•Der Rest kann mich mal•

68 4 0
                                    

,,Ernsthaft?"
Ich strich mit meinen Händen über den Seidenabschluss des Kleides, über meinem Knien.
,,Ja! Definitiv, das nimmst du!"
Ich biss mir auf die Zunge.
,,Das ist zu viel ... Ernsthaft Tess! Ich sehe aus wie eine ... eine ..." ,,Eine Frau, die sich traut und auch Mal was erleben will, ja genau!"
Mal was erleben, genau! Haha! Guter Witz ...
Ich betrachtete mich noch einmal im Spiegel und drehte mich.
Das Kleid war dunkelrot, am Rücken gemustert und das Gegenteil von unauffällig und bedeckt.
Es legte alle Stellen frei, die ich eigentlich sonst mehr bedeckt hielt.
Ich schluckte.
,,So und jetzt machen wir dir noch Locken, meine Liebe!"
,,Woher hast du das ganze Zeug, du wohnst doch nicht Mal hier!"
Tess hatte wirklich alles was sie brauchte in diesem Schrank drinnen, jede Menge Kleider, darunter eben auch meines, Lockenstab, Glätteisen, verschiedene Haarbürsten, Hygieneartikel, die eigentlich ins Bad gehörten und 20 Paar Schuhe.
,,Naja ... das ist ne lange Geschichte!"
,,Leg los!", ich wollte mich auf die Bettkante setzen, doch sofort hielt Tess mich am Arm zurück.
,,Nicht setzen! Du zerknitterst das Kleid!", rief sie wie eine Hysterische.
,,Okay, okay!"
Also blieb ich stehen.
Locken würden wirklich sehr gut zu dem Kleid passen ...
,,Aber Gib mir den Lockenstab, ich mach das!", fuhr ich sie dafür an.
Sie reichte mir wiederwillig das glänzende Ding.
,,Also: Es begann damit, dass ich vor ungefähr 5 Monaten eine Einladung zur Hochzeit von meinem Vater bekommen hatte ..."
,,Dein Vater heiratet??? Und das erzählst du mir nicht?", ich blickte sie perplex an.
Sie hatte sich auf den Stuhl gesetzt, der vor dem Schreibtisch stand und starrte auf meine Füße.
,,Naja und dann hab ich vergessen zu zusagen und er ist darauf stink wütend geworden ..."
,,Oh mein Gott! Er hat gar kein Recht wütend zu werden.", wandte ich ein.
,,Er hat sogar meine Oma angerufen ... Naja jedenfalls ist er dann nach längerer Zeit persönlich bei uns erschienen und hat verlangt mit mir zu reden!"
,,Oooutsch!", rief ich und fuchtelte mit der Hand in der Luft herum.
,,Lay! Geht's dir gut?"
Wenn ich das heute noch ein einziges Mal hören muss ...
,,Jaja alles gut, hab mir nur den Daumen verbrand an dem scheiß Lockenstab!"
Mein Daumen fühlte sich taub an.
Ich wusste gar nicht genau wie ich das gemacht hatte, aber es tat scheiße weh ... und sah aus wie ein Knutschfleck.
,,Gib her!", sie riss mir den Lockenstab aus der Hand und machte sich an die restlichen Strähnen an meinem Haar.
,,Und was war dann? Hast du mit ihm geredet? Was ist passiert???", pohlte ich weiter nach.
,,Wir haben geredet ... ich hab ihm erzählt, dass ich nicht zu der Hochzeit will, weil ich Tanja nicht leiden kann, aber trotzdem gehen werde und dass das mit dem verpatzten Antworten ausversehen war."
Ich biss die Zähne zusammen.
Ich wusste, dass Tessa ihre Stiefmutter hasste, genauso sehe wie ihren Vater, aber das auch erst seit dem die zwei sich kennengelernt hatten, sie hatte ihn verändert.
,,Er hat die Entschuldigung akzeptier, aber darauf bestanden, dass ich komme und mich vorher bei Tanja entschuldige ..."
,,Und dann bist du ausgerastet!", fügte ich hinzu.
,,So kann man es sagen ja! Meine Oma war stinksauer und hat mich rausgeworfen ..."
,,Und da bist du nicht zu mir gekommen sondern zu Jason?"
,,Tut mir leid ... Ich hab auf jedenfall alles hier was ich brauche und demnächst werde ich eh 17 und ziehe zu meiner Tante nach Oklahoma ..."
,,Du ziehst weg???"
Ich machte einen Schritt nach vorne und drehte mich um.
Sie nickte.
,,Aber nur bis ich 18 bin und dann komm ich wieder hier her! Ich werde in Oklahoma mein letztes Highschooljahr absolvieren und komme dann wieder zurück, das wollte ich dir aber schon die ganze Zeit erzählen, wusste nur nicht wie ..."
Ich starrte sie an.
Tessa zog weg.
Das war eine riesen Bombe.
,,U-und wie lange noch?", nuschelte ich.
,,Noch dieses Jahr zu Ende und dann gehts in den Sommerferien los."
,,Oh!"
Jetzt standen wir hier, ich in diesem bescheuerten, zauberhaften Kleid und sie mit einem Lockenstab in der Hand.
Ich glaubte sie erwartete, dass ich stink sauer war, aber stattdessen übersprang ich die Wut und umarme sie.
Sofort legte sie den Lockenstab auf seine Halterung und erwiderte die Umarmung, erst zwar etwas zögerlich, aber dann richtig.
,,Ich bin immer für dich da.", flüsterte ich.
,,Und ich für dich! Hab dich lieb!", antwortete sie uns strich mir leicht über meine Kopfhaut.
Diese Umarmung war wie eine Art Weckruf für mich, denn auf einmal wurde mir bewusst, dass es nicht zählte was passiert war, es zählten nur die Momente, die ich zusammen mit Menschen verbringen konnte, die mir am Herzen lagen.
Der Rest könne mich Mal.

Bad Boy's HoodieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt