Amelie war noch für zwei Wochen krankgeschrieben, weshalb Tom sich erst einmal ebenfalls ein paar Tage frei nahm. Er wollte sie nicht alleine zuhause lassen, schließlich hatte der Schrecken hier für sie begonnen.
Er kümmerte sich um einen Zimmermann der die defekte Terrassentür für sie austauschen sollte. Von dem bevorstehenden Treffen mit Nadine am Samstag erzählte er Amelie erst einmal nichts. Er brachte es einfach nicht übers Herz ihr mitzuteilen, dass die Kinder womöglich bald wieder zurück zu ihrer leiblichen Mutter mussten. Erst am Freitagabend berichtete er Amelie von dem Brief den das Familiengericht gesendet hatte. Wie er erwartet hatte liefen Tränen über Amelies Gesicht als Tom ihr von dem Treffen am nächsten Tag erzählte.„Also müssen die beiden wieder zurück zu dieser Frau? Egal wie schlecht diese sich um die Kinder gekümmert hat?"
Tom seufzte leise und nahm Amelie in den Arm.
„Noch ist gar nichts entschieden. Aber es sind ihre Kinder, wenn das Jugendamt meint sie hat sich geändert und hat ihr Leben wieder im Griff, wird sie die Kinder vermutlich wieder bekommen. Ich versuche aber mein Bestes das wir trotzdem mit den Dreien in Kontakt bleiben. Das verspreche ich dir."
Amelie blieb in Toms Armen liegen und nickte nur als Antwort. Mit ihr im Arm sah Tom sich die Nachrichten an und bald merkte er das Amelie eingeschlafen war. Die letzten Nächte war sie ständig von Albträumen geweckt worden und konnte daher kaum schlafen. Es tat Tom weh zu sehen wie sehr seine Frau litt und wie schwer es ihr fiel die Geschehnisse zu verarbeiten. Außer sie nachts zu beruhigend, wenn sie schluchzend aus dem Schlaf schreckt, konnte er aber nichts für sie tun.
Als Amelie aus dem Schlaf hoch schreckte und sich panisch umsah, redete Tom beruhigend auf sie ein.„Es ist alles in Ordnung. Du bist zuhause und ich bin bei dir. Komm wir gehen jetzt ins Bett."
Er half Amelie auf die Beine und sie gingen ins Badezimmer um sich die Zähne zu putzen. Man sah Amelie an das sie die Albträume fertig machten. Gedankenverloren sah sie auf einen der weißen Wandfliesen im Badezimmer.
„Ich wünschte ich könnte dir helfen."
Flüsterte Tom leise und strich seiner Frau liebevoll durchs Haar.
Amelie wurde dadurch aus ihren Gedanken gerissen und sah Tom an.
Sie stand von der Badezimmerbank auf und spuckte den Zahncremeschaum ins Waschbecken.„Du tust schon mehr als genug dadurch das du für mich da bist. Es tut mir leid, dass ich dich jede Nacht wecke."
Tom umarmte seine Frau von hinten und legte seinen Kopf auf ihre Schulter.
„Dir muss nichts leidtun. Ich würde dir so gerne diese Albträume nehmen, aber leider kann ich das nicht."
Amelie lehnte sich gegen ihn und seufzte traurig.
„Ich weiß. Du würdest am liebsten alles ungeschehen machen. Aber das geht nun mal nicht und jetzt muss ich lernen damit zu leben. Genau wie Sam."
Tom nickte und lies seine Frau los. Sie gingen ins Bett und Tom zog Amelie in seinen Arm. So aneinander gekuschelt schliefen sie bald ein.
Die erste Nacht schlief Tom diesmal durch und wurde nicht von Amelie geweckt. Als der Wecker ihn am nächsten Morgen weckte lag Amelie noch immer friedlich schlafend in seinem Arm. Vorsichtig zog er seinen Arm unter ihrem Kopf hervor und kletterte aus dem Bett.
Leila schlief friedlich in ihrem Bett und kurz betrachtete Tom das Mädchen. Es würde auch ihm unglaublich weh tun, wenn Leila wieder ausziehen müsste. Doch Arne hatte Recht, Nadine war die leibliche Mutter und wenn sie ihre Alkoholsucht im Griff hatte wäre es das richtige, wenn Leila und Sam wieder zu ihr käme. Er weckte Leila sanft und zog dann die Jalousien am Fenster des Kinderzimmers hoch.„In einer halben Stunde gibt es Frühstück wir müssen pünktlich los. Ich mach schonmal einen Kaffee für Amelie und mich."
Erklärte Tom und die verschlafen unter der Decke hervorlugende Leila nickte gähnend.
Mit zwei Tassen Kaffee kam Tom zehn Minuten später ins Schlafzimmer zurück. Nun schlief Amelie nicht mehr so ruhig wie zuvor in seinen Armen. Sie zitterte leicht und Tom konnte sehen das ihre Augenlieder unruhig flatterten.„Amelie. Aufwachen es ist alles in Ordnung, du bist zuhause bei mir."
Sanft rüttelte er ihr an der Schulter und mit einem leisen Schrei fuhr seine Frau aus dem Schlaf. Panisch sah sie sich um und brauchte einige Sekunden um sich zu orientieren. Als sie erkannte das sie in ihrem Bett lag und Tom neben ihr saß, lehnte Amelie sich erschöpft zurück.
„Ich habe dir einen Kaffee gemacht. Es tut mir leid ich wollte dich noch etwas schlafen lassen. Vielleicht hätte ich dich besser wecken sollen."
Besorgt sah Tom seine Frau an die nur den Kopf schüttelte und sich dann aufrichtete. Sie schob ihr Kissen nach oben und rückte etwas zur Seite damit Tom sich neben sie setzten konnte. Mit dem Rücken am Kopfende gelehnt und den Beinen auf dem Bett, tranken die beiden schweigend ihren Kaffee.
„Ich bin wach! Ich bin wach!"
Aufgeregt rufend kam Leila im Schlafanzug angerannt und sprang zu ihnen ins Bett.
Sie krabbelte zu Amelie und warf sich in deren Arme.„Guten Morgen."
Murmelte sie und vergrub ihrem Kopf in Amelies Bauch. Die lachte und stellte ihren Kaffee zur Seite um Leila durch zu kitzelnd. Lautes Kinderlachen erfüllte das Haus und ließ Toms Herz warm werden. Viel zu lange blieben die drei im Bett und alberten herum, bis Tom mit schrecken feststellen musste das es bereits halb acht war.
„Ohh nein wir müssen in fünfzehn Minuten los."
Rief er und sprang aus dem Bett.
„Anziehen kleine Maus. Ich mach uns ein schnelles Frühstück."
Das Lachen auf Amelies Gesicht verschwand und nachdem Leila aus dem Bett gekrabbelt war, sah sie kurz zu Tom der sich eben eine Hose anzog.
„Ich komme besser nicht mit glaube ich. Immerhin kennt ihr euch schon und es ist sicherlich besser, wenn du erstmal versucht alles mit ihr zu klären. Du kannst sie ja zum Kaffee einladen, wenn du magst. Dann lernen wir uns in einer eher ungezwungenen Umgebung kennen."
Besorgt sah Tom sie an.
„Sicher, dass du alleine hierbleiben möchtest?"
Amelie schüttelte rasch den Kopf.
„Ich fahr zu meiner Schwester. Die hatte mich eh gebeten am Wochenende vorbei zu kommen, wenn es mir dann besser geht."
Beruhigt nickte Tom und zog sich ein Hemd aus dem Schrank an. Im Badezimmer stylte er sich die Haare und schmierte seinen Bart mit Bartöl ein. Als alles saß lief er rasch in die Küche und machte für die drei ein Müsli mit Banane und Milch. Leila und Amelie kamen wenigen Minuten später dazu und gemeinsam aßen sie ihr Müsli.
Zum Abschied umarmte Leila Amelie als würden die beiden sich nicht wieder sehen. Tom gab seiner Frau einen Kuss und bat sie anzurufen falls etwas sei.
Dann half er Leila sich im Auto anzuschnallen und sie fuhren los in die Kölner Innenstadt, zu dem großen Bürokomplex indem auch das Jugendamt untergebracht war.
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Scherbenmeer
FanfictionDer Tod seines besten Freundes lässt Tom Mayers Welt zerbrechen. Von Trauer und Schuldgefühlen getrieben flüchtet er von Düsseldorf nach Köln und versucht sich dort ein neues Leben aufzubauen. Doch die Vergangenheit lässt sich nicht einfach wegstre...