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Ich drehe den Schlüssel mit meinen steifen Fingern und stoße die Tür auf.
Dieses Mal bin ich weniger euphorisch, auch wenn ich nicht mehr allein bin.
Jaces Präsenz hinter mir ist mir überdeutlich bewusst. Ich spüre seinen Atem in meinem Nacken.

Ich trete über die Türschwelle, drehe mich zu ihm um, nur um festzustellen, dass seine dunkel-vernebelten Augen auf mir liegen.
Die Laken, die ich vor ein paar Tagen von den Möbeln entfernt habe, befinden sich fein säuberlich gefaltet neben dem Wohnzimmerdurchbruch.

Jace bemerkt sie und wirft mir einen fragenden Blick zu.
"Wie gesagt, die Wohnung wurde schon lange nicht mehr genutzt."
Ich drehe den Schlüssel zwischen meinen Fingern und beobachtet Jace dabei, wie er vor dem Fenstererker stehen bleibt, den Kopf Richtung Himmel hebt.

"Hier hast du also immer gelegen?"
Ich trete neben ihn.
Als mein Arm seinen streift, wendet er sich ab und inspiziert Jennifers Bücherregal, lässt mich mit einem Prickeln im Arm zurück.
Ich presse die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, als ich sehe, wie er ein Buch hervorzieht.

Ich lehne mich an den Esstisch fahre über die Fransen meiner Jeans-Shorts.
"Und, was sagst du?", frage ich in den Raum hinein.
Jace bleibt still.
Wenn ich die Worte doch nur aus seiner Kehle ziehen könnte ...

Er lässt das Buch zurück an seinen Platz gleiten und ist in zwei Schritten beim Sofa angekommen.
Ich beobachtet seinen Körper mit schief gelegtem Kopf.
Er sieht überfordert aus.
Und irgendwie skeptisch.

"Zu bunt?", frage ich und trete neben das Sofa, schaue auf und betrachte ihn nachdenklich von der Seite.
Seine Augenbrauen sind zusammengezogen und seine Kiefer mahlen.
So stehen wir auf einem Teppich aus Peru, der wie eine kleine Insel im Raum wirkt, umzingelt von den hellbraunen Schränken und dem Esstisch.

"Nein. Es ist nur ..."
Seine Antwort wird eins mit der Stille des Wohnzimmers.
Meine Hand hängt schon in der Luft, bereit nach ihm zu greifen, ihm zu zeigen, dass ich da bin, dass sich nichts zwischen uns geändert hat.

Doch in diesem Moment reißt er seinen Blick von dem Möbelstück los und dreht mir den Rücken zu.
"Wenn es dir nicht gefällt -"
"Was? Dann kaufst du mir ein neues?", unterbricht er mich harsch.
"Nein."

Meine Stimme zittert.
"Ich will dich nicht kaufen. Jace, diese Wohnung kostet mich nichts. Meine Tante stellt sie gerne für einige Zeit zur Verfügung. Das hier soll eine Möglichkeit für dich sein. Kein Gefängnis. Ich erwarte keine Gegenleistung von dir."

Wie oft muss ich diesem Sturkopf noch eintrichtern, dass ich ihn nicht bedrängen will.
Ich halte ihm nur meine ausgestreckte Hand entgegen.
"Was, wenn ich deine Möglichkeiten nicht will, wenn ich mir nicht vorschreiben lassen will, was Gut für mich ist? Das hier hat keinen Sinn, verschwende also nicht deine kostbare Zeit!"

"Hörst du mir überhaupt zu?", schleudere ich ihm entgegen.
Die Hände zu Fäusten geballt und Wut über mein ganzes Gesicht geschrieben.
"Nein! Ich höre dir nicht zu! Du hörst mir ja auch nicht zu!"
Seine Stimme schallt von den Wänden wieder wie das Donnergrollen eines Sommergewitters.

"Ich höre dir zu! Hör du auf, auf Durchzug zu stellen, sobald ich mit dir über ernste Dinge reden will, die du nicht mit einem Glückskeksspruch beantworten kannst!"
Ich funkle durch meine Wimpern zu ihm hoch.
Jace seufzt. Laut. Und genervt.

"Hör auf dich so festzubeißen, Ophelia. Du kannst nicht immer die verdammte Gewinnerin sein."
Ich halte inne. War das ein Zufall, dass er mich eine Gewinnerin genannt hat?
Seine Stimme ist nicht mehr als ein Knurren und er ist dabei auf den Flur zuzusteuern, als er zu mir zurückschaut und seine Finger streckt.

"Und ja. Ich kenne die Bedeutung deines Namens."
Ich schnappe nach Luft.
"Ich wollte noch nie die Gewinnerin sein", sage ich leise.
Außer vielleicht dieses eine Mal, als ich mir eingebildet habe, ein Stück deines Herzens zu gewinnen.

Jace blitzen im Flur auf, so als hätte er meine Gedanken gehört.
Die Bedeutung meines Namens hat rein gar nichts mit meiner Persönlichkeit zu tun. Nur weil ich ihm helfen will, weil er mir etwas bedeutet, weil ich dachte, dass zwischen uns ...
Ich schüttele den Kopf.

"Na los, geh! Wenn ich eins über dich herausgefunden habe, dann das du im weglaufen ziemlich gut sein musst."
Totenstille legt sich über uns und ich beiße auf meine Lippe.
Das ist selbst für mich zu viel gewesen. Ich bin nicht in der Position, so etwas zu sagen.

Ich starre auf das unruhige Muster des Teppichs und warte auf das Zuschlagen der Wohnungstür, doch stattdessen tauchen zwei Schuhspitzen in meinem Sichtfeld auf.
Als ich aufblicke treffe ich auf grüne Augen, die aufgewühlt sind und mich an eine wunderschöne Tiefsee erinnern.
"Du kennst mich nicht."

"Weil du mich nicht lässt."
Ich blinzle, als er sich ruckartig nach vorne bewegt.
"Oh, willst du mir jetzt Angst machen?", bluffe ich und recke ihm mein Kinn entgegen.

"Sag so etwas nicht noch mal", presst er hervor.
Plötzlich kann ich nicht mehr einschätzen, ob er wütend ist oder gleich in Tränen ausbricht.
"Sonst was?"
So sollte das nicht laufen. Wir sollten uns nicht streiten. Ich wollte ihm helfen und ihn nicht weiter von mir stoßen.

Wilde Augen liegen für den Bruchteil einer Sekunde auf meinen Lippen, dann brennen sie sich wieder in meine.
Jaces Kiefer zuckt, dann taucht seine Hand neben meinem Kopf auf und ich zucke zusammen.
Ich tue es nicht, weil ich denke, dass er mich schlagen will. Die Bewegung ist einfach nur so unerwartet.

Doch Jace greift nach meinem Hinterkopf und presst seine Lippen auf meine.
Dieser Kuss ist anders, als der im Park.
Hier ran ist nichts mehr süß und unschuldig, unerfahren.
Er ist wütend. Ich bin wütend.

Was auch immer Jace für einen Krieg in sich führt, ich befinde mich jetzt mitten auf dem Schlachtfeld, werde ein Teil davon.
Unsere Zähne stoßen zusammen und er zieht meinen Kopf weiter nach hinten, sodass er den Kuss vertiefen, noch weiter in mich eintauchen kann.

Jaces Kampf ist hässlich. Das realisiere ich, in dem Moment, als ein schmerzvoller Ton in einer Kehle vibriert.
Was auch immer er im Inneren mit sich vereinbaren muss, es scheint ihm physikalische Schmerzen zu bescheren.
Eine Hand landet an meiner Hüfte, zieht mich hoch, fordert mich stumm dazu auf, auf den Tisch hinter mir zu springen.

Als ich auf der Tischplatte sitze, drängt er meine Schenkel auseinander.
Mit jeder verstreichenden Sekunde breitet sich eine unerträgliche Hitze weiter und weiter in meinem Körper aus. Sie macht mich empfindlich und mit einem Mal zucke ich zusammen, als Jaces Daumen über meinen Hals fährt.

Erst als wir beide völlig außer Atem sind, ebbt die Aggression des Kusses ab und Jace presst seine Stirn an meine.
Ich inhaliere seinen Atem, seinen herben Geruch und lecke über meine geschwollenen Lippen. Sie schmecken nach Jace.

Ich stupse meine Nase an seine, warte bis sich seine Augen zu meinen heben.
Als ich berechne, wo sie vorher gelegen haben müssen, erröte ich.
Ich atme ein letztes Mal ein, bevor ich die Stimme erhebe. Sie ist rau, klingt fremd in meinen eigenen Ohren.

"Lass dir von mir helfen."

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Song: Afraid - The Neighbourhood

Hey ma loves!

Danke für's Glück wünschen. It helped! :) I'm good now, well not 100%, aber ich habe einen großen Schritt gemacht, geschafft.

Ich weiß nicht, wer das gerade hören muss, aber man schafft viel mehr, als man sich in manchen Momenten zu traut. Und es wird besser. Es gibt keine Tendenz wann genau, aber irgendwann wird es besser. And I am here and I am proud of every single one who is fighting!

Okay. Nun zum täglichen Wetterbericht xD Es regnet, bin heute mit dem Auto in einen Tropenregen gekommen xD Dachte die Welt geht unter - war toll xD Aber! still 20 °, manchmal 25°, wenn die Sonne rauskommt.

I'm signing off. Bis Morgen!

All my Love,
Lisa xoxo

almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt