Heldenhaft

899 42 0
                                    

Seufzend richtete Sam sich auf.
Sie hatte Fieber bekommen, das spürte sie deutlich.
Die Wunde am Nacken schmerzte höllisch. Doch das laute Knurren ihres Magen und der schon beinahe schmerzhafte Hunger, ließen sie nicht mehr schlafen.
In der gestrigen Nacht, war sie noch lange umhergeirrt auf der Suche nach einem Schlafplatz.
Die Wunde im Nacken hatte bald wieder angefangen zu bluten und es ging ihr zusehends schlechter.
Daher hatte sie sich bald entschieden, dass sie die restliche Nacht in ihrem Notfallversteck verbringen würde.
Nur Fluppe und Kiwi hatte sie mal von der verlassenen Fabrik erzählt.
Am Ende des Hofes war ein kleines Loch in der Mauer, durch das sie sich quetschen konnte. Allerdings gab es hier keine versteckten Matratzen, Decken oder Lebensmittel, weshalb sie auf dem kalten Steinboden schlafen musste. Trotzdem war sie recht schnell eingeschlafen, als sie kurz vor Sonnenaufgang in der Fabrik angekommen war.

Nun war es schon wieder dunkel, anscheinend hatte sie den ganzen Tag verschlafen.
Kein Wunder, dass sie dermaßen großen Hunger hatte.
Sie sammelte ihre Sachen ein und verstaute sie in ihren Rucksack.
In der Nähe der alten Fabrikhalle gab es einige Restaurants, mit etwas Glück könnte sie etwas Essbares aus den Mülltonnen stibitzen.
Meist waren diese abgesperrt oder standen in eingezäunten Hinterhöfen, aber mit etwas Glück kam sie an eine Tonne heran.

Sie machte sich zu Fuß auf den Weg und obwohl es nur einige hunderte Meter waren, kam sie nur sehr langsam voran.
Nach wie vor fühlte sie sich hundsmiserabel und es fiel ihr schwer sich überhaupt aufzuraffen, einige Meter zu Fuß zu gehen.
Ihre Glieder schmerzten und sowohl die Schnittwunde im Nacken, wie auch ihr durch den Zusammenprall mit dem Fahrradfahrer malträtierter Brustkorb schmerzte bei jedem Schritt. Sie konnte kaum ordentlich Luft holen und musste alle paar Meter eine Pause einlegen.

Nach einer halben Stunde erreichte sie eine belebtere Straße und versuchte sich im Dunkeln zu halten, um bloß nicht aufzufallen. An einer Bushaltestelle durchsuchte sie einen überquellenden Mülleimer.
Sie fand einen zerknautschte Müsliriegel, den sie schnell in ihren Rucksack steckte.
Dann suchte sie weiter. Etwas weiter unten im Mülleimer lag ein angebissener Apfel und ein altes belegtes Brot.
Vorsichtig nahm sie beides heraus und betrachte ihren Fund im Licht.
Es war kein Schimmel daran zu finden und die Wurst auf dem belegten Brot, stank noch nicht auffällig.
Obwohl es sie ein wenig anekelte sammelte Sam den Dreck von den Essensreste und aß dann genüsslich das alte Brot.
Es schmeckte sogar noch einigermaßen, auch wenn das Brot schon sehr trocken war.
Es tat unglaublich gut wieder etwas in ihren krampfenden Magen zu bekommen.
Sie schlang das Brot hinunter und aß dann den Apfel.
Dieser war voller Dreck und es knirschte zwischen den Zähnen.
Aber auch das war ihr egal, da sie auch nichts mehr zu trinken hatte, war der Apfel ein richtiges Geschenk.

Plötzlich wurde sie von hellen Scheinwerfern geblendet und ein großer Wagen fuhr vorbei. Wenige Meter entfernt blieb der Wagen stehen und mit Entsetzen stellte Sam fest das es ein Streifenwagen war.
Schnell ließ sie den Rest des Apfels fallen und ging die Straße hinunter, weg von dem Streifenwagen.
Hoffentlich hatte sie wenigstens diesmal Glück und wurde nicht wieder von der Polizei erwischt.
Am Ende der Straße bog sie ab und beschleunigte ihre Schritte.
Der Streifenwagen schien ihr nicht zu folgen, trotzdem entfernte sie sich so schnell sie konnte.

Vorsichtig schlich sie durch die Dunkelheit in eine schmale Gasse.
Hier zweigte ein Hof ab, der zu einem großen Restaurant gehörte.
Normalerweise waren die Mülltonnen immer abgeschlossen, aber ab und an vergaß einer der Mitarbeiter diese lästige Pflicht.
Vorsichtig kontrollierte sie die erste Tonne der Deckel hob sich nur wenige Millimeter, bevor ein großes Vorhängeschloss ihren Öffnungsversuch unterband.
Der nächste Container enthielt nur Pappe und Papier.

