„Und wie war dein erster Arbeitstag?", begrüßt Luna mich, als ich in die Küche hetze. Erleichtert, dass ich in gewissermaßen zu Hause bin, atme ich tief durch und lehne mich an die Spüle. „Das Büro ist toll", erwidere ich dann und presse die Lippen zusammen, als ich zu Luna schaue, die die Spülmaschine mit dem letzten Teller ausräumt, sodass ich gar nicht mehr die Möglichkeit hätte zu helfen. Ich bin zwar jemand, der es hasst, im Haushalt zu helfen, aber noch weniger komme ich damit zurecht, als Idiot daneben zu stehen. „Aber?", Luna lächelt sanft, als sie rückwärts auf die Arbeitsplatte springt und die Beine baumeln lässt. Seufzend tue ich es ihr gleich und springe nach oben, wobei sich die Granitplatte ganz kalt unter mir anfühlt. „Ach, ich muss eine Reportage über Tims Kollegin verfassen", erzähle ich gleich, was mich nervt. Verwundert schaut Luna mich an, ihre grauen Augen blinzeln ein paar Mal, bis sie sich wieder gefasst hat. „Du weißt schon, dass das ein enormer Zufall ist?", sie schüttelt ungläubig den Kopf, was ich mit einem Schnauben quittiere. „Was? Dass ich jetzt eine Woche lang meinen Ex zur Arbeit begleiten muss oder dass ich seine Verehrerin loben soll?", ich trete etwas zu fest gegen die Schublade unter mir, sodass es scheppert. „Beides. Absolut beides. Aber solange sie nur auf ihn steht", Luna schaut versöhnlich, aber ich verdrehe bereits die Augen. „Nope, sie redet auch davon, wie gut die beiden körperlich zusammen passen", brumme ich. Die Vorstellung wie Lucy mit Tim schläft, lässt alles in mir eiskalt werden. Schaudernd ziehe ich die Kapuze meines dunklen Hoodies näher an meinen Hals – als ob das helfen könnte. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Also dass -", Luna hält Inne, als Tim die Küche betritt. Großartig, jetzt will ich nicht wissen, wie lange er bereits im Flur stand. „Denk bloß nicht, dass wir oft über dich reden würden", Luna zwinkert Tim zu, um ihr Gesagtes aufzulockern. Es erstaunt mich, dass sie das geäußert hat, denn ich bin mir sicher, dass es nur meinetwegen war. Sie gibt sich wirklich Mühe. „Natürlich nicht", Tim lacht verkrampft auf und schlängelt sich an mir vorbei. „Hilft mir mal jemand?! Ich hab Döner mitgenommen!", Maik ruft durch die ganze Wohnung, als etwas an der Haustür rumpelt und er zu stolpern scheint. Luna kichert und verschwindet sofort in den Flur, um Maik zu helfen. Oder eher ihn zu küssen. Möglichst gelangweilt setze ich mich an den Esstisch, wobei ich noch die Servierten verteile, die herumliegen. Tim spannt sich auch an, als wir draußen die Knutschgeräusche hören, aber man hier drinnen eine Feder fallen hören könnte. Polternd stellt er die Teller auf den Tisch, meinen schiebt er mir vorsichtig hin. Harsch nehme ich ihm den Teller ab, den er für mich gedacht hat, und klopfe mit dem Finger darauf herum. Unter Tims Blicken gerate ich aus dem Takt, was es noch unerträglicher macht, mit ihm hier zu sitzen. Vorgestern habe ich ihn noch umarmt, erinnere ich mich, wenn ich auf seine Schultern schaue, die sich im Takt heben und senken. „Wann hast du denn Zeit zum Reden?", fragt Tim und beugt sich etwas weiter nach vorne von seinem Platz aus, als würde er mir dadurch näher kommen. Instinktiv halte ich die Luft an, als mir sein Geruch in die Nase steigt. „Heute nicht mehr schätze ich, ich muss die Reportage bis Freitag abgeben", erwidere ich und warte bedeutungsvoll, ob er noch etwas sagt. Tim atmet tief durch und setzt an, etwas zu sagen, lässt es aber dann doch für ein paar Sekunden bleiben. „Ich – mir wäre es wirklich wichtig, mit dir zu sprechen, Em ... ma. Ich denke, es wäre auch sinnvoll, wenn wir reden, bevor du schreibst", Tim schaut mich intensiv an. Und zwar mit einem Blick, bei dem er weiß, dass ich Herzrasen bekomme - besser gesagt damals bekommen habe. „Warum?", ich merke, wie meine Stimme bei jedem Buchstaben leiser wird. Verdammte Gefühle. „Bitte. Du hast heute etwas falsch aufgefasst", Tim bemüht sich sichtbar, nicht sofort weiterzusprechen. „Okay", entgegne ich und weiß, dass das nicht stimmt. Nichts ist gerade okay. „Na, habt ihr fertig geknutscht?", fragt Tim plötzlich, schnell drehe ich mich auch zu Luna und Maik, die hinter mir in die Küche stolpern, weil sie herumalbern. Beinahe lässt Luna gerade eine dieser weißen Plastiktüten fallen, in denen einige Folien stecken, während Maik sie an der Taille packt und anhebt. Quietschend strampelt Luna in der Luft und lacht, als Maik sie an den Tisch trägt. „Geknutscht ja", Maik grinst frech, während Luna sich in seinen Armen windet und den Kopf an seine Halsbeuge schmiegt. „Na dann", ich lächele, als ich Luna die Tüte abnehme und öffne. Sofort verbreitet sich der scharfe Geruch von Falafeln und Chilisauce in der Küche, sodass sich ein Grinsen auf Tims Lippen schleicht. Ich weiß, dass er gerne scharf isst, genau wie ich auch mehr auf die herzhaften Sachen wie Chips stehe. „Erinnert mich daran, dass ich mich von Maik trenne, wenn er mich noch einmal davon abhält, mir den ersten Döner auszusuchen", Luna kichert, als Maik übertrieben schmollend neben mir Platz nimmt. „Das geht gar nicht", berechtigt er sie dann, Tim lacht mit ihm. „Ach nein?", wende ich ein und schnappe mir dafür den ersten Döner, den Luna eigentlich wählen wollte. Streng guckt sie mich an, als sie sich erst den Zweiten nehmen kann. „Nope, schließlich gehören wir zusammen. Seit ihrer Geburt", Maik grinst Luna an, die lacht. „Ich wusste gar nicht, dass Babys zusammengehören können", schmunzele ich, als ich meinen Döner auspacke, Luna und Maik protestieren sofort beide, dass das bei den beiden sehr wohl ging. Denn auch deren Mütter sind seit ihrer Kindheit beste Freundinnen und haben Luna und Maik mit einem Abstand von knapp einem Monat auf die Welt gebracht. Und somit ist das Abendessen erst einmal gut gelöst, weil das Paar den ganzen Abend Anekdoten erzählt, wie die beiden ihre Kindheit zusammen verbracht haben. Ich muss sagen, mein Favorit ist es, als Luna damals Maik vor einem Frosch retten musste und er sogar geweint hat. Besonders, weil sie sich danach sogar bereit erklärt hat, vor ihren Eltern zu behaupten, dass er der Ritter war, der die beiden gerettet hat, und nicht sie. Lachend stellen wir uns das sicher alle vor, oder eher Tim und ich, während Luna kichernd hinzufügt, dass sie noch Fotos davon auf dem Handy haben muss, die ihre Eltern ihr erst vor ein paar Tagen geschickt haben. „Die musst du mir schicken. Ich braue schließlich noch Bilder, die ich dann an Maiks Hochzeit zeigen kann", Tim grinst seinen besten Freund frech an, der beinahe einen Teil seines Döners ausspuckt. „Ich glaube, du wirst doch nicht der Trauzeuge, Mann", schüttelt er sofort den Kopf und die Männer lachen, Luna schaut mich an und verdreht die Augen, bis sie plötzlich strahlt. „Du weißt schon, dass du auch meine Trauzeugin wärst?", fragt sie dann und ich huste kurz. „Keine Sorge, nicht zwingend im Kleid. Vielleicht heiraten wir auch einfach mit Jeansjacken und ihr kommt in Hoodies oder so", sie lächelt verträumt und diesmal muss ich auch lachen. „Dabei wollte ich eigentlich meine Lederjacke anziehen", Tim zieht einen Flunsch und sofort lachen wieder alle, nur ich nicht. Es ist ungewohnt, dass er so entspannt ist. Aber seit dem Moment an dem Grab seiner Eltern ist es ein wenig entspannter in der Runde, wenn wir zu viert sind. Nur steht wohl das nächste Problem an, wenn Tim ach so dringend mit mir reden möchte. „Na gut, darfst du. Aber vorher brauchen wir Softshelljacken", Maik grinst vielsagend, aber Luna schaut verwirrt. „Hm? Willst du noch an die Nordsee fahren oder was, du Spinner?", sie beißt ahnungslos in ihre Teigtasche, aber ich weiß mit einem Blick zu den Männern, dass sie etwas geplant haben. „Ja, ich habe uns Urlaub gebucht. Ich weiß, ich hätte dich fragen sollen, aber ich wollte dich zu unserem Jubiläum überraschen. Also ... du kannst natürlich noch stornieren, aber wenn nicht, Lu, dann fahren wir nächste Woche in den Urlaub", Maik schaut seine Freundin abwartend an, sie verschluckt sich prompt. Schmunzelnd reiche ich ihr eine Servierte, die sie hustend nimmt und dann strahlt. „Natürlich! Oh mein Gott, Maik! Du bist so verrückt!", sie lacht ungläubig und springt um den Tisch herum. Sofort umarmt Maik sie stürmisch und die beiden taumeln lachend gegen Tims Stuhl. Oh nein. Eben habe ich mich noch mit Luna gefreut, zumal ich mir relativ sicher bin, was Maik in diesem Urlaub vorhat. Aber jetzt wird mir klar, dass ich ja mit Tim alleine in dieser Wohnung sein werde. Natürlich überwiegt der Urlaub von Luna und Maik, und niemals würde ich sie darum bitten, hier zu bleiben, es ist einfach ein verdammt mieser Zeitpunkt. „Ahhh, wir fahren echt zusammen weg!", Luna lacht und zieht Maik fest an sich und der große starke Maik lässt sich von ihr zerdrücken. Die beiden sind wirklich süß und ein verdammt tolles Paar. „Hab ich dir doch versprochen. Und Aufpasser für unsere Wohnung haben wir auch noch", Maik lacht und hebt Luna an der Hüfte hoch, wobei sie ihre Beine um seine Hüfte schlingt. Sofort fühle ich mich ein wenig fehl am Platze, als die beiden so intim miteinander wirken. Umso mulmiger wird mir, als Tim mich anschaut, während unsere besten Freunde hinter seinem Rücken knutschen. Eilig stehe ich auf, räume ab und kündige an, dass ich noch arbeiten muss, bevor ich flüchte.
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Hey
RomanceTiefe, intensive, brennende Blicke bis in die Seele. Die hat Emma damals hinter sich gelassen - doch sie kehrt nach elf Jahren zurück. Wie das Schicksal es will, gibt es keinen anderen Ausweg, als in die WG ihres Exfreundes Tim, ihrer Ex-BFF Luna u...