Kapitel 9

1.4K 40 0
                                    

Chris

Ich bin stinksauer und würde am liebsten jedem in die Fresse schlagen. Meine kleine Schwester zu schlagen ist das letzte, der Typ hat Nerven, hat er vergessen, dass sie 4 Brüder hat und er uns letztes Mal nur entkommen ist, weil die Polizei schneller war. Von meinen Freunden habe ich mich nicht mal verabschiedet, nur 20 auf den Tisch geknallt und mir meine Jacke geschnappt. Jetzt renne ich die Straßen entlang, um aus den 20 Minuten Fußmarsch 10 Minuten zu machen.

Als ich zu Hause ankomme fängt mich Nora im Flur ab. Sie sieht mir sofort an, dass ich angepisst bin. "Hi, ich weiß nicht was los ist, aber wenn du wirklich so wütend bist, wie du aussiehst hilfst du ihr gar nicht." Fuck! Nora hat recht mein Hass hilft Lina nicht. Ich könnte ein Loch in die Wand schlagen oder die Frau vor mir Küssen. Ich reiße Nora an mich und presse meine Lippen hart auf ihre. Damit hat sie nicht gerechnet und dennoch schlingt sie ihre Arme um mich und als sich ihr Mund öffnet ist ihre Zunge sanft und lässt meine Wut verfliegen.

"Danke" hauche ich und gehe meine Schwester suchen. Lina ist im Bad und wäscht sich das Gesicht. Als sie endlich die Tür aufmacht trifft mich der Schlag. Meine Schwester hat ein fast zugeschwollenes Auge, das in allen Farben des Regenbogens leuchtet. Ich drücke sie schnell an meine Brust, ehe ich wieder wütend werde. "Dieses Arschloch." Fluche ich und sie beginnt zu weinen. "Ich habe einen Tee gemacht", sagt Nora die immer noch ratlos in der Diele steht. "Klingt gut", sagt Lina und wir gehen in die Küche. "Lina, was ist passiert?", frage ich so ruhig ich kann.

Mit bebender Stimme beginnt sie zu erzählen: "Er hat mir aufgelauert, ich bin der ersten Faust ausgewichen, die zweite hat mich allerdings erwischt und dann habe ich so laut geschrien, dass mir jemand geholfen hat und ich bin hierher gerannt, ohne mich auch nur einmal umzudrehen." "Du weißt also wer es war?" Unterbricht Nora sie und Lina nickt und sagt: "Mein Ex, ich sah früher regelmäßig so aus." Lina versucht zu lächeln, als wäre es witzig, dabei schaudert es mich, wenn ich an damals zurückdenke. "Diesem Arschloch gehören die Eier abgeschnitten", flucht Nora und ich bin überrascht, dass sie sich so ausdrückt. "Glaub mir, wenn wir ihn in die Finger kriegen, wird genau das passieren." Sage ich und sehe wie mich die zwei besorgt ansehen. "Wer sind wir?" fragt Nora und mir wird klar, dass sie nicht weiß wie viele Geschwister ich habe.

"Lina ist meine kleine Schwester, und wir haben noch drei Brüder ich bin der zweit Älteste." "Verstehe", sagt Nora und nimmt Linas Hand in ihre. "Hi wenn du magst, kannst du heute Nacht in meinem Bett schlafen, ich nehme die Couch, wir sollten dir auch was Frisches anziehen, Blutspritzer sind meines Wissens nicht gerade in." Lina schmunzelt und in meinem Herz geht die Sonne auf. Nora hatte bis gerade keine Ahnung wer vor ihr sitzt, sie dachte wahrscheinlich das Lina eine meiner Freundinnen ist oder war und hat sich zurückgehalten, aber jetzt wo sie weiß, dass Lina meine Schwester ist, kümmert sie sich noch mehr um sie.

Die beiden gehen in Noras Zimmer und ich rufe meine Familie an, um ihnen zu sagen, das Lina bei mir ist und wir uns was einfallen lassen müssen. Mein Vater und meine Mutter bestehen darauf, dass ich Lina morgen nach Hause bringe und meine Brüder werden zum Wochenende hin in die Stadt kommen. Ich höre die Badezimmertüre und dann die Dusche, Lina jault als das Wasser sie trifft.