Das laute Knurren ihres Magens ließ Sam erschrocken zusammenzucken.
Kurz blieb sie im Dunkel zwischen den Müllcontainern hocken und wartete das ihr Herzschlag sich wieder beruhigte.
In der Ecke entdeckte sie einen kleinen Müllsack denn sie schnell zu sich zog und im Licht durchsuchte.
Es befand sich nur Restmüllabfälle darin, etwas Essbares fand sie nicht.
Trotz der dadurch entstehenden Schmerzen in ihren Rippen, stand sie wieder auf und machte sich auf den Weg zu den beiden anderen Containern, die auf der anderen Seite des Hofes standen.

Plötzlich hörte sie Schritte und die Schreie einer Frau.
Schnell versteckte sie sich hinter den Containern im Dunkel und beobachtete den Hof und die Gasse.
Ein Mann erschien im Halbdunkeln und schleifte eine junge Frau mit sich in den Hof. Kurz schaute der Mann sich in der Dunkelheit um und zog die sich wehrende Frau dann in die Dunkelheit, weg von der einzigen Lampe die am Hintereingang des Restaurants angebracht war.
Dabei hielt er der Frau den Mund zu, damit diese nicht schreien konnte.
Als sie die Ecke des Hofes erreicht hatten, in die kaum noch ein Lichtschein drang, warf er die Frau auf den Boden und stürzte sich auf sie.

Entsetzt beobachtete Sam wie der Mann auf der Frau hockte und begann ihre Jacke und die Bluse zu zerreißen.
Die Frau wehrte sich und schrie um Hilfe.
Mit voller Wucht schlug ihr der Mann mit der flachen Hand ins Gesicht, woraufhin sie geschockt verstummt.
Daraufhin setzte er seine Versuche fort sie zu entkleiden und warf ihre Jacke zur Seite.
Die Frau erwachte wieder aus ihrer Schockstarre und schlug dem Mann ins Gesicht.
Wütend schrie dieser auf und legte der Frau seine Hände um den Hals und drückte zu.
Sie begann panisch um sich zu schlagen und sah sich hilflos auf dem Hof um.
Als ihre Versuche sich gegen den Mann zu verteidigen langsam erlahmten, ließ der Mann von ihrem Hals ab und zerriss ihre Bluse.
Die Frau rührte sich nicht, während der Mann auch ihren BH zerstörte und sich danach an ihrer Hose zu schaffen machte.
Die Frau kam wieder zu sich und hob schützend ihre Arme vor die Brust.
Der Mann war derweil damit beschäftigt ihre Hose von ihren Beinen zu bekommen.
Darauf reagierte die Frau indem sie wieder anfing sich zu Wehr zu setzten und den Mann trat.
Der zweite Tritt erwischte ihn am Arm und schmerzerfüllte schrie er auf.
Er rückte kurz von ihr weg, dann fasste er sich wieder und ging auf die Frau los.
Mit geballter Faust schlug er ihr zweimal ins Gesicht und begann dann wieder sie zu würgen.
Auf seinem Gesicht war unbändige Wut zu sehen.

Geschockt hatte Sam dem Treiben bisher zugesehen.
Als sie mit ansehen musste, wie der Mann die Frau erneut würgte und ihre Versuche sich zu wehren langsam immer schwächer zu werden schienen, erfasste Sam eine unbändige Wut. Wie konnte der Mann dieser deutlich schwächeren Frau so behandeln, sie hatte ihm doch überhaupt nichts getan und nun schien es so als würde der Mann sie töten wollen.
Neben Sam lag ein Haufen Schutt und Ziegelsteinen, ohne lange nachzudenken nahm sie einen der großen Ziegelsteine und schlich auf den Mann zu.

Sie erhob den Stein und ließ ihn auf den Mann niedersausen.
Mit einem hässlichen Krachen landete der Stein auf dem Kopf des Mannes und dieser brach auf der Frau zusammen.
Bewegungslos blieb Sam stehen, den Stein noch immer in der Hand.
Die Frau hustete und holte keuchend Luft.
Mit panischem Blick starrte sie Sam an und Tränen rannen ihr Gesicht hinab.
Blut rann aus ihrer Nase und von einer Wunder an ihrer Schläfe.
Zitternd stand Sam vor den beiden Personen und wartete das der Mann sich wieder aufrichtete.

Doch dieser rührte sich nicht, er schien nicht einmal zu atmen.
Wie tot hing der Mann auf der Frau, die sich unter seinem Gewicht kaum rühren konnte. Hatte sie den Mann wirklich umgebracht?
Die Farbe wich Sam aus dem Gesicht und geschockt keuchte sie auf.
Sie war eine Mörderin!
Der Stein entglitt ihrer Hand und fiel mit einem lauten Knall zu Boden.
Sie musste hier weg, wenn die Polizei sie fassen würde, dann kämme sie bestimmt ins Gefängnis.

Ohne lange zu überlegen, drehte sie sich um und rannte los.
Lange hielt sie aufgrund ihrer Verletzungen nicht durch, doch die Schmerzen ignorierend machte sie sich auf den schnellsten Weg zurück zur ihrem Versteckt.

ScherbenmeerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt