Kapitel 108

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Nora

Am nächsten Morgen steht Nino, Chris und Linas kleiner Bruder gut gelaunt in der Lobby, und begrüßt uns alle herzlich. "Schön, dass ihr hier seid, bereit New York zu entdecken, oder wollt ihr erst meine Lehrer und Schule auschecken? So oder so, sollten wir euch erstmal ein Frühstück besorgen, Bagel sind genehm?" fragt Nino und wir sind überfordert aber gleichzeitig unheimlich aufgeregt und folgen ihm ins abenteuerliche New York.

Wir gehen trotz der Kinder regelmäßig über rote Ampeln, hüpfen mal hier in eine U-Bahn und mal da, tauchen auf und ab in der Stadt mit den meisten Wolkenkratzern. Ich bin atemlos und komme aus dem Staunen nicht mehr raus, nur manche Gerüche würde ich lieber nicht riechen, denn der Nachteil am Big Apple ist der Müll, der produziert wird. Auch die Zwillinge sind nicht so begeistert, als sie immer wieder von den lauten Sirenen und Humpen der Feuerwehrautos aus ihrem Mittagsschlaf gerissen werden, überhaupt ist es sehr laut in Manhattan. Wir schaffen es schließlich zu Ninos Schule, der Schule, die ich auch gerne besucht hätte, nicht wie er der Musik willen, sondern um hier zu tanzen.

Wow, die Wände sind voll mit Bildern und Photographien von Berühmtheiten, die hier waren, von Konzerten und Vorstellungen, Kunstwerken. Es ist wunderbar und ich fühle mich wie ein Kind im Süßigkeiten Laden. Nach einer Willkommens Veranstaltung für die Angehörigen zeigt uns Nino seine Klassenräume und stellt uns einigen Lehrkräften vor.

Danach erkunde ich ein wenig mehr den Eingangsbereich und platze fast vor Stolz, als ich vor dem übergroßen Bild von Daniel stehe, unglaublich wie gut er aussieht, in dieser Pose, einer Arabesk. "Gott ist das lange her", höre ich jemanden neben mir seufzen und als ich nach dem ersten Schock beim Anstarren erwischt worden zu sein, zur Seite gucke, steht da mein alter Freund direkt neben mir. "Du hast dich kein bisschen verändert" meine ich und er mustert mich, schockiert darüber auch deutsch zu sprechen. Dann werden seine Augen so groß wie Teller: "NORA! NORA fucking Hofstätter? Scheiße kneif mich mal jemand!" brüllt er und Blicke von Fremden fliegen in unsere Richtung. Ich grinse breit. "Ja, du Honk" sage ich und er umarmt mich, küsst mich auf die Wange und wirbelt mich herum.

Und genau jetzt bin ich froh hier zu sein und ihm nicht vorher eine E-Mail geschickt zu haben. "Oh mein Gott lass dich ansehen, Engel!" sagt er und hält mich auf Armlänge, um mich anzusehen, ehe er mich wieder in die Arme nimmt und noch fester drückt. "Ich lass dich nicht mehr aus den Augen oder gar aus Reichweite." Fährt er freudig fort. "Da habe ich was gegen!" sagt eine mir vertraute Stimme, hinter Daniel. "Chris" flüstere ich, "darf ich dir Daniel vorstellen".

"Der berühmte Daniel, live und in Farbe, freut mich" sagt Chris und hält Daniel die Hand hin. "Berühmt bin ich nicht", sagt Daniel bescheiden und erwidert den Handschlag. "Nicht so wie Nora scheint mir", fährt er fort, während "Mamsi", brüllend gleich zwei von drei Kindern, auf mich zustürmen. "Wo warst du?" fragt mich Mira, "wir haben dich gesucht", ergänzt Anouk und David meint nur "nicht weglaufen" im gleichen Ton, in dem ich es immer sage, um die Horde zusammen zu halten. Ich grinse und umarme alle drei so gut es geht, während sie sich an meine Beine heften. "Wow", staunt mein alter Freund, "Die Mutterrolle steht dir besser als jedes Bühnenstück" schmeichelt er mir, bis ich verlegen werde, dann kniet er sich hin und stellt sich den Kindern vor, kriegt sogar ein high 5 von ihnen.

"Bist du das?" fragt Anouk, die aufmerksam das Poster an der Wand mit ihm vergleicht und er nickt und fühlt sich geschmeichelt. "Beweis es, mach mal die Pose" fordern die Zwillinge und ich kichere über die Dreistigkeit meiner Kinder. Chris steht mittlerweile neben mir, hat einen Arm um mich gelegt und beobachtet das Geschehen, genau wie ich. "Ich habe eine bessere Idee, kommt mal mit", sagt Daniel und wir folgen ihm in ein kleines privates Studio, "So und jetzt zeigt ihr mir eure Moves und dann zeig ich euch meine." "Gut, dass unsere Kinder so gerne tanzen" murmelt Chris mir ins Ohr, "nicht nur die" füge ich hinzu, ziehe meine Schuhe aus und hüpfe mit den anderen fröhlich durch die Gegend. Schließlich ziehe ich auch Chris dazu. Es tut gut, so frei herumzualbern.

Der Mitbewohner Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt