Kapitel 84

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Chris

Ich liebe meine Familie, sie freuen sich für Aurelie, Nora und mich, mein Vater und meine Mutter sind allerdings auch besorgt, dass ein Baby unsere Situation nur verkomplizieren wird, und das besonders Nora darunter leiden könnte. Seit Weihnachten telefonieren meine Mutter und meine Freundinnen regelmäßig, ich glaube meine Mutter möchte ihnen die Mutter sein, die sie beide nicht haben. Denn auch wenn Aurelies Mutter netter und herzlicher ist, als der Drache den Nora hat, ist sie nicht mit unserer Situation einverstanden, weil wir nicht ins Schema passen.

Aurelie repräsentiert das schwarze Schaf der Familie, weil sie sich selbst treu ist. Sie macht sich nichts aus dem Geld, dass ihre Familie hat, interessiert sich nicht für die Geschäfte ihres Vaters, sondern geht schon immer ihren eigenen Weg. Einen alternativen, Hippie und Selbstfindungsweg. Das ist genau der Grund, warum ich sie von Anfang an in meinem Leben haben wollte, als Bekannte, Vorbild, als Freundin und jetzt als die Mutter meines ersten Kindes. Ich weiß das Nora es ähnlich sieht, denn wir haben uns schon einige Male darüber unterhalten.

Mit jedem Monat wächst Aurelies Bauch weiter und sie strahlt immer mehr. Nora und ich haben Mühe unsere süße Französin und ihre Gelüste zu befriedigen, aber zu zweit ist das auf jeden Fall einfacher als allein. Bei den Arztterminen wechseln wir uns ab, wer Aurelie begleitet. In Noras Frauenarztpraxis, die jetzt auch Aurelies ist, fühlen wir uns alle drei wohl, auch wenn uns andere Patientinnen hin und wieder schräg angucken oder einen unschönen Kommentar bringen. Meistens zerschmettert einer von uns diese achtlosen Bemerkungen oder wir ignorieren es völlig.

Nur einmal kommen meine Beiden, völlig aufgelöst aus der Stadt zurück. Aurelie ist im 7ten Monat, als eine Passantin die Beiden angespuckt hat, auch ihre Worte haben Nora und Aurelie sehr verletzt. Ich könnte mir in den Hintern beißen, dass ich nicht mitgegangen bin, sondern im Fitnessstudio war. Es hat eine Stunde gebraucht bis die Tränen versiegt sind und die ganze Nacht über haben sich beide fest an mich gekuschelt. Ich hätte nicht übel Lust diese Frau aufzuspüren und ihr eine zu verpassen, so wütend bin ich. Aber stattdessen küsse ich meine bezaubernden Mädels und hoffe, dass ich sie in Zukunft beschützen kann, das gilt auch für meine ungeborene Tochter.

Und schon liege ich die halbe Nacht wach und mache mir Sorgen, um die Reaktionen der Spießereltern in Kita und Schule und wie ich meine Tochter vor solcher Ignoranz bewahre. Als die Gedanken mich am nächsten Tag immer noch plagen, rufe ich meine Mutter und meinen Vater an, frage sie um Rat und danach, nur um sicher zu sein, telefoniere ich noch mit Ben und Sarah.

Der Mitbewohner Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt