Zeugenaussage

314 21 0
                                    

Sie verbrachten den Großteil des Tages bei Amelie und Sam im Krankenhaus. Beiden ging es dank der Medikamente schon wieder deutlich besser. Samantha musste noch einen weiteren Tag auf der Intensivstation bleiben, da die Brandwunde noch immer stark entzündet war.
Amelie wurde stattdessen bereits am Morgen auf die Normalstation verlegt, da die Lungenentzündung deutlich zurück gegangen war. Daher blieb Leila bei ihrer großen Schwester die dank starker Schmerzmittel die meiste Zeit schlief, während Tom bei Amelie blieb. Gegen Mittag klopfte es an der Tür und zu Toms Überraschung war es Alexandra Rietz die hereinkam. Mit den Kollegen vom K11 hatte er so schnell nicht gerechnet.

„Hallo, entschuldigt das ich so früh schon störe. Ich weiß es geht ihnen noch sehr schlecht Frau Mayer, aber wir benötigen noch eine Zeugenaussage von ihnen. Meinen sie es wäre möglich das wir uns unterhalten?"

Amelie nickte schweigend und Tom stand von dem Besucherstuhl auf, auf dem er gesessen hatte.

„Soll ihr Mann bleiben oder wollen sie lieber alleine mit mir reden?"

Fragte Kommissarin Rietz vorsichtig nach und setzte sich auf den Stuhl den Tom soeben frei gemacht hatte.

„Bleib bitte."

Bat Amelie leise und sah Tom an. Der nickte und setzte sich zu Amelie in ihr Bett, um ihr zu zeigen das er für sie da war. Die griff nach seiner Hand und hielt sich daran fest.

„Okay ich stelle ihnen ein paar Fragen, wenn es ihnen zu viel wird sagen sie bitte einfach Bescheid."

Bat die Kommissarin und öffnete ein Notizbuch das sie auf dem Schoß liegen hatte.
Amelie nickte und räusperte sich.

„Gut fangen wir am besten am Anfang an. Bei ihnen wurde eingebrochen?"

Amelie nickte und fing leise an zu erzählen.

„Ich hatte Leila gerade ins Bett gebracht und ihr ein Kapitel aus Tabaluga vorgelesen. Sam war auch in ihrem Zimmer und hat noch etwas in ihrem neuen Harry Potter Buch gelesen. Ich bin ins Wohnzimmer und wollte mir die Nachrichten im Fernsehen anschauen, da klingelte es an der Tür.
Ich habe niemanden erwartet, es war auch schon recht spät abends. Zum Glück hat Tom an unserer Haustür eine Kamera angebracht, durch die man von drinnen erkennen kann wer vor der Tür steht. Ich habe diesen Jakowaski direkt erkannt, schließlich hat mein Mann mir mehrmals Fotos von ihm gezeigt. Er hat mehrmals Sturm geklingelt und gegen die Tür gehauen. Ich habe die Kinder geweckt und ihnen gesagt sie sollen zu den Westphals laufen und ihnen sagen das jemand bei uns einbricht. Derweil war dieser Jakowaski bereits an der Hintertür und hat versucht diese aufzubrechen. Ich habe die Kinder aus der Haustür rausgelassen und wollte dann ins Wohnzimmer gehen, in der Hoffnung das ich die Hintertür irgendwie verbarrikadieren kann. Aber da stand er schon und hat mich mit seinen bösen Augen angesehen und gegrinst."

Tom konnte spüren wie Amelie ein Schauer über den Rücken lief, da sie sich leicht schüttelte. Nach einigen Sekunde hatte sie sich wieder gefasst und erzählte stockend weiter.

„Er griff nach mir und ich wehrte mich natürlich gegen ihn. Da schlug er mir ins Gesicht und ich fiel rückwärts in unseren Couchtisch aus Glas. Was danach passierte weiß ich nur Bruchstückhaft, ich muss ohnmächtig gewesen sein. Jakowaski war oben und es polterte während er immer wieder nach Sam schrie und fluchte. Er fand sie natürlich nicht und kam wütend ins Wohnzimmer, wo er auf mich einschlug um zu erfahren wo das Mädchen war."

Wieder stockte Amelie und Tränen liefen ihr über das Gesicht, die sie schnell wegwischte. Sie hielt Toms Hand immer fester umklammert, sodass es schon fast weh tat. Doch er beschwerte sich nicht, sondern stand ihr bei so gut er konnte.

„Dann hat er mich zu seinem Wagen gezehrt eine BMW-Limousine und mich in den Kofferraum gesperrt. Während der Fahrt schlug ich mir mehrmals den Kopf an und wurde erneut ohnmächtig. Als ich wieder zu mir kam ... lag ich in diesem Verlies ... und ein weiterer Mann war dort."

Amelie stockte und sah mit schreckensweiten Augen in die Ferne.

„Sollen wir eine Pause machen?"

Fragte Kommissarin Rietz einfühlsam, doch Amelie schüttelte schnell den Kopf und strich sich eine Strähne ihres langen Haares aus dem Gesicht.

„Dieser andere Mann er sah mich an ... mit so einem wirklich komischen Blick. Als wäre ich ein tolles Stück Fleisch in der Kühltheke oder ein besonders lecker aussehender Kuchen. Jakowaski grinste ihn an und deutete auf mich. Er meinte schau mal was ich dir da mitgebracht habe. Da rannte dieser andere Mann auf einmal auf mich zu und begann mich zu betatschen. Ich war gefesselt und konnte mich nicht zur Wehr setzten."

Wieder schüttelte Amelie sich bei der unangenehmen Erinnerung und musste schwer schlucken.

„Jakowaski hat ihm dann angeboten das er mich haben könnte, wenn dieser ihm dafür Sam bringen würde. Dieser Mann hat sofort zugestimmt und ist verschwunden. Ich wurde in diesem Raum alleine gelassen im Dunkeln. Es war wirklich kalt, ich war gefesselt und geknebelt, konnte mich kaum bewegen. Eine gefühlte Ewigkeit muss ich dort gelegen haben bis die Tür wieder geöffnet wurde und zu meinem Entsetzten dieser andere Mann mit Sam in der Tür stand. Alles war umsonst gewesen. Ich wusste das Jakowaski ihr etwas Schreckliches antun wollte. Er hatte zu diesem Mann gesagt er müsse Sam töten, weil sie seinen Bruder ermordet hatte. Auge um Auge, Zahn um Zahn hat er es genannt."

Amelie schwieg und einige Zeit herrschte Stille im Raum.

„Was ist dann passiert? Aron Mischgel wurde mir eine Verletzung am Kopf aufgefunden, wie kam es dazu?"

Fragte die Kommissarin und sah von ihrem Notizbuch auf in das sie einige Stichpunkte geschrieben hatte.
Amelie legte ihre Arme um sich selber und drückte sich etwas näher an Tom heran. Der verstand sofort und legte seinen Arm um seine zitternde Frau.

„Dieser Mann, Mischgel haben sie ihr genannt?"

Die Kommissarin nickte und Amelie erzählte leise weiter.

„Er wollte sich seine Belohnung natürlich sofort holen ... Sam hat ihn mit etwas geschlagen. Sie war so tapfer, sie hat mich gerettet."

Mitleidig sah die Kommissarin Amelie an.

„Sie müssen mir leider ganz genau erzählen was vorgefallen ist. Das ist für eine Verurteilung von Herrn Mischgel sehr wichtig, das wir alle Vergehen genau kennen."

Amelie versteifte sich merklich, nickte aber und sprach mit zittriger Stimme weiter.

„Mischgel schupste Sam auf den Boden, sobald er im Raum war und stürmte auf mich zu. Ich war gefesselt und konnte mich nicht wehren. Er ... er zerriss mein Schlafanzugoberteil und ... begann mein Gesicht und meine Brüste abzulecken. Es ... es war einfach widerlich."

Brachte Amelie heraus und man konnte sehen, dass sie mit sich kämpfen musste um weiter zu sprechen.

„Da schlug Sam ihn mit etwas. Er richtete sich wankend auf und schritt auf Sam zu die schnell zurückwich und dabei umstürzte. Sie riss die Petroleumlampe um die den Raum erhellte, daher hat sie auch die Verbrennung. Es wurde stockdunkel und ein lautes Poltern war zu hören. Dann herrschte beinahe Stille. Plötzlich berührte mich jemand und ich dachte erst es sei Mischgel, doch es war Sam die meine Fesseln löste. Wir tasteten uns zur Tür und verließen den Raum, gerade rechtzeitig bevor Mischgel wieder zu sich kam. Wir sperrten ihn dort ein und versuchten aus diesem Verließ herauszukommen, aber die Ausgangstür war verschlossen. Also warteten wir. Ich fand eine Schusswaffe mit der wir versuchten uns zu verteidigen. Zum Glück haben wir nicht getroffen."

Besorgt und traurig sah Amelie zu Tom herüber der sie beruhigend anlächelte.
Die Kommissarin schrieb ihre letzten Strichpunkte auf und schloss dann ihr Notizbuch.

„Vielen Dank für diese detailreiche Aussage. Ich wünsche ihnen ein baldige Genesung. Wenn noch was ist können sie uns jederzeit anrufen."

Mit diesen Worten ging die Kriminalkommissarin und ließ Amelie und Tom alleine. Der drückte seine Frau an sich und strich ihr vorsichtig über die Haare.

„Es tut mir so leid. Ich hätte da sein müssen."

Flüsterte er leise und küsste Amelie auf den Kopf.

„Quatsch, du hattest Nachtschicht. Außerdem warst du doch da. Du hast uns gefunden."

Dankbar das sie ihm nicht böse war hielt Tom sie noch einige Zeit im Arm, bis er merkte das Amelie eingeschlafen war.

ScherbenmeerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt