38. Kapitel

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Satoru:

Der Wind fuhr ihm durch die Haare, als er schließlich Aufstieg, immer höher und höher in den Nachthimmel Tokyos, bis die Wolkenkratzer unter ihm immer kleiner wurden und die Straßen wie leuchtende Aterien die Autos durch die Stadt pumpten.
Er hatte nicht nach ihr suchen wollen. Aber...
Was, wenn sie in Gefahr war?
Was, wenn sie Tot war?
Es musste doch irgendeinen Grund dafür geben, wieso sie ihn nicht mehr besuchte.
Wieso sie ihn einfach so alleine gelassen hatte.
Der eiskalte Wind trocknete die Tränen die er geqeint hatte.
Satoru nahm die Brille ab und wappnete sich gegen die Kopfschmerzen.
Sie trafen ihn trotzdem mit voller Wucht.
Informationen prasselten auf ihn ein und für einen Moment musste er sich zwingen, sich auf sie zu konzentrieren. Sie musste hier in Tokyo Spuren hinterlassen haben. Jemand musste wissen, wohin sie verschwunden war, was geschehen war.
Er brauchte zwei Anläufe, ehe er die richtige junge Frau mit den langen schwarzen Haaren gefunden hatte. Satoru flog in die Richtung, wo er die meisten Erinnerungen zu ihr fand und berührte seine pochenden Schläfen.
Dort ein Wohnkomplex.
War dort ihre Wohnung? Er schwebte tiefer hinab, bis zum Fenster. Die Wohnung war leer und verlassen, doch er konnte keine genauen Informationen dazu finden. Ein Blinder Fleck.
Bingo!
Satoru folgte dem Verschwommen in seinem sechsten Blick, bis zur Oper.
Heute gab es keine Vorstellung, doch alles innerhalb dieses Gebäudes war verwaschen. Sie war definitiv hier gewesen.
Und das mehr als einmal. Satoru schloss kurz die Augen und gab seiner Reversetechnik Zeit, sein Gehirn von diesen vielen Informationen zu säubern, dann flog er weiter.
Satoru brauchte die halbe Nacht, während er über Tokyo flog und die Stadt nach ihr absuchte, was teilweise daran lag, dass er immer wieder Pausen brauchte, damit sein Kopf heilen konnte und nicht bei den vielen Informationen einen Kurzschluss bekam. Und andererseits, weil er ausversehen zwei Stunden einer anderen Frau mit schwarzem Haar hinterher jagte, ehe ihm auffiel, dass er sie klar sehen konnte.
Erschöpft landete er schließlich vor einem Sushilokal.
Eine große Glasscheibe trennte die Gäste von den Passanten auf der Straße. Satoru trat näher an das Lokal.
Im hinteren Teil saß eine Gruppe von Erwachsenen, alle mit Instrumentenkoffern bewaffnet. Auf dem Schoß des einen Mannes saß ein Baby und kaute an einem Schnuller.
Und dann war da natürlich noch die junge Frau in einem schwarzen Kleid mit passenden Handschuhen und hochgesteckten Haaren.
Asuna.
Satoru trat an die Scheibe.
Sie nippte an ihrem Reiswein und lachte über den Witz eines der Anwesenden. Alle Musikanten aus der Oper.
Der Oper?!
Satoru spürte einen Stich. Wie ein Messer, dass sich ganz langsam zwischen seine Rippen bohrte.
Asunas Ohrringe klimperten um ihren Hals, als sie sich umwandte. Doch bevor sie ihn entdecken konnte, war er schon verschwunden.
Er flog durch die Nacht.
Wie gemein von ihr.
Sie hatte ihn zurückgelassen und war mit ihren Freunden aus.
Sie hatte...
Sie war...
Satoru landete auf dem Dach des Wohnkomplexes, der seine Wohnung beinhaltete und stürmte das Treppenhaus hinab in seine Wohnung.
Es ging ihr gut.
Sie war am Leben. Sie war frei.
Sie hatte einfach entschieden, dass sie ohne ihn weitermachen wollte.
Satoru fuhr sich über das Gesicht und lief in seinem Wohnzimmer auf und ab. Er hatte... Er hatte geglaubt, sie wäre in Gefangenschaft gewesen. Das sie in Gefahr war. Oder sogar tot.
Doch es ging ihr gut.
Der Anhänger um seinen Hals drohte ihm die Luft abzuschnüren und er riss die Kette vom Hals und schleuderte den Anhänger gegen die Wand. Im nächsten Moment stürzte er darauf zu ubd presste sie an seine Brust, um sein Herz daran zu erinnern, zu schlagen.
Satoru blieb die Nacht lang wach, unfähig Schlaf zu finden, oder sich zu rühren.
Und als Shoko ihm eine Nachricht schickte, ob es ihm gut ging, steckte er sein Handy ein und trottete ins Bett. Mit seinen Kopfschmerzen würde er morgen sowieso nicht zum Unterricht kommen können.

Asuna:

Asuna hätte für einen panischen Herzschlag lang schwören können, einen vertrauten Schatten hinter sich zu spüren.
Doch sobald sie sich umdrehte, war das Gefühl verschwunden. Misstrauisch beäugte sie die Umgebung. Und als sie nichts fand, tastete sie die Schatten um sie herum ab, doch auch die waren unauffällig.
Asuna atmete erleichtert auf.
"Alles in Ordnung?" Misaki nahm Shinya ihr Baby ab und balancierte sie auf ihrem Schoß. Aiko gluckste und spielte mit ihren üppigen braunen Locken.
"Sicher" Asuna lächelte und steckte sich ein Reisbällchen in den Mund. Dann lehnte sie sich zurück und tat so, als würde sie den Gesprächen lauschen, während sie in Wirklichkeit dem Säuseln der Schatten zuhörte.
Sie verabschiedete sich später von Misaki und gab Aiko einen Kuss auf die kleine Stirn, ehe sie ins Taxi nach Hause stieg.
Sie war in den letzten Monaten erneut umgezogen, aus Angst, Suguru könnte sie aufspüren und... und...
Die neue Wohnung war größer, als ihre alte, wenn auch minimal. Zumindest groß genug, damit sie ein eigenes Schlafzimmer haben konnte und ein Wohnzimmer, das gleichzeitig Küche war. Und das nicht aus stylischen Gründen.
Ihre Wohnung war nun mal immer noch winzig.
Asuna öffnete die Riemchen ihrer Pumps und wackelte mit den Zehen auf und ab, bevor sie die Kämme aus ihrem Haar löste und ordentlich im Bad verstaute.
Asuna öffnete den Verschluss ihres Kleides und schlüpfte in ihr Schlaftshirt, bevor sie in ihr Bett fiel.
Unter der Decke zig sie die Knie an die Brust.
Vielleicht hätte sie Tokyo verlassen sollen. Die Chance, das Suguru oder Satoru sie hier fanden, war um einiges höher, als wenn sie aufs Land geflüchtet wäre.
Aber... dann hätte sie das Orchester hinter sich lassen müssen und Asuna wollte ihren Job als Violinistin nicht aufgeben.
Ihr Blick fiel auf das zarte silberne Armband auf ihrem Nachttisch.
Sie drehte sich auf die andere Seite und zog die Decke über ihre Schultern, bevor sie einschlief.

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