kapitel 30

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zeitsprung: vier wochen später

Heute war der letzte Drehtag vor der Drehpause gewesen, sodass ich gerade zum ersten Mal seit Wochen einfach mal auf meiner Couch liegen konnte, ohne Sätze auswendig zu lernen. Noah würde morgen zu seiner Familie nach New York fliegen, weshalb wir uns später verabredet hatten. Was meine Beziehung zu ihm anging - nein, wir waren kein Paar. Wir hatten uns auch noch nicht geküsst. Es hatte sich schlichtweg nicht ergeben und selbst wenn - ich wusste nicht, ob ich etwas für ihn empfand. Die letzten vier Wochen hatten dazu beigetragen, dass wir uns besser kennengelernt hatten. Noah war wirklich ein Engel. Das wusste ich praktisch schon vorher, aber unsere Gespräche hatten mir vor allem gezeigt, dass er einen wirklich weichen Kern hatte. Die Situation zwischen Tom und mir hatte sich wieder normalisiert. Oder sogar eher verbessert. Vielleicht lag es auch daran, dass sich Ruby und James - also die Protagonisten des Films - näher gekommen waren. Nach der Drehpause würden dann die etwas intimeren Szenen zwischen den beiden kommen, was mein Herz schneller schlagen ließ. Ich wusste nicht, ob es ihn immer noch störte, dass ich verhältnismäßig viel mit Noah unternahm. Falls es ihn störte, konnte er es inzwischen gut verstecken. Noah und Tom verstanden sich inzwischen auch besser als zu Begