13. Kapitel

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Asuna:

Asuna fasste Yuta an der Hand und zerrte ihn hinter sich her, während die Bienenkönigin sich so rapiat wie möglich aus dem Erdloch frei schaufelte.
Dabei fiel ihr auf, wie die Menschenmenge, die sie umzingelte, die Bewegungen völlig gleich nachahmte- zumindest, wie es Menschen nunmal möglich war, eine sieben Meter große Bienenkönigin nachzuahmen. Geröllbrocken und Glassplitter segelten durch die Luft und zerschellten auf dem aufgerissenen Asphalt wie Eiszapfen. Asuna stolperte über ein Metallrohr und fluchte laut, als sie sich der Länge nach hinlegte. Yuta blieb stehen und sah zu ihr zurück.
"Lauf weiter!", schrie sie ihn an und rappelte sich auf.
Yuta wartete trotzdem, bis sie sich wieder in Bewegung gesetzt hatte, bevor er losrannte.
"Was ist passiert?", fragte sie.
"Die Fluchkönigin", rief er stockend und hastete um einen Steinquader, "Sie hat geschlafen. Ich habe sie ausversehen geweckt"
"Wie hast du sie geweckt?", fragte Asuna.
"Ich wollte an die Krone", er und sie sprangen über einen umgestürzten Pfeiler, "Ich konnte Rikas Anwesenheit von der Treppe aus spüren" Asuna nickte.
"Mach dir nichts draus", keuchte sie, "Wenn du sie nicht geweckt hättest, dann die Bomben" Yuta wirkte nicht überzeugt.
"Wir müssen an diese Krone!", rief er. Asuna nickte und überlegte fieberhaft. Gojo war verschwunden, also konnten sie auf seine Hilfe nicht mehr bauen. Vor ihnen ragte ein Einkaufszentrum auf, dazwischen Menschen, auf deren Augenbrauen jeweils eine einzige Biene saß.
In diesem Herzschlag warf sich der Schatten der Bienenkönigin über sie. Asuna fuhr herum. Das Vieh war so riesig, dass ihr Leib die ganze Sonne verdeckte.
Die Menge öffnete ihre Münder.
"Tötet sie!", schrien sie alle und wandten gleichzeitig die Köpfe zu ihnen, als wären ihre Gesichter magnetisch zu ihnen angezogen. Die in der Mitte richteten die Rohre ihrer Granatenwerfer auf sie.
Asuna kam schlitternd zum Stehen und packte Yutas Ärmel. Er taumelte hinter ihr her, als sie eine 180° Wende vollführte und zurück auf die Bienenkönigin loshechtete.
"Was machst du denn?", schrie er.
"Wenn wir nah genug an sie rankommen, wird sie ihnen wohl kaum befehlen, auf uns zu schießen!", antwortete sie. Yuta holte schnell zu ihr auf.
"Aber dann wird sie uns töten!", rief er. Ein durchaus berechtigter Einwand.
"Wir müssen doch sowieso an die Krone!", schrie sie.
"Und wie willst du da ran kommen?" Asuna sah die Fluchkönigin an, dann auf die Gleve in ihrer Hand.
"Na wir teilen uns auf klettern rauf!", entschied sie. Yuta runzelte die Stirn und zog sein Katana.
"Alles klar!", rief er und überlegte kurz.
"Brauchst du eine Räuberleiter?" Sie lachte.
"Wer zuerst Oben ist, ja?" Er nickte und sie klatschten ab. Dann rannten sie in verschiedene Richtungen los. Asuna sah, wie er über die Gebäude rocken hochkletterte und Anlauf nahm. Yuta riss sein Katana hoch, als er Absprung und durch die Luft segelte.
Die Fluchkönigen summte verärgert, als sich das Schwert mitsamt Jujutist in ihre Flanke bohrte. Ihre Flügel flatterten aufgeregt, als müsste sie sie ausschütteln und Asuna zog panisch das Tempo an. Wenn sie abhob, bevor sie auf ihr trauf war, würde sie sie nie erreichen.
Die schwarzen Facettenaugen folgten ihr und die riesenhaften Mundwerkzeugen schnappte nach Asuna. Sie wirbelte herum und bohrte ihre Gleve mit voller Kraft in das Mundwerkzeug. Die Klinge rutschte an der steinharten Oberfläche ab und brachte sie kurz ins Stolpern, bevor sie sich schnellstmöglich außer Reichweite der Mundwerkzeuge begeben konnte. Die Fluchkönigin schien ihr Angriff eher zu amüsieren, anstatt zu stören. Sie legte den Kopf schief.
Asuna überlegte kurz, ob sie ihre Herkunft auch ohne ihre Fluchkraft spüren konnte ubd verschwendete Zeit damit, sich zu fragen, ob dass sie im Endeffekt vielleicht retten würde. Dann jedoch sah sie Yuta die Flanke erklimmen.
Asuna straffte die Schultern und hielt ihre Gleve vor sich, wie eine Stabspringerin. Sie rannte los. Ihre Gleve bohrte sich in den Asphalt. Der Stab beugte sich unter ihrem Gewicht, dann wurde sie durch die Luft katapultiert, mit den Füßen voran.
Asuna hätte gerne gesagt, dass sie galant auf dem Insektentorax landete. Dass sie in der Luft noch eine Drehung vollführt hätte, wie ein Wurfstern. Oder dass sie zumindest halbwegs heldenhaft auf der Fluchkönigin landete.
Die Wahrheit war, dass sie geradewegs mit der Hüfte gegen die Flanke knallte. Alle Luft wurde aus ihren Lungen gepresst und sie sah Sterne vor ihren Augen tanzen. Dann zog die Erdanziehung an ihr und sie rutschte am glatten Chitinpanzer ab, ihre Nägel splitteten in dem verzweifelten Versuch, Halt an der spiegelglatten Oberfläche zu finden. So viel zu ihrem tollen Plan. Sie würde wie ein Wassertropfen auf dem Boden zerschellen.
Dann packte Yuta ihr Handgelenk. Ihr Fall wurde jäh abgefangen und in ihrer Schulter explodierte Schmerz, als ihr Arm aus ihrem Schultergelenk gerissen wurde.
Sie ächzte auf. Yuta zog sie langsam hoch, bis sie auf ebenmäßigem Terain waren. Keuchend erlaubte sie sich für ein paar Augenblicke, einfach nur da zu liegen.
"Danke", stieß sie aus.
"Keine Ursache", Yuta half ihr auf die Füße und lächelte, "Das heißt wohl, ich habe gewonnen?" Asuna seufzte.
"Wohl oder übel", gab sie zu, "Ich fordere Revanche! Wer zuerst die Krone erreicht hat!" Yuta hielt ihr die Hand hin und sie schlug ein.
"Abgemacht!", rief er. Dann stürmte er los. Sie befanden sich auf dem Torax der Fluchkönigin,  knapp über den durchsichtigen Flügeln.
Asuna setzte sich gerade in Bewegung, als die Flügel aufflatterten. Der Windstoß erfasste sie und riss sie von den Füßen. Sie knallte mit der Brust auf den Chitinpanzer und begann ernsthaft darüber nachzudenken, sich klammheimlich aus dem Staub zu machen. Doch dann sah sie Yuta nach vorne stürmen. Unter keinen Umständen, konnte sie ihn gewinnen lassen.
Außerdem, sollte sie diese Krone in den Händen halten, die nicht nur ihre eigene, sondern dazu Yuta Okkotsus und Satoru Gojos Fluchenergie beinhaltete...
Das würde das Blatt ein für alle Mal für die Flüche wenden. Sie sprintete erneut los. Die Bienenkönigin jedoch hatte eigene Pläne.
Und diese beinhalteten nicht, am Boden zu bleiben. Asuna fluchte laut, als die Flügel sich in Bewegung setzten. Sie erreichte den massiven Nacken und klammerte sich an den Flaum am Hinterkopf, als die Bienenkönigin wütend den Kopf zurückrriss und vom Boden abhob. Asuna zog sich hoch und kletterte weiter. Kalter Wind umfing sie. Dann begannen die Flügel immer schneller zu schlagen und der Wind presste sie gegen den Schädel.
Die Fluchkönigin war davon gar nicht beeindruckt. Vielmehr begann sie ihren Kopf wild hin und her zu schütteln, was es Asunas ausgerengter Schulter und ihrer schmerzenden Hüfte nicht gerade leichter machte. Sie biss die Zähne zusammen und kletterte weiter.
Schmerz war für Schwache. Und wenn sie die Krone tatsächlich erreichte, dann würde sie geheilt sein. Was war schon ein kleiner Schmerz im Vergleich zu der Menge an Macht, die ihr gehören würde?
Asuna erreichte die Schädeldecke, wagte allerdings nicht, aufzustehen und so kroch sie zwischen den Borsten weiter auf die Krone zu.
Diese Krone bestand im Wesentlichen nur aus einer Reihe von Zacken, die genau aus dem Schädel der Bienenkönigin zu wachsen schienen. Asuna sah sich um. Es gab absolut keinen Hinweis darauf, dass man die Krone abnehmen konnte.
Dafür spürte sie etwas anderes.
Einem die Kräfte zu klauen kommt im ungefähren dem nahe, als würde man ein Stück aus einem Magneten herausbrechen und das Stück entwenden. Der andere Teil würde sich trotzdem immer zu dem kleinen Bruchstücke hingezogen fühlen.
Genauso war es jetzt. Asuna spürte den Sog, die Erinnerungen an die saftigen Schatten, die sie umschmeichelten und für sie sangen. Genau vor ihr.
Und da erkannte sie einen irisierenden Stein genau in der Frontzacke der Krone.
Sie stieß den Atem aus und robbte darauf zu. Wind umfing sie ubd zerrte unbarmherzig an ihrem Haar. Sie spürte es kaum. Ihre Kräfte riefen nach ihr und sie folgte.
Es dauerte tatsächlich bis zum erreichen der Zacke, bis sie realisierte, dass die Königin knapp über dem Boden flatterte. Sturmböhen empfingen sie und drohten sie hinab auf den Asphalt zu reißen. Weg von der unendlichen Macht in diesem Kristall.
Im großen und ganzen glich der Kristall dem kleinen, den sie um ihren Hals trug.
Ein zweiter Fluchkern. Ein Kern, der Energie absorbierte und speicherte. Immer Abrufbereit, sollte man einmal in Not gelangen.
Der Kristall war wahrscheinlich mit der gleichen Reverseenergie aufgetankt, wie ihr eigener. Asuna schluckte bei dem Gedanken daran. Ihr Kristall war erschaffen worden, dadurch, dass ihr Vater, dessen Fluchtechnik aus Reverseenergie bestand, einen Teil seiner selbst zu einem Kristall geformt hatte und ihn dann seiner gerade mal drei Jährigen Tochter um den Hals gebunden hatte. Damals hatte sie es nicht verstanden. Und erst Jahre später hatte sie kapiert, dass ihr Medaillon aus dem Fingerknochen ihres Vaters gemacht worden war. Sie selbst hatte sein Talent zur Reverstechnik nicht geerbt. Er hatte einen Teil seiner Kraft und seines Körpers für sie geopfert, weil ihre Fluchaura von Tag zu Tag gewachsen war und es unmöglich geworden wäre sie zu verstecken.
Er hatte sie beschützen wollen.
Wenn Asuna jetzt diesen riesigen Kristall an der Spitze der Krone betrachtete, überkam sie eine irrationale Wut.
Wie viele Begabte waren gestorben, um einen Schädelgroßen Reversekristall erschaffen zu können?
Dieser Zorn härtete sie gegen die Höhe, den Wind, die Kälte und die Glatte Oberfläche der Krone ab. Sie sprang und schlang die Beine um den Zacken. Biss Die Zähne zusammen und zog sich höher. Immer weiter. Immer höher, nur noch ein Stück.
Mit vor Wut geröteten Wangen erreichte sie den Kristall und zerrte daran.
Der Fluchkönigin gefiel das überhaupt nicht. Sie riss ihren Kopf herum. Asuna packte den Kristall mit beiden Händen und hielt sich daran fest.
Ihr Körper wurde durch die Luft geschleudert, wie eine Puppe.
Und dann fiel sie. Ihr Haar blähte sich um ihren Kopf, als sie hinab auf die Häuser Sendais zu fiel. Kälte und Wind waren die einzigen, die sie umfingen. Niemand hörte ihr Schluchzten, als sie sich schützend zusammen rollte. Doch auch ihre Schutzhaltung würde sie nicht vor der Gravitation oder dem Nahenden Aufprall bewahren.
Asuna schluchzte noch einmal leise und dachte an ihre Eltern, die alles gegeben hatten, damit sie leben konnte.
Dann schloss sie die Augen und wartete darauf, dass sie starb.

Satoru:

Satoru rannte. Er war dem riesigen Mob entkommen, hatte sie mit Händen und Füßen frei geboxt, gerade in dem Augenblick, als die Bienenkönigin ihren überdimensonalen Hintern in die Luft geschwungen hatte.
Fluchend war er dem Schatten hinterher geheschtet. Ihm folgte der wütende Mob von Besessenen. Keine Spur von Yuta oder Asuna.
Im Nachhinein lag das Schlucht daran, dass sich seine Schüler auf der Bienenkönigin befanden, er jedoch unter ihr hergerannt war, wie ein Kind seinem Drachen im Herbstwind. Mit einer Horde anderer wütender Kinder hinter ihm.
Zumindest dachte Satoru, dass sich der Mob auf die Besessenen hinter ihm beschränkte. Dann allerdings hörte er ein Summen. Das Geräusch schwoll an und ein riesiger Schwarm aus kleinen Arbeiterfluchmutantenbienen nahm die Verfolgung auf.
Satoru fluchte unflätig. Aufgrund der Ausgangssperren befanden sich nur wenige Menschen auf den Straßen, die jenigen, die sich doch nach draußen gewagt hatten, wurden dafür mit einem passenden bienenförmugen Accessoire zwischen ihren Augenbrauen belohnt.
Vor ihm ragte die zerstörte Brücke auf. Satoru überlegte nicht lange, sondern sprang kurzerhand über den Rand in den Fluss. Kalte Wellen umfingen ihn und er tauchte unter. Über ihm sah er den Schwarm hinwegsehen, dann brach er prustend durch die Wasseroberfläche und schwamm mit ein paar raschen Zügen das Ufer. Seine glitschigen Hände rutschten mehrmals von den Uferstegen ab, sodass er mehrere Anläufe brauchte, um sich schließlich keuchend aufzurichten.
Die Bienenkönigin war weitergezogen. Matt überlegte er noch, ob er sie wirklich auf seinen zwei Beinen noch einholen konnte, als sich mehrere Menschen zu ihm umdrehten.
"Fuck", murmelte er. Die Bessesenen stürmten auf ihn zu. Satoru erledigte einen mit einem Kinnhaken, wisch einer Faust aus, packte den jeweiligen Angreifer und schwang ihn herum, sodass er und die Umstehenden ins Wasser gestoßen wurden. Immer weitere rannten auf ihn zu. Satoru wehrte sie ab, doch ohne unendlichen Zugang zu seiner Macht, merkte er, wie er langsam immer mehr ermüdete. Er hatte nie gelernt, seine Kraft einzuteilen. Schließlich war das bis jetzt auch nie nötig gewesen. Die Menge erdrückte ihn mit ihrer puren Masse und er wurde auf den Asphalt gedrückt, seine Wange scharbte über den Dreck. Satoru versuchte vergeblich, sich zu befreien, doch es waren einfach zu viele.
In diesem Moment sah er etwas durch die Luft segeln. Es war der Körper einer jungen Frau mit tintenscvwarfem Haar und mondweißer Haut. Die Junge Frau prallte mit einem Knochenzerberstenden Krachrn auf einem Auto auf. Die Frontscheibe zerbrach in Tausend Stücke. Die junge Frau bewegte sich nicht mehr.
In diesem Moment sah Satoru, wie die Bienenkönigin sich umwandte und auf sie zusteuerte. Mit ihrem Stachel zielte sie genau auf den Beweglosen Körper der Frau.
Satoru rannte los.
"Asuna!" Er schüttelte die Bessesenen ab wie Fliegen. Sie war schließlich seine Schülerin und seine Schüler durfte er nicht sterben lassen oder Yaga brachte ihn um. Oder zumindest war sie fast seine Schülerin. Nun, irgendwer würde ihn sicher dafür umbringen wollen, wenn er sie einfach sterben ließ.
Er erreichte sie. Der Stachel schoss auf sie zu. Satoru sprang ab. Er erreichte sie und zog sie vom Auto, gerade, als sich der Stachel durch das zerteilt Dach des Autos bohren wollte.
"Asuna!", sie hatte sich zusammengerollt, wie ein Baby im Mutterleib. Nun, jedes Baby musste irgendwann erwachsen werden. Er schüttelte sie.
"Asuna!" Sie gab ein leises Stöhnen von sich. Blut rann ihr aus einem Mundwinkel. Ganz langsam öffnete sie ihren Griff und brachte einen schillernden Stein zum Vorschein.
Satoru griff danach. Er spürte den Sog seiner Kräfte darin umherwallen.
Sie griff danach ubd für eine Sekunde glaubte er, sie würde ihm den Stein abnehmen wollen. Dann legte sie ihre Hand auf den Stein.
Sein Blick traf ihren. Ihre Wimpern waren feucht, also hatte sie geweint, auch wenn es jetzt keinerlei Tränen mehr gab. Nur Härte. Nur... Stärke.
"Keine Sorge", murmelte er und lockerte seinen Griff, damit sie es bequemer hatte, "Wir kriegen dich schon wieder hin. Ich verspreche es"
Asuna verdrehte die Augen.
"Zerbrich", röchelte sie und Blut spritze von ihren Lippen, "Einfach den verdammten Kristall"
Die Bienenkönigin befreite mit einem Ruck ihren Stachel aus dem Asphalt. Satoru starrte sie an und irgendwie war er fasziniert von dieser Unbeugsamkeit. Sogar, während sie im Sterben lag.
Dann zerbrachen sie den Kristall.

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