"Was wolltest du eigentlich nach dem College machen?", frage ich und lasse meine Füße von der Anrichte baumeln.
"Du meinst, wenn ich es je abgeschlossen hätte?"
Jace zieht seine Augenbrauen hoch und legt einen weiteren Streifen Bacon in die Pfanne. Das Zischen erfüllt die kleine Küche und gibt mir Zeit, nach möglichen Worten zu suchen.Es ist Samstagmorgen und wir haben uns zu einem späten Frühstück verabredet.
Bens dunkle Blicke, als ich das Haus eilig und lediglich mit einem Apfel zwischen den Zähen verlassen habe, verfolgen mich.
Er wird dicht halten, rede ich mir ein. Aber das ungute Gefühl bleibt dennoch.Jace legt den Kopf in den Nacken und schaut an die Decke, als ob dort die Antwort geschrieben steht.
"Ganz ehrlich ..."
Er macht eine bedeutsame Pause und begegnet dann meinem Blick.
"Ich wusste es damals nicht und ich weiß es auch heute nicht. Ich glaube, ich wäre gerne herumgereist. Weißt du? So nach dem Motto: Ich will erst was von der Welt sehen und herausfinden, wer ich bin."Er verzieht den Mund und schüttelt den Kopf.
Kichernd greife ich nach seinem Ärmel und ziehe ihn zu mir.
"Das hört sich toll an. Und ganz ehrlich ... Wenn ich könnte, würde ich nach dem College auch gerne reisen. Wir sind jung, woher sollen wir wissen, wer wir sind und was wir wollen, wenn wir nichts von der Welt gesehen haben? Wir können all diese Möglichkeiten doch gar nicht erschließen!"Ich lege den Kopf zur Seite und betrachte den Schwung seiner weichen Lippen.
"Wer hält dich davon ab?", ist die ernüchternde Frage, die über sie kommt.
"Mein Vater. Meine Verantwortung im Unternehmen ... Da ist nicht wirklich viel Platz zum Durchatmen."
Ich lasse ihn los.Kaum jemand versteht, was für einen Druck die eigene Familie ausüben kann und das man sich diesem immer bis zu einem gewissen Grad beugen wird.
Jace tritt näher, schiebt sich zwischen meine Beine.
"Ich bin mir ziemlich sicher, dass alle Eltern das Beste für ihre Kinder wollen. Deine haben vielleicht noch nicht verstanden, dass der Weg, den sie für sich selbst gewählt haben, nicht deinem entspricht."Er hebt eine Augenbraue und sieht mich prüfend an.
Ich kann nur mit den Schultern zucken und blicke an Jace vorbei. Das ist definitiv nicht die Art von Gespräch, die ich heute an meinem freien Tag führen wollte.
"Und was war der Weg, den deine Eltern für dich gewählt haben?"
Gleich nachdem die Worte über mich gekommen sind, weiß ich, dass ich nicht fair spiele.Doch Jace macht keinen Rückzieher. Er lacht vielmehr und schüttelt den Kopf, als hätte ich etwas Grundlegendes falsch verstanden - habe ich ja auch.
"Hast du vergessen, was ich dir gesagt habe? Meine Mutter hat uns unser Leben schon immer leben lassen, wie wir es für richtig gehalten haben.""Natürlich habe ich das nicht vergessen", murmle ich und schaue nach unten, auf Jaces Hosenknopf um genau zu sein.
Etwas stößt gegen meinen Wangenknochen. Seine Nase.
"Ich verstehe Menschen wie dich einfach nicht", murmelt er nachdenklich.Seine Fingerspitzen fahren dabei meine Seite hoch und runter.
Ich lehne mich in die entgegengesetzte Richtung, da diese leichte Berührung kitzelt und mir im Moment nicht nach kichern ist.
"Du hast alle Möglichkeiten, die man sich nur wünschen kann. Klar, du hast viel Scheiße durchgemacht - aber davon darfst du dich nicht aufhalten lassen. Es wäre doch schade, wenn nur Fitchburg in Wisconsin etwas von der großartigen Ophelia Rosethorn mitbekommt."Jetzt muss ich doch kichern.
"Forderst du mich gerade indirekt dazu auf, wegzulaufen?", frage ich und versinke in seinen grünen Augen, die jetzt nicht mehr über mein Gesicht huschen, sondern sich in meinen verunsicherten Blick bohren.
Er antwortet nicht. Die Antwort steht in seinen Augen.Ich verschränke meine Hände in seinem Nacken und zwinge ihn damit, sich zu mir herunterzubeugen.
Er kann gar nicht schnell genug auf meiner Augenhöhe sein, damit ich endlich meine Lippen auf seine pressen kann.Eigentlich wollte ich ihn nur küssen, um all die Dinge zu sagen, die ich nicht in Worte fassen kann - jedenfalls noch nicht -, aber seine Hände gleiten unter mein Top und ich schlinge meine Beine um seine Hüften.
Mein Kopf prallt gegen den Schrank mit dem Geschirr hinter mir, als wir zu viel Schwung bekommen, aber daran stört sich keiner von uns.Wir sind zu vertieft in unseren Kuss und die Stelle, an der sich unsere Körpermitten berühren.
Ich nehme mir nicht mal die Zeit, um richtig einzuatmen, als wir unseren Kuss kurz unterbrechen müssen.
Mit einer flinken Bewegung schiebt Jace die Pfanne von der Herdplatte.
Aus einem unerklärlichen Grund finde ich diese Handlung unglaublich sexy.Mit einem Zwinkern wendet er sich mir zu und senkt seinen Kopf zu mir herab.
Scheiße.
Das hier ist nicht geplant, ich wollte ihn nur küssen. Aber mit einem Mal ist mir klar, dass es nicht mehr nur bei einem Kuss bleiben kann.Jace murmelt etwas an meinen Hals, dass ich nicht verstehe.
Doch seine Zunge hindert mich daran, nachzufragen, was es war.
Seine Locken streifen meine Wangen, ein Windhauch, der mich die Augen schließen lässt.
"Ich glaube, wir sollten unser Frühstück essen, oder?", fragt er heiser an mein Dekolleté.Demonstrativ schüttele ich meinen Kopf.
"Ich habe aber leider überhaupt keinen Hunger mehr."
Diese Antwort lässt Jaces Grübchen erscheinen und mit einem Mal liegen seine Lippen wieder auf meinen.Seine Hände sind überall.
Meine ertasten seinen Rücken, seine Brust und ich erinnere mich an die weiteren Tattoos, die ich vor zwei Nächten aus der Ferne erahnen konnte.
Jedes Härchen an meinem Körper stellt sich auf, als ich plötzlich seine Zähne an meiner Unterlippe spüre."Jace", hauche ich und bin dabei mich gänzlich in ihm zu verlieren.
Doch ein schriller Ton lässt uns zusammen- und auseinanderzucken.
Musik?
Mein Handy!Ich lasse es klingeln, schaue einfach nur in Jaces dunkle Augen. Plötzlich ist da wieder eine Tiefsee vor mir, die aufbrausend und gefährlich wirkt. Doch ich habe keine Angst. Wie könnte ich?
"Ich glaube, dein Handy klingelt", sagt Jace beiläufig.
"Lass es klingeln", kontere ich.
Ich habe nicht vor, von dieser Arbeitsfläche zu rutschen.Doch Jace greift nach meiner Hand und gleich darauf habe ich Boden unter meinen Füßen.
Mit einem bösen Blick an den Mann, dessen Lippen mich eben beinahe um den Verstand gebracht hätten, laufe ich zum Küchentisch und greife nach meinem Telefon, dem verdammten Störenfried.
Die hohen Noten des Klingeltons finden sich auch in der schrillen Stimme meiner besten Freundin wieder."Wo zur Hölle bist du?!"
"Oh scheiße", ist alles, was ich herausbekomme, bevor ich mir die flache Hand auf den Mund schlage.
Jace sieht mich besorgt und gleichzeitig verwirrt und amüsiert an, eine Augenbraue etwas höher positioniert als die andere."Ich habe es total verpeilt, sorry Jess, ich bin gleich da! Gibt mir fünf Minuten!"
Ich höre nur noch ein dumpfes Murmeln, dann lege ich auf und wirble zu Jace herum.
"Ich war mit Jessica verabredet. Zum Shoppen. Jetzt."
Ein verzweifeltes Seufzen verlässt meinen Körper und ich raufe meine Haare, die von Jaces langen Fingern wild übereinander liegen."Dann muss ich dich jetzt wohl durch diese Tür gehen lassen, was?", fragt Jace mit einem betrübten Blick. Doch das Funkeln ist immer noch in seinen Augen, als er sich über die Lippen leckt und dabei meinen Körper von oben bis unten betrachtet.
Ich ziehe meine Shorts etwas zurecht und sammle flink meine Sachen zusammen."Bis dann", sage ich an der Tür mit zurückgelegtem Kopf.
Jace nickt nur und drückt mir einen Kuss auf den Mund, den wir viel zu schnell vertiefen.
Ich nuschle etwas gegen seine weiche Haut und winde mich aus seinem Griff.
Mit einem letzten verträumten Lächeln drehe ich mich zu ihm um und renne dann die Treppen hinunter. Ein verräterisches Ziehen zwischen den Beinen._____________________________
Song: Take on the World - You Me At SixHeyyaaa,
ganz ehrlich, was Ophelia da passiert ist, hätte mir auch SO gut passieren können xD
Wenn ich mir nicht alles aufschreibe, vergesse ich es xDIch muss Schluss machen, großes Gewitter im Anmarsch. Ich bin am Computer = nicht gut in altem Haus hahaa- und außerdem wartet mein Kaffee auf mich ;)
All my Love,
Lisa xoxo
DU LIEST GERADE
almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔
RomanceIch war immer die brave Vorzeigetochter, die verzweifelt versuchte, ihre zerrissene Familie wieder zusammenzubringen. Ich bin meinem vorgezeichneten Weg gefolgt, ohne nach links und rechts zuschauen. Bis mir meine Handtasche entrissen wurde und dies...