Kapitel 111

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Nora

"Ich habe ihn beeindruckt", murmle ich und fühle einen Rausch, als hätte ich gerade eine Prüfung bestanden. "Auch war er wesentlich netter gerade am Telefon, als vor ein paar Tagen in seinem Büro", stelle ich meine Gedanken aussprechend fest. "Kannst du es ihm verübeln, da taucht eine Deutsche auf und behauptet seine Tochter zu sein, während der Arbeit." Erwidert Lina, die sich gerade im Badezimmer schminkt. "Na ja, so gesehen wäre ich auch skeptisch. Aber nett und höflich kann man immer sein." Verteidige ich mich und sie lacht: "Nur weil du es immer bist, gilt das nicht für alle anderen Menschen. Zu meinem Ex Freund wärst du wahrscheinlich nicht so nett, oder?" Ich verziehe das Gesicht schmerzlich: "Der Typ hat dich verprügelt, und verrottet hoffentlich im Knast", gebe ich ihr als Antwort und schon guckt sie mich an, stemmt ihre Hände in die Hüften und sagt: "Siehst du, schon bist du nicht mehr nett." Ich gebe nach, weil sie mal wieder recht hat.

"Fertig, wie sehe ich aus?" fragt Lina und ich gebe ihr einen Daumen hoch. "Wow, das ist alles? Ich brauche mehr schwule Freunde, die geben besseres Feedback." Und ich lache, weil es in dem Moment an die Zimmertüre klopft, ich stehe auf und lasse Nino und Daniel herein, nach einer Umarmung und den üblichen Küsschen rechts und links treten sie ein. "Wow, Honey, you look fabulous" schwärmt Daniel über Linas Outfit und ich lache. "Lina da hast du deine Bewertung." Sie grinst und streckt mir dann die Zunge heraus. Wieder klopft es, Chris kommt rein, gefolgt von Rena.

"Ihr Lieben ich wünsche euch ganz viel Spaß, und du Nora, genieße den heutigen Abend, mach dir keine Sorgen um die Kinder und wegen Morgen, ich habe so ein Bauchgefühl, das alles gut gehen wird!", sagt Chris Mutter zu mir und drückt mich fest. "Du bist die Beste, aber du weißt auch das Mütter nie ohne Sorgen aus dem Haus gehen." "Heute schon meine Liebe, Pit und Anouk sind schon wieder in den Comics vertieft und die Zwillinge gucken gerade Sandmann, zu denen kuschle ich mich gleich ins Bett" sagt sie und quickt vor Freude. "Ich wünschte jeder hätte so eine Oma wie dich." Sie drückt mich fester und gibt mir einen dicken Kuss auf die Wange. Dann küsst sie Lina, Nino und Chris ebenfalls auf die Wange und als Daniel seine Wange spielerisch hinhält lacht sie und gibt ihm auch einen Schmatzer. "Wirklich die beste Oma" sagt er und zwinkert, bis sie ihm droht für seine freche Antwort eine zu knallen. Dann wackelt sie freudig aus dem Zimmer.

"Was ist Morgen Nora", fragt Daniel als die Tür ins Schloss fällt, als ob er vor Neugierde fast platzt und ich gucke ihn an und beiße mir auf die Unterlippe. "John und ich machen einen Vaterschaftstest" brülle ich und mein bester Freund schreit "Scheiße, nicht dein Ernst, wie hast du das geschafft???? Wo ist der Prosecco?" Chris sagt nur "hier" und hält die Flasche hoch. "Auf machen sofort!!!" brüllt jetzt Lina und Chris schreitet zur tat. Während ich mit Daniel aufgeregt auf und ab hüpfe, dreht Lina die Musik auf und schon strahle ich übers ganze Gesicht. Nino ist der Einzige, der nur Bahnhof versteht, aber als Chris und Lina ihm alles im Schnelldurchlauf erzählen, ist er erst fassungslos und dann freut er sich mit, so sehr das er uns in der ersten Bar eine Runde spendiert. Chris und ich gehen noch mit in die nächste Location, ehe wir uns von den anderen verabschieden, ich bin angetrunken, möchte aber morgen nicht mit einem Kater auf meinen potenziellen Vater treffen, außerdem sind die Kinder immer früh wach und nehmen keine Rücksicht auf übernächtigte Eltern.

Lina, Nino und Daniel ziehen weiter, wobei letzterer nur dafür sorgt, dass die Geschwister in einen Club reinkommen, und dann verschwindet er auch. Lina pennt bei Nino und schleppt sogar jemanden ab, genau wie Nino, die beiden sind einfach unverbesserlich und nach so langer Zeit auch endlich wieder unzertrennlich. Chris hingegen kam schon immer besser mit Ben seinem älteren und Carlo seinem jüngeren Bruder klar. Nino ist der jüngste und hatte am meisten mit Lina zu tun, und Lina, die wird von ihren vier Brüdern geliebt. Sie sagte mal zu mir: "Niemand sonst liebt mich so sehr wie diese vier, wenn ich jemanden zum Reden brauche, haben sie ein offenes Ohr, wenn ich Schutz brauche, stehen sie wie eine Mauer vor mir, sie sind meine besten Freunde und meine nervigsten Anhängsel, aber ich würde keinen von ihnen missen wollen." Und ich beneide sie darum mit Geschwistern aufgewachsen zu sein, mit Eltern die einen lieben und unterstützen.

Der nächste Tag

Gott bin ich nervös, und es wird von Stunde zu Stunde schlimmer. Da alle vor Neugierde platzen, sind wir schon um 12:45 Uhr in der Lobby des Hotels und warten auf John Walshtown, und mit alle meine ich Rena, Lina, Chris und ich, während Pit mit den Kids oben ist und auf Bericht von seiner Frau wartet. "Ich wette er sitzt am Fenster und mustert jeden Passanten eindringlich", sagt Rena und ich muss lachen, weil ich es mir bildlich vorstellen kann. Chris Eltern sind wie die Eltern, die ich nie hatte, einfach zuckersüß, liebevoll und immer für mich da. Schon komisch, das Aurelie und ich beide aus kaputten Familien in eine so tolle und herzliche reingeheiratet haben.

John wirkt ebenfalls nervös, da er schon um 12:50 Uhr vor dem Gebäude auftaucht und noch einmal auf und ab geht. Das beruhigt mich doch sehr, denke ich mir.

Der Mitbewohner Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt