Leila brauchte einige Minuten um sich wieder zu beruhigen, das Verhalten ihrer Mutter hatte das kleine Mädchen ziemlich aufgewühlt. Nachdem sie zu weinen aufgehört hatte fragte Tom sie welches Spiel sie den ausgesucht hatte und die beiden setzen sich an den kleinen Kindertisch. Leila hatte „Das verrückte Labyrinth" ausgesucht, ein Spiel das Tom aus seiner eigenen Jugend kannte. Sie bauten das Spiel auf und begannen zusammen zu spielen. Nach einer halben Stunde kam Frau Fischer wieder und betrat nach kurzem anklopfen den Raum.
„Ich würde gerne nochmal kurz mit ihnen reden Herr Mayer. Dann können sie gehen."
Tom strich Leila kurz über die Haare und bat sie das Spiel einzupacken und zurück ins Regal zu stellen. Dann folgte er Frau Fischer aus dem Raum in den Flur. Besorgt sah er sie an. Hoffentlich hatte Nadine nicht noch mehr Lügen erzählt, um sich selber wieder in ein besseres Licht zu rücken.
„Frau Rudolphs war ziemlich aufgeregt, dass wir ihr Gespräch mit ihrer Tochter mit angehört haben. Ich konnte sie aber endlich dazu bewegen ehrlich mit mir zu sein. Sie hat zugegeben das die Vorwürfe gegen sie Herr Mayer erfunden waren. Sie wollte sich selber nur den Kopf aus der Schlinge ziehen. Auf keinen Fall möchte sie ins Gefängnis gehen, nur weil sie ihre Kinder vernachlässigt und misshandelt habe. Gleichzeitig möchte sie die Kinder auch nicht wieder zurückhaben, sie empfindet die beiden nach eigenen Worten als eine Belastung.
Ich muss sagen ich bin wirklich froh, dass ich auf mein Bauchgefühl gehört habe die Mädchen erst einmal bei ihnen unterzubringen und heute auch nicht auf die Vorwürfe von Frau Rudolphs zu hören. Ich merke das die Kinder sich bei ihnen sehr wohl fühlen und sehe wie aufopferungsvoll sie sich um die beiden kümmern. Wenn sie damit einverstanden sind, würde ich mit dem Familiengericht klären das die Kinder fest bei ihnen bleiben können. Es muss ja nicht gleich eine Adoption sein, wenn ihnen das zu viel ist. Aber sie könnten als feste Pflegefamilie in die Akte aufgenommen werden."Ungläubig sah Tom sie an und war sprachlos über diese rasche Veränderung. Eben hatte er sich noch Sorgen gemacht, dass er Leila womöglich nicht mal mit nach Hause nehmen dürfte und nun schlug Frau Fischer sogar vor, dass Leila und Sam für immer bei ihnen bleiben durften?
Sein Schweigen nahm Frau Fischer allerdings als Ablehnung auf, denn auf ihrem Gesicht machte sich Enttäuschung breit.„Nun ich verstehe schon. Vermutlich haben sie nur geplant die Kinder vorübergehend bei sich aufzunehmen. Ich werde sicher auch eine andere feste Familie für sie finden, wenn ihnen das lieber ist ..."
„Nein!"
Beeilte Tom sich die Mitarbeiterin des Jugendamtes zu unterbrechen.
„Es tut mir Leid ich war einfach sprachlos. Ich glaube für meine Frau und mich gäbe es kein größeres Geschenk, als wenn wir Leila und Sam für immer bei uns aufnehmen dürften. Wenn das möglich ist würden wir sie auch gerne adoptieren."
Alleine bei der Vorstellung kamen Tom die Tränen und er musste seine Erklärung abbrechen. Frau Fischer schenkte ihm ein warmes Lächeln und schien erleichtert zu sein.
„Ich verstehe Herr Mayer. Ich werde mich um alles kümmern und melde mich dann bei ihnen. Haben sie noch einen schönen Tag."
Tom räusperte sich und verabschiedete sich dann von der nette Jugendamt Mitarbeiterin. Dann holte er Leila und ging mit ihr zusammen zurück zu seinem Wagen.
„Können wir zu Sam?"
Fragte Leila vorsichtig nach als sie beide in Wagen saßen. Tom nickte und schenkte ihr durch den Rückspiegel ein Lächeln.
„Natürlich gute Idee. Sie wird sich bestimmt freuen dich zu sehen."
Leila strahlte ihn an und Tom startete den Wagen. In der Klinik am Südring angekommen gingen die beiden zusammen auf die Kinderstation. Charlotte Engel hatte Dienst und Tom begrüßte sie kurz, bevor sie zu Sams Zimmer gingen.
Leila lief zu ihrer großen Schwester und umarmte sie vorsichtig. Sam freute sich wirklich sehr endlich ihre kleine Schwester wieder zu sehen.
Tom begrüßte das Mädchen lächelnd und stand eine Zeit neben Leila. Doch er merkte recht schnell das Leila in seiner Anwesenheit nicht wirklich frei mit ihrer Schwester reden wollte, daher sagte er den beiden das er noch mit Doktor Engel reden wollte und ließ die Mädchen alleine.
Charlotte saß gerade in der Schwesternkanzel und schrieb in einer Patientenakte, doch als Tom an der Tür klopfte winkte sie ihn lächelnd hinein.„Hallo Tom. Na wie geht es dir?"
Fragte Charlotte ehrlich interessiert.
Tom seufzte und setzte sich auf einen der Bürostühle gegenüber von Charlotte.„Naja es geht so. Amelie geht es nicht wirklich gut und auch Sam macht mir Sorgen.
Heute musste ich mit Leila zum Jugendamt, ihre Mutter wollte ihre Kinder wiedersehen. Das lief nicht wirklich gut."Charlotte hörte ihm schweigend zu und musterte ihn mit einem eindringlichen Blick.
„Und wie geht es dir? Also nicht den anderen, sondern dir selber?"
Tom musste erst einmal kurz über diese Frage nachdenken. Auf sich selber hatte er in den letzten Wochen kaum geachtet. Dafür war mir Sam und später auch mit Amelies Verschwinden einfach zu viel los gewesen.
„Naja eigentlich geht es mir ganz gut. Irgendwie fühl ich mich ein wenig so als wäre ich durchgehend unter Strom. Man wartet fast darauf das die nächste schlimme Katastrophe vor der Haustür steht."
Charlotte nickte verstehend.
„Erst einmal braucht ihr mal wieder Ruhe. In letzter Zeit war es einfach zu viel bei euch, da ist es kein Wunder das du dich so fühlst."
Charlotte sah kurz auf ihr Telefon das zu blinken begonnen hatte, legte das Gerät dann aber wieder weg.
„Trotzdem solltest auch du mit jemanden darüber reden, jemand der dir helfen kann. Auch für dich war das eine Ausnahmesituation, die man nicht so einfach wegsteckt."
Tom überlegte kurz was er dazu sagen sollte. Er hatte schon Debbie versprochen das er mit der Polizeipsychologin reden würde, daher versprach er dies auch Charlotte.
Das Telefon der Kinderärztin klingelte erneutbund sie musste los, daher ging auch Tom zurück zu Sams Zimmer.„So meine beiden Mäuse. Wir müssen jetzt langsam, Amelie wartet sicherlich schon auf uns."
Sam sah ihn kurz traurig an, doch als er versprach das sie alle drei morgen wieder zu Besuch kommen würden, hellte sich ihr Gesicht sofort auf. Er umarmte das Mädchen kurz zum Abschied und ging dann mit Leila zusammen zurück zum Auto.
DU LIEST GERADE
Scherbenmeer
FanfictionDer Tod seines besten Freundes lässt Tom Mayers Welt zerbrechen. Von Trauer und Schuldgefühlen getrieben flüchtet er von Düsseldorf nach Köln und versucht sich dort ein neues Leben aufzubauen. Doch die Vergangenheit lässt sich nicht einfach wegstre...