Kapitel 2

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Nora.

Dienstag. Es ist eine wunderschöne Altbauwohnung mit Stuck an den Decken, einem Kronleuchter und einem Stein Karmin im Wohnraum. Wohnzimmer und Esszimmer, sowie die Küche sind vollständig eingerichtet, danach folgen zwei leere Schlafzimmer ein kleineres mit Balkon und ein größeres ohne, dafür mit einer zweiten Tür.
Chris bewundert die Wohnung als ich den Schlüssel umdrehe. Die Luft in der Wohnung ist etwas stickig also laufe ich durch den Wohn-Essbereich und mache die Balkontüre dort auf. Ich bleibe einen Moment stehen und atme tief ein. Die Wohnung ist im dritten Stock und wenn ich mich etwas strecke sehe ich den See zwischen den Häusern hindurch. Das war mir bei der Besichtigung nicht aufgefallen, aber da war es ja auch schon dunkel. Ich freue mich schon heute Nacht bei offenem Fenster zu schlafen und den Wellen zuzuhören, wie sie leise an Land schwappen. Mit der Wohnung hatte ich so ein Glück, ich habe sie entdeckt und keine 30 Minuten später, war sie an mich vermietet. Die andern 10 Bewerber habe ich in die Flucht geschlagen.

Völlig in Gedanken verloren fällt mir nicht auf, das Chris auf einmal hinter mir steht und ebenfalls auf den See starrt. Erst als er spricht: "Krass, du kannst von hier aus auf den See sehen?" zucke ich zusammen. "Ja den sehe ich sehr wohl, mal sehen, wie lange ich mir den Anblick leisten kann. Die Wohnung ist etwas über meinem Budget und fast doppelt so teuer wie mein WG-Zimmer, aber alleine wohnen ist es mir vorerst wert." Chris erkundet die Wohnung und ich folge ihm.
"Warum suchst du dir keinen Mitbewohner für das zweite Zimmer?" fragt er neugierig. "Das werde ich über kurz oder lang müssen, jetzt will ich allerdings mal ein paar Wochen meine Freiheit genießen." "Verstehe, wo kommt die Kiste hin?" fragt er mich und hält sie mir hin, ich öffne die Kiste, nehme sie ihm ab und stelle sie dann in die Küche. Nach zwei Stunden hoch und Runterlaufen, ausräumen und putzen frage ich: "Ist noch viel unten?", während ich nach einer Glühbirne suche, die ich in der vor mir stehenden Kiste vermute. Mir war schon bei der Besichtigung aufgefallen, dass am Kronleuchter eine Birne durchgebrannt ist.

"Ist nicht mehr viel, nur das Bettgestell und eine Handvoll anderer Dinge. Warum? Machst du schlapp?" Chris kommt gerade aus Richtung meines neuen Schlafzimmers und wenn er so lächelt, muss ich auch Lächeln, er ist verdammt attraktiv, auch wenn ich versuche es zu ignorieren.

Glücklich darüber die Glühbirne gefunden zu haben, drehe ich mich zu ihm um. "Du hast nicht zufällig eine Leiter dabei?" frage ich ihn und er schüttelt den Kopf. "Warum?" Gemeinsam gehen wir ins Wohnzimmer, wo über dem Esstisch der Kronleuchter in 3m Höhe hängt. Als ich den Lichtschalter betätigt erstrahlen alle Birnen bis auf eine. "Ich will die austauschen, ich muss wohl doch den Hausmeister anrufen." Sage ich nachdenklich und starre an die Decke. "Ich habe eine Idee, ob es klappt werden wir sehen." Sagt Chris und grinst mich an und irgendwie habe ich ein ungutes Gefühl im Bauch.
"Was hast du vor?" frage ich ihn. "Ich nehme dich auf meine Schultern, du bist doch schwindelfrei, oder?" Chris mustert mich eindringlich und ich habe Mühe dem Blick standzuhalten. "Schwindelfrei ja, aber bestimmt zu schwer." Versuche ich mich aus der Situation zu reden. "Quatsch, ich habe schon Schränke getragen, die das Doppelte wiegen", prahlt Chris und zwinkert mir zu. "Gut, aber wie komme ich auf deine Schultern?" Gebe ich nach und gucke ihn fragend an. "Easy, stellt dich auf den Stuhl und ich mache den Rest, und vergiss die Glühbirne nicht."

Keine zwei Minuten später befinde ich mich auf seinen Schultern und versuche mich lang genug zu machen, um den Leuchter zu erwischen. Es ist Millimeterarbeit, aber ich schaffe es und tausche die Birne aus. Chris ist leise und konzentriert, ich dachte er würde stöhnen und schnaufen von meinem Gewicht und der Tatsache das mittlerweile fast 10 Minuten verstrichen sind. "Fertig" jubele ich und Chris meint nur: "Siehst du noch etwas von da oben, dass du erledigen musst?" "Ich sollte Staubwischen, aber das muss jetzt nicht sein" witzele ich herum. "Hahaha, dafür bring ich dir eine Leiter vorbei." Sagt er trocken, während er mit mir in Richtung Tisch geht, um meine Füße darauf zu platzieren. Als ich stehe zieht er seinen Kopf zurück und ich drehe mich um. Er reicht mir seine Hand und ich springe vom Tisch und lande vor ihm.

Als ich ihn ansehe, sage ich: "Ich habe mit der Aktion deine Frisur ruiniert, sorry", und ehe ich mich versehe, versuchen meine Hände seine Haare zu bändigen; ich komme ihm dabei verdammt nah und merke es fast nicht. "Macht nichts, aber ein danke, wäre nett?" murmelt er, und studiert mein Gesicht.

Der Mitbewohner Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt