Es sind die kleinen Dinge im Leben. Sie sind es wirklich.
Denn sie verändern alles und rückblickend sind es die schönsten Momente.
Die Kunst des Lebens besteht darin, diese kleinen Momente und ihren kostbaren Wert in der Gegenwart zu erkennen. Und genau diese Kunst hat Jace mich gelehrt.Nur deswegen kann ich jetzt hier mit ihm auf dem Teppich aus Peru stehen und mich im Takt der Musik wiegen, die aus den Lautsprechern schallt.
Jace greift nach meiner Hand und wirbelt mich im Kreis herum, fängt mich an der Taille auf und lässt mich kopfüber in seinen Armen hängen.Alles dreht sich, meine Augen schließen sich und ich werden von einem herzlichen Lachen geschüttelt.
Jace lächelt auf mich herunter, das Kinn auf die Brust gelegt. Ich ertrinke in der Tiefsee über mir und den unsichtbaren Noten, die durch das Wohnzimmer schweben.Wir haben die Musik so laut aufgedreht, dass wir uns gegenseitig in die Ohren schreien müssen, wenn wir etwas verbal kommunizieren wollen.
Ich strecke Jace grinsend die Zunge heraus und er drehe lachend den Kopf zur Seite, seine rechte Hand führt mich am unteren Rücken in unserem neuen Tempo.Mit zurückgelegten Kopf betrachte ich sein Seitenprofil. Seine spitze Nase dominiert das Gesicht aus diesem Blickwinkel und nicht wie sonst seine Wangenknochen und die tiefliegenden Augen.
Die Bartstoppeln, die noch vor ein paar Tagen sein Gesicht zierten, sind verschwunden.
Seine Lippen sehen etwas trocken aus.Er bemerkt meinen Blick und dreht seinen Kopf zu mir.
"Was ist?"
Seine laute Stimme dröhnt unter meiner Schädeldecke und mischt sich mit den Gitarrenklängen.
"Nichts", rufe ich. "Ich bin nur glücklich."Normalerweise wäre ich um diese Zeit mit einem unwohlen Gefühl bei dem Gedanken an die Uni befallen.
Jaces Grübchen erscheint. Er schüttelt kaum merklich den Kopf und wirbelt mich einmal im Kreis herum.Ich bin so entspannt in seinen Armen, dass ich blind und nach Gefühl auf seine Bewegungen antworte.
Wir nehmen die Türklingel erst gar nicht wahr. Es hätte auch ein hoher Ton der E-Gitarre sein können. Doch der Ton kehrt penetrant und unrhythmisch wieder.Wir schauen uns an, Stirn gerunzelt.
Ich lasse die große Hand los und drehe mich zum Flur.
"Ist das die Klingel?", frage ich in normaler Lautstärke und vertraue darauf, dass Jace meine Lippen lesen kann.Die Musik erstirbt.
Wir schauen einander an. Es herrscht Stille.
"War wohl doch nichts. Werde nicht paranoid", lacht Jace.
Sein Zeigefinger schwebt schon wieder über dem Playbutton der Anlage, da klopft es an die Wohnungstür."Wer soll das jetzt sein?"
Ich zucke mit den Schultern.
Jess vielleicht oder Tante Jennifer, die einen Spontanbesuch machen will.
Jace verzieht das Gesicht, als das Klopfen erneut durch den Flur schallt, dieses Mal lauter.Ich folge ihm auf leisen Sohlen und versuche einen Blick über seine Schulter zu erhaschen.
Doch ich sehe nur die weiße Tapete des Treppenhauses. Und dann höre ich diese Stimme.
"Schönen guten Tag. Ich würde gerne mit meiner Tochter sprechen."
Diese Stimme schneidet mir durch Mark und Bein."Dad?", stoße ich aus und trete aus Jaces Schutz in das Sichtfeld seiner stählernen Augen.
"Was machst du hier?"
Augenblicklich verschränke ich schützend die Arme vor meiner Brust.
Mein Vater lässt sich Zeit mit seiner Antwort. Er ist damit beschäftigt, mich intensiv von oben bis unten zu mustern.Ich muss ihm lassen, dass er mich selten so gesehen hat.
Kurze Leggins, ein T-Shirt von Jace und Haare, die kein Glätteisen und keinen Lockenstab gesehen haben. Und kein Make-up.
"Hallo, Ophelia", sagt er dann und strafft die Schultern.Seine graue Anzugjacke strafft sich über der Brust.
Er scheint vom Büro zu kommen oder dort hin unterwegs zu sein.
"Was willst du hier?", frage ich barsch. Vielleicht sogar etwas härter und desinteressierter als beabsichtigt."Ich habe mit keiner Begeisterung gerechnet, aber glaubst du, es ist angebracht, mich so anzugehen?"
Ich hebe die Augenbrauen und beiße meine Zähne zusammen, wende mich zu Jace.
"Darf ich dir Jace vorstellen? Jace, mein Vater."
Die pure Überforderung sprüht mir aus seinem Blick entgegen.Ich versuche ein Lächeln, doch es wird nicht mehr als ein Zucken meiner Gesichtsmuskeln sein. Selbst Jace gegenüber kriege ich gerade keine freundliche Miene zustande.
Jace räuspert sich und fixiert den Mann vor der Tür.
"Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Sir."Er streckt ihm die Hand aus. Zu meinem Erstaunen nimmt mein Vater diese entgegen und schüttelt sie lang und ausgiebig.
"Keine falschen Verheißungen, mein Junge. Ich bin sicher, dass meine Tochter kein gutes Haar an mir gelassen hat."Das Lächeln, das auf diese Worte folgt, wirkt wie in Stein gemeißelt.
"Das möchte ich nicht behaupten. Hinter jeder Differenz steckt auch eine Gemeinsamkeit."
Mein Vater blickt Jace irritiert an, seine vollen Augenbrauen sinken auf seine Augen herab.
Ihr Handschlag bricht auseinander und Jace tritt wieder zurück an meine Seite."Ich will es kurz machen, ich merke ja, dass ich hier nicht erwünscht bin."
Blaue Augen sehen mich vorwurfsvoll an.
Ich wünschte, ich könnte eine bissige Bemerkung von mir geben, aber sein plötzliches Auftauchen hat mich so überrumpelt, dass mein Kopf völlig leergefegt ist."Ich bin hier, um dich zum Essen einzuladen. Am Samstag. Deine Mutter will kochen und ... es wäre doch eine schöne Idee, wenn die Familie mal wieder zusammen kommt", druckst er herum.
"Ist das eure Art und Weise, mich um Entschuldigung zu bitten?"
Ich spüre, Jace neben mir von einem Fuß auf den anderen treten.Dads Mund steht offen, aber kein Wort kommt über seine schmalen Lippen. Es ist fast schon lächerlich, so erbärmlich ist diese Szene gerade.
"Das hört sich doch nach einer netten Idee an", wirft Jace ein.
Wenn Blicke töten könnten ...Doch da kommt mir eine Idee, wie ich den Mann im Anzug ganz schnell wieder loswerden kann.
Ich umfasse Jaces linke Hand und verschränke unsere Finger. Mein süffisantes Lächeln erwidert er nicht.
"Ich komme gerne. Aber nur wenn Jace auch eingeladen ist."Die schmalen Lippen schließen sich und Dad ringt sichtlich mit seiner Fassung.
Seine Augen huschen wie die eines gehetzten Tieres hoch zu Jaces Gesicht, zurück zu meinem und zu unbestimmten Punkten links und rechts von uns.
"Wenn Jace nicht willkommen ist, bin ich es auch nicht", setze ich mein Ultimatum und bin drauf und dran, die Hand nach dem Türknauf auszustrecken."Aber natürlich ist er eingeladen! Das ist doch selbstverständlich! Selbst redend. Also am Samstag, ihr beide. Ja."
Es hört sich so an, als müsste er sich selbst von der neu gewonnen Realität überzeugen.
Jace umschließt meine Hand fester.Ich weiß, dass er innerlich gerade von Schadenfreude erfüllt wird, auch wenn er das nie zugeben würde.
"Dann kommen wir gerne", sage ich spitz und warte noch auf einen Rückzug seinerseits.
"Vielen Dank für die Einladung, Sir."Mein Vater nickt knapp.
"Gut. Dann will ich euch nicht länger stören."
Er wendet sich ab. Ich klammere mich an Jaces Hand, weil ich befürchte sonst das Gleichwicht zu verlieren.
"Ach! Eins noch", äußert Dad nach drei steifen Schritten in die richtige Richtung - den Ausgang.
"Denkt doch vielleicht ein bisschen an eure Nachbarn. Eure ... schöne ... Musik in allen Ehren, aber man hört euch bis auf die Straße."Ich hole tief Luft, bereit ihn zum Teufel zu schicken, da schiebt sich Jace zwischen mich und meinen Vater.
"Keine Sorge, die Nachbarn sind es gewohnt uns des Öfteren zuhören, mitunter manchmal auch bis runter auf die Straße. Einen schönen Tag noch."Ich sehe seinen Kopf nicken, dann schubst er die Tür zu.
Mein Mund steht weit offen und blicke mit höchstwahrscheinlich knallroten Wangen zu ihm auf.
Das hat er nicht gesagt. Das hat er nicht gesagt!
"Drehen wir noch mal so richtig auf? Jetzt habe ich erst recht Lust bekommen, das Tanzbein zu schwingen.""Ich irgendwie auch", bringe ich hervor, zu perplex und zu sehr von Endorphinen erfüllt, um eine ausführlichere Reaktion zustande zu bringen.
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Song: Soul Mate - flora cashHi and omg we have it! 200 people on my side. crazy lads.
Dafür heute auch ein extra cutes, cosy Kapitel :)
Jace hat schon einen großen Mund, was? ;P
All my Love,
Lisa xoxo
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almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔
Roman d'amourIch war immer die brave Vorzeigetochter, die verzweifelt versuchte, ihre zerrissene Familie wieder zusammenzubringen. Ich bin meinem vorgezeichneten Weg gefolgt, ohne nach links und rechts zuschauen. Bis mir meine Handtasche entrissen wurde und dies...