."
Er streicht sich über die Stirn und wirft mir einen scheuen Seitenblick zu.

"Man, das ist echt unangenehm", murmelt er.
Ich muss ein Kichern unterdrücken.
"Ich bin's Sam. Glaub mir, ich habe schon so viel Unangenehmeres von dir erlebt und gesehen."
Ich drehe kurz den Kopf weg, damit er mein Lachen nicht sieht.

Ich höre ihn nur Stöhnen.
"Wenn du jetzt auf meinen fünften Geburtstag anspielen willst, als ich mir in die Hose gemacht habe - lass es besser."
Wir tauschen einen verschmitzten Blick und müssen dann beide laut loslachen.
"Zu meiner Verteidigung! Der Clown hinter der Tür hat mich unglaublich erschreckt, darauf war ich nicht vorbereitet", versucht er seine Ehre zu retten.

Schniefend wische ich mir Tränen der Freude aus den Augen.
Wir passieren einen Blumenladen und ich kann sehen, wie er zu einem Strauß Rosen schielt.
"Ich glaube, das hätte ich schon im Auto ansprechen sollen, um deine Macho-Tour auszubremsen."
"Das tut mir wirklich leid", gibt er kleinlaut bei.
"Entschuldigung angenommen."

Ich knuffe ihn einmal in die Schulter, versuche diese entspannte Stimmung wieder zwischen uns aufkeimen zu lassen.
"Ich habe mir wirklich gerade angefangen, Hoffnungen zu machen, als dieser Typ vor unser Auto gerannt ist", sagt er nach einer Weile. "War das eigentlich geplant?"

"Jace? Nein."
Es ist komisch mit Sam über Jace zureden, der jetzt Zuhause auf dem Sofa sitzt und aus dem Fenster blicken wird. Er hat versprochen, nichts weiter zu tun, als mir die Daumen zudrücken, während ich weg bin.

Sam saugt scharf Luft durch die Nase ein und drückt dann die Schultern durch.
"Dieses ganze Machogehabe ist mir wirklich peinlich. Ich weiß auch nicht, was da in mich gefahren ist. Wahrscheinlich sind mir die Vorträge und Ansichten meines Vaters zu Kopfe gestiegen ... Du weißt, dass ich so nie werden wollte, dass ich so nicht bin. Ich hatte nur das Gefühl, dass ich so sein muss, um dich für mich zu gewinnen ... dabei habe ich dich genau dadurch verloren."

Er schaut zu Boden und wirkt unglaublich enttäuscht von sich selbst. Aber er hat eine wichtige Erkenntnis erlangt.
"Tröste dich, selbst wenn du wie immer geblieben wärst, wäre da nie etwas ... zwischen uns gelaufen. Ich empfinde so einfach nicht für dich, Sam."

Ein Satz, den ich auswendig gelernt habe, eine klare Ich-Botschaft.
"Du hast mir mit deinem Verhalten nur unglaublich vor den Kopf gestoßen und mich verletzt. Das da in diesem blöden Sportwagen war nicht mein bester Freund Sam."
"Bester Freund", flüstert er, blickt dann auf und zum ersten Mal richtig in meine Augen.

"Ja", lächle ich. "Bester Freund."

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Song: Casanova - Blake Rose 

Wichtige Frage. Es ist doch jetzt Herbst ... Wieso zum Teufel habe ich dann eine MÜCKE in meinem Zimmer, die mich jetzt schon dreimal gestochen hat?! Kann mir das mal einer erklären? Man!

All my Love,
Lisa xoxo

almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt