Erschöpfung

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Immer wieder nickte Amelie ein und wurde nur dadurch wach, dass ihr Kopf auf ihre Knie schlug.
Es half nichts, sie würde es nicht mehr lange schaffen wach zu bleiben.
Sanft weckte sie Sam die unruhig zuckend neben ihre schlief.
Erschrocken schreckte das Mädchen aus dem Schlaf, als Amelie sie leicht schüttelte.
Ängstlich sah sie mit großen Augen zu ihr auf.

„Ich kann nicht länger wach bleiben. Du musst für eine Stunde Wache halten."

Flüsterte Amelie und strich Sam liebevoll durchs wild abstehende Haar.
Sam nickte und richtete sich auf. Da sie wegen ihres verletzten Rücken nicht an der Wand lehnen konnte, setzte sich sie nur mit ihrem Unterkörper an die Wand und legte ihre Ellenbogen auf die Knie.
Müde rieb sie sich mit der unverletzten Hand den Schlaf aus den Augen.
Amelie reichte ihr die Waffen, die Sam aber nur mit großen Augen betrachtete.

„Du musst die nehmen.
Wenn jemand kommt richte sie einfach auf denjenigen und drück ab."

Meinte Amelie eindringlich und sah Sam an.
Zögernd nahm sie die Waffe und Amelie legte sich an die Stelle wo eben noch Sam geschlafen hatte.
Die große Erschöpfung bewirkt, dass sie nach nur wenigen Sekunden in einen traumlosen Schlaf glitt.

Nervös saß Sam neben Amelie auf der Matratze und sah auf die Tür.
Außer dem ruhigen Atem von Amelie und Sams wild schlagendes Herz war in dem feuchten Gemäuer nichts zu hören.
Auch der böse Mann denn sie in dem anderen Raum eingeschlossen hatten, schien zu schlafen.
Sam hatte Angst.
Bestimmt würde Gregor Jakowaski wieder kommen und ihr erneut schreckliche Dinge antun wollen.
Vor Angst und Kälte zitternd umklammerte sie die Waffe.
Die Verbrennungen am Rücken und die Schnittwunden an der Hand schmerzten immer mehr.
Nur mit Not konnte Sam sich zusammenreißen um nicht laut zu schluchzen, als die ersten Tränen über ihr Gesicht liefen.
Der böse Mann würde sicher bald herkommen und dann würde sie wieder schlimme Dinge ertragen müssen.
Und was würde mit Amelie geschehen?
Die junge Frau war so lieb und fürsorglich mit ihr und Leila umgegangen.
Es war so ungerecht, dass sie nun hier mit Sam zusammen in diesem Verlies lag. Die blauen Flecke und das Blut in ihrem Gesicht zeigten, dass der böse Mann und sein Kumpane auch ihr etwas angetan haben musste.
Daran war nur Sam schuld, das wusste sie ganz genau.
Sie hatte den Bruder des bösen Mannes ermordet und deshalb hatte sie es verdient auch zu sterben.
Aber Amelie durfte einfach nichts passieren.
Leila brauchte sie.
So glücklich wie in den letzten Wochen hatte sie ihre kleine Schwester noch nie erlebt.
Bei Tom und Amelie fühlte das Mädchen sich endlich sicher und es wurde sich um sie gekümmert.
Das hätte Sam alleine niemals schaffen können.

Während Sam so ihren Gedanken nachhing, war nur das leise atmen von Amelie und ein regelmäßige Geräusch von Wasser das von der Decke tropfte zu hören.
Die Zeit schien sich wie Kaugummi zu ziehen und Sam wartete, dass sich endlich etwas tat.
Plötzlich begann Amelie im Schlaf zu sprechen und schlug um sich. Sam die an den Füßen von ihr saß schaute erschrocken zu ihr.

„Nicht, bitte ... hören sie auf."

Murmelte Amelie und schlug in die Luft.
Da sie angefangen hatte auch um sich zu treten, kletterte Sam ein wenig von ihr weg.
Sie kroch zum Kopfende der Matratze und strich Amelie mit zittrigen Fingern vorsichtig über den Kopf.
Nach einigen Minuten beruhigte die blonde Frau sich wieder und schien weiter ruhige zu schlafen.
Sam setzte sich wieder an das Fußende und nahm die Waffe wieder in die Hand, die sie neben der Matratze abgelegt hatte.
Das gleichmäßige Geräusch des herabtropfenden Wasser machte Sam schläfrig und langsam fielen ihr die Augen zu.
Sie schüttelte den Kopf um sich wach zu halten, schließlich hatte sie Amelie versprochen aufzupassen.
Jederzeit konnte der böse Mann wieder kommen um ihnen weh zu tun.
Ängstlich sah sie zur Tür herüber und hielt die Waffe in diese Richtung. Sie war sich nicht sicher, ob sie es schaffen würde die Waffe abzudrücken.
Ihr Hände zitternden und ein Schauer wanderte über ihren Rücken.
Tränen stiegen in Sams Augen.
Sie hatte Angst, ihr war kalt und die Brandwunde an ihren Rücken schmerzte.
Leise weinte sie und versuchte nicht laut zu schluchzend, da sie Amelie nicht aufwecken wollte.
Sie wischte die Tränen aus ihrem Gesicht. Trotzig zog sie die Nase zu und versuchte weitere Tränen zurück zu halten.
Sie wollte nicht weinen, sie würde stark sein und sich zur Wehr setzten.
Schließlich wartete Leila zuhause auf sie.
Sie durfte ihre kleine Schwester nicht einfach kampflos im Stich lassen. Leila brauchte sie und sie brauchte Amelie.

Die Zeit verging und es fiel Sam immer schwerer sich wach zu halten.
Immer fiel ihr Kopf zur Seite, weil sie einnickte.
Dadurch wachte sie wieder auf und versuchte sich wieder ordentlich hin zu setzten und wach zu bleiben.
Die Stunden vergingen ohne das Sam die Zeit wirklich messen konnte.
War der Morgen bereits angebrochen, oder war es noch mitten in der Nacht?
Sie wusste es nicht, denn das Gemäuer hatte keine Fenster. Sie schienen tief unter der Erde zu sein.
Würde irgendjemand sie hier finden? Sie wusste das Tom und seine Kollegen sicherlich nach ihnen suchten, doch hatten sie überhaupt eine Chance sie hier zu finden.
Sam war lange mit dem fremden Mann durch den Wald gelaufen bis sie zum dem Gemäuer gekommen waren in dem sie nun eingesperrt waren.
Bestimmt würden Tom sie hier niemals finden.
Nur der böse Mann wusste wo sie war und er würde sicher bald herkommen.

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