Man es tut mehr weh sie leiden zu sehen, als selbst ein blaues Auge zu haben. Frisch geduscht und in einer Jogginghose und einem T-Shirt von Nora taucht Lina gefolgt von Nora wieder auf. Ich habe mir gerade einen Vodka eingeschenkt und stelle nun auch den anderen beiden einen Shot hin. Ohne ein Wort zu verlieren, trinken wir den Vodka und ich für meinen Teil genieße das Brennen in meiner Kehle.

"Nora, ich nehme dich Couch, Lina kann in meinem Bett schlafen, hast du nicht morgen eine Prüfung, oder so was?" frage ich und sie nickt. "Es macht mir nichts aus, auf der Couch zu schlafen, du bist doch viel zu groß", antwortet sie. Lina räuspert sich: "Ich brauche kein Bett für mich alleine, ich lege mich einfach neben Chris, das haben wir früher beim Camping doch auch gemacht." Ich schmunzle und lege einen Arm um die Schultern meiner Schwester, dann drücke ich ihr einen Kuss auf den Scheitel. "Dann ab ins Bett Lina, Nora sollte wenigstens ausgeschlafen sein morgen." Meine Schwester verschwindet in meinem Zimmer und Nora in ihrem.

Ich geh schnell Zähne putzen und klopfe danach noch kurz an Noras Tür, sie hat ein Tanktop und Shorts an als sie öffnet. "Das Bad ist frei." Murmele ich, weil ich bei dem Anblick fast alles vergesse. "Ich bringe Lina morgen zu meinen Eltern und werde wahrscheinlich erst abends zurück sein. Danke das du dich um sie gekümmert hast." "Kein Ding, sie sollte ihn anzeigen und ihr solltet besser keine Selbstjustiz ausüben, wäre doch Mist, wenn ihr dafür ins Kittchen wandert und er davonkommt." "Damit hast du recht, aber ihm die Fresse zu polieren steht schon lange auf meiner to-Do Liste." Sage ich und höre Nora ausatmen. "Ich verstehe, nur kannst du mit einer gebrochenen Hand, nicht mehr den Hammer schwingen und fällst in der Ausbildung zurück."

Ich grinse, weil sie sich so viele Gedanke um mich macht. Ich umarme sie und drücke ihr einen Kuss auf die Stirn, ehe ich "Schlaf gut, und viel Glück morgen" flüstere.

Dann gehe ich in mein Zimmer und sie ins Bad. Meine Schwester liegt neben mir und als wir nichts hören und ich fast eingeschlafen bin flüstert sie: "Du stehst auf sie!" Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, meine kleine Schwester hat für so etwas einen sechsten Sinn. Zudem weiß ich, das es stimmt. "Ja das tue ich und genau deshalb lasse ich sie in Ruhe." Gut der letzte Teil war gelogen immerhin habe ich sie eben geküsst, um nicht mehr so wütend zu sein. "Das du dich nicht traust ist ja was ganz neues." Murmelt Lina und ich grummle: "Ich habe nicht gesagt, das ich mich nicht traue, ich lasse sie nur in Ruhe." "Du hast Angst, das du es versaust und lässt dich nicht drauf ein. Das ist Feige", stellt sie fest und ich überlege kurz sie aus dem Bett zu schubsen.

"So ein Quatsch. Hast du dich mit ihm verabredet oder war es wirklich Zufall?" Kontere ich um von mir auf sie abzulenken. Ihr Ellenbogen fliegt in meine Rippen. "Ich habe seit Monaten keinen Kontakt zu ihm, ich wusste nicht mal, das er wieder draußen ist. Ich habe keine Ahnung wie er mich gefunden hat. Er hat ""Hallo Lina"" gesagt und ich habe sofort gesagt, das er mich in Ruhe lassen soll, woraufhin er mich an den Haaren gepackt und mich in eine Gasse gezogen hat. Er hat mich angefleht ihm noch eine Chance zu geben und ich habe mich von ihm losgerissen, dann flog die erste Faust und ich bin ausgewichen, ich habe geschrien und die zweite Faust hat mich erwischt, dann bin ich gelaufen und zum Glück wurde er von einigen Passanten aufgehalten." Sie zittert am ganzen Körper und ich fühle mich wie ein Arschloch, weil ich an ihrer Geschichte gezweifelt habe. Sie legt meinen Arm um sich und murmelt "gute Nacht". Ich liege noch eine Weile wach, bis ich ihren gleichmäßigen Atem höre und schließlich schlafe ich auch.

Der Mitbewohner Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt