54. Kapitel

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Asuna:

Asuna stapfte wütend durch den Gebäudekomplex. Satoru beeilte sich, mit ihr Schritt zu halten.
"Ich will damit nicht sagen, dass du es verdient hast, zu sterben", sagte er, "Schließlich bist du zur Hälfte Mensch"
"Du kapierst es echt nicht, oder?", fauchte sie.
"Nein, tue ich nicht", rief er, "Erklär mir bitte, was gerade dein Problem ist"
"Du kannst es dir nicht aussuchen, was ich bin!", erwiderte sie, "Du kannst nicht wählen zwischen Fluchgeist oder Mensch! Ich bin beides! Akzeptier das endlich!"
"Das habe ich doch schon!", antwortete er, wütend stapfte sie um eine Ecke und wäre beinahe von einem Metallsplitter durchbohrt worden. Im letzten Moment riss sie die Schatten durch, doch der Splitter erstarrte mitten in der Luft, bevor er sie berühren konnte. Satoru riss sie zurück.
"Sei vorsichtig!"
"Das lässt sich leicht sagen, wenn man die Unendlichkeit als beständigen Schutz um sich wickelt!", antwortete sie.
"Meinst du die Unendlichkeit, die dich gerade gerettet hat?", er grinste selbstgefällig.
"Ich will deinen verdammten Schutz nicht!", blaffte sie, "Im Gegensatz zu dir kann ich sehr gut auf mich aufpassen! Auch ohne Unendlichkeit"
"Ich kann auch gut auf mich aufpassen!", hielt er dagegen.
"Ja klar!"
"Schön", die Unendlichkeit fiel von ihnen beiden ab, "Dann wohl auf die altmodische Art und Weise" Asuna stieß scharf die Luft aus. Ihre Krallen formten sich, als sie um die Ecke lief.
Uranaishi erschien in einer silbrigen Silhoutette. Dünne Stoffbahnen waberten um eine weibliche Figur, so dünn wie Spinnenweben.
Ihr Haar ergoss sich burgunderrot über ihren Körper und reichte bis zum Saum ihres Gewandes.
Das Gesicht war völlig von ihrem Haar bedeckt.
Asuna wisch einem weißen Energieball aus und rollte sich hinter eine Ansammlung von Kisten.
"Uranaishi?", fragte sie, als eine Energiewelle gegen die Kisten prallte.
Ein dumpfes Abrollen und Satoru rollte sich neben sie hinter die Kiste.
"Was tust du?", fauchte sie.
"Mir war langweilig dahinten", erklärte er, "Ich hab dich vermisst" Asuna funkelte ihn an.
"Das ist nicht witzig!"
"So ist das auch nicht gemeint", erwiderte er, "Ich wollte nur..." Satoru schubste sie von sich. Im nächsten Augenblick wurde die Kiste, hinter der sie sich versteckt hatten, mit einem Schlag zerborsten. Splitter wirbelten auf und Satoru zog scharf die Luft ein.
Eine Reihe von Holzsplittern hatte sich in seinen Ärmel gebohrt.
"Autsch", murmelte er und wedelte mit der Hand, "Ich hatte ganz vergessen, wie weh das tut" er zog eine  Schnute.
Asuna beachtete ihn nicht und erhob sich blinzelnd.
"Uranaishi?", fragte sie.
Das rote Haar und die seidigen Gewänder wehten unschuldig im Raum.
"Wir", fing sie an, "Wir sind nicht hier um dich umzubringen" Ein Zirpen erklang in der Luft. Asuna sah das als Zeichen, weiterzusprechen.
"Was willst du dann, kleiner Fluchgeist", Asuna hörte ihre Stimme, doch begriff sie, dass sie sie nur in ihrem Kopf vernahm. Es klang wie ein Kaleidoskop aus verschiedenen Stimmen, die übereinander gelegt waren. Zugleich tief und männlich, hell und kindlich, hoch und weiblich.
"Wir wollen... nun wir wollen eine friedliche Lösung finden", sagte sie, "Wir wollen, dass du an einen Ort gehst, wo du keine Menschen verletzt"
"Ihr wollt die Menschen beschützen?", fragte sie. Ihre Stimme schien Asunas Schädel vibrieren zu lassen.
"Ja", erwiderte sie und berührte ihre Stirn und vernahm das leise zirpen im Raum.
"Das ist eine Lüge", Uranaishi sprach ruhig, sachlich.
"Du willst die Menschen nicht beschützen. Nur ein paar" Asuna zuckte die Achseln.
"Macht das einen Unterschied?", fragte sie.
"Das tut es, kleiner Fluchgeist"
"Wir wollen wirklich keinen Ärger" Satoru stapfte heran und legte Asuna die Hand auf die Schultern.
"Letztlich möchten wir das gleiche wie du. Wir wollen eine friedliche Coexistenz" er grinste. Asuna schüttelte seine Hand ab.
"Auch das ist eine Lüge", Uranaishis Stimme war von einer Schärfe durchzogen, dass es in ihren Gedanken schmerzte.
"Du glaubst nicht an Frieden", sagte sie.
"Ich muss nicht daran glauben, um ihn zu bekommen" ein Geräuschechor erschwoll in ihrem Kopf, wie tausend lachende Münder.
"Ihr zwei beschmutzt meine Existenz! Ihr kommt hierher und faselt von Frieden und tragt eure Lügen und Unwahrheiten wie einen Berg Kot zu mir", knurrte der Fluchgeist.
"Du magst vielleicht eine Erwachsene Frau sein, doch du bist ein Fötus gemessen in Fluchgeiststandarts. Du bist verklebt und verpestet mit deiner Unwahrheit, genauso wie alle Menschen.
Ich spüre sie bei jedem Atemzug, wie sie in mich eindringt und mich verpestet! Ich hasse die Menschen! Ich hasse, dass sie mir sowas antun"
"Ich verstehe", Asuna hob beschwichtigend die Hände.
"Nichts verstehst du!", knurrte der Chor in ihrem Kopf, "Dort hingehen, wo die Menschen nicht sind ändert nichts an ihrer Unwahrheit! Du magst vielleicht geboren sein, wie ein Mensch, deshalb verstehst du nicht, was es heißt, aus Schmerz zu bestehen. Ich aber lebe seit Jahrhunderten. Ubd ich spüre sie immerzu"
"Verschwinde aus Tokyo", erwiderte Asuna, "Dann können wir eine Lösung dafür finden"
"Eine Lösung finden", fauchte Uranaishi und die Stimmen in ihrem Kopf nahmen immer mehr zu. Sie fasste sich mit beiden Händen an die Schläfe, "Du sollst erfahren, wie es sich anfühlt, an seinen Lügen zu ersticken" Asuna öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch stattdessen strömte nur Atem aus ihren Lungen. Sie keuschte.
Satoru hob eine Hand. Eine rote Kugel begann sich zu Formen.
"Lass sie frei"
"Nur sie selbst kann sich freilassen", entgegnete Uranaishi spöttisch, "Ihr törichten Kinder hättet nicht herkommen sollen"
Asuna würgte.
"Die Wahrheit, kleiner Fluchgeist. Sprich sie aus und spüre, wie sie dich heilt!"
Satorus Kopf ruckte zu ihr. Sie krallte sich an seiner Schulter fest.
"Asuna!", sagte er, "Mach schon! Erzähl etwas! Irgendwas! Nur keine Lügen!" Sie versuchte verzweifelt, zu Atem zu kommen.
"Okay, ich helfe dir", rief er, "Wer ist der heißeste Jujuzist?" Asuna funkelte ihn an. Er wackelte mit den Augenbrauen.
"Gojo Satoru", stieß sie aus und schnappte kurz Luft. er grinste triumphierend.
"Ich wusste es", er tippte sich ans Kinn, "Liebst du mich?" Sie starrte ihn an. Dann gaben ihre Knie nach. Satoru fing sie auf.
"Nein", presste sie hervor und es war, als drücke jemand, jeden Sauerstoff aus ihr, "Ja", versuchte sie es und röchelte, als der Druck nicht besser wurde, "Ich weiß es nicht" Keuchend holte sie Atem.
"Provanes Geschwafel", sagte Uranaishi.
Satoru sah sie an und blinzelte.
"Warum bist du gegangen?" Asuna spürte, wie Sugurus letztes Mal auf ihrem Arm brannte. Sie konnte die Wahrheit nicht sagen, aber sie konnte auch nicht lügen. Ihre Finger kratzte über den Stein.
"Weil ich", die Ränder ihres Sichtfeldes verschwammen, "Die Seite auf der du stehst" schwarze Punkte, "Verachte"
"Aber wieso?", fragte er.
Tränen verschleierten ihr die Sicht. Es fühlte sich an, als würde ihr Brustkorb von innen heraus zerrissen werden.
"Sie haben meine Eltern getötet", stieß sie aus, "Sie haben..." Schluchzter wollten sich den Weg hinauf zu ihrer Kehle bahnen..
"Wegen ihnen bin ich in Pflegefamilien gekommen. Sie haben meine...meine Kräfte unterdrückt...Sie haben..." Asuna spürte den nachlassenden Druck und blinzelte zu Uranaishi.
"Ich bin", keuschte sie, "Ein violetter Elefant auf Rädern" Ein Schrei zerriss ihre Gedanken.
"Meine Lieblingsfarbe ist gelb", ächzte sie, "Und ich fliege jeden Sommer nach Neuseeland"
"Du dummes Kind!", kreischte es in ihrem Kopf.
"Verschwinde!", knurrte Asuna.
"Und ich hasse dich" Satoru zwinkerte ihr zu und grinste, "Du bist die hässlichste Frau die ich je gesehen habe. Und ich war unendlich froh, als du weg warst"
"Verschwinde aus Tokyo!", fauchte Asuna, "Verschwinde aus meinem Kopf!"
"Du wirst bald merken, wie unbarmherzig Menschen sind, kleiner Fluchgeist! Ihre Lügen verpesten ihre Herzen, bis sie zu Stein zerfallen! Du wirst schon sehen!" Damit hob sie die Hand.
Im nächsten Moment wurde sie zur Seite geschleudert. Dann ein Knall. Asuna kam auf dem Biden auf und schlitterte noch ein bisschen weiter.
Uranaishi war verschwunden. Übrig blieb eine einzelne Blume mit zartem Kelch, die im Boden steckte. Ein Blutstropfen fiel von einem Schneeweißen Blütenblatt auf den Boden.
Satoru stöhnte.
Asuna rappelte sich auf.
"Satoru!" Sie eilte zu ihn. Er lag auf der Seite gekrümmt.
"Satoru?" Er stöhnte. Sie drehte ihn auf den Rücken. Er hatte sie von sich gestoßen.
"Bist du verletzt?", rief sie, "wo..." Blut quoll zwischen seinen Fingern an seiner Seite hervor.
"Es geht... schon", brummte er, "Meine Reversetechnik heilt mich gleich"
"Dass sieht nicht gut aus", flüsterte sie.
"Machst du dir etwa Sorgen um mich?", er grinste.
"Halt die Klappe!", fauchte sie und berührte die Wunde.
"Also wenn du dich besser fühlst, kannst du gern deine Kleider ausziehen, um die Wunde zu verbinden"
"Du bist ein Arsch", schnappte sie.
"Wenigstens ein hübscher", hielt er dagegen, "Wie du selbst gesagt hast" Asunas Miene wurde noch grimmiger.
"Hilf mir aufzustehen", brummte er. Asuna schob die Hände unter seinen Achseln durch und versuchte ihn zu stützen. Er ächzte und kam schwankend auf die Beine. Sie schlang die Arme fester um seine Rippen. Unwillkürlich zuckte er zusammen.
"Satoru"
"Es geht schon", brummte er, "Gib mir noch ein wenig Zeit" Seine Finger krallten sich in seine Uniform. Asuna runzelte die Stirn.
"Lass mich..." er fiel in sich zusammen. Asuna wurde mit ihm mitgerissen und knallte mit dem Kinn auf seine Brust.
"Aua", stöhnte er. Asuna stützte sich auf ihren Händen ab. Zwischen seinen Fingern quoll rotes Blut hervor und tränkte seine Uniform.
"Das ist verdammt viel Blut", murmelte sie.
"Bist du neidisch, weil Uranaishi bessere Arbeit beim Verletzen leistet?", ächzte er.
"Halt die Klappe", sie streifte die Jacke ab und drückte sie auf seine Wunde. Satoru atmete tief ein und aus. Er war kreidebleich.
"Wir müssen Hilfe holen", sagte sie.
"Ich krieg das hin. Warte n..." Sein Kopf sackte zusammen.
"Satoru?", rief sie und rüttelte ihn. Er stöhnte leise und seine Lider flatterten.
"Satoru!" Asuna presste die Jacke stärker auf seine Wunde ubd kramte mit der anderen Hand ihr Handy hervor.
Ihre Finger hinterließen rote Schlieren auf dem Display, als sie die Nummer wählte. Es klingelte ubd sie betete Satorus Kopf auf ihrem Schoß und Strich ihm durch die Haare.
"Ja?", fragte die Stimme am anderen Ende.
"Ich", erklärte sie und verbanntr jedes Zittern aus ihrer Stimme, "Ich brauche Hilfe. Schnell!"

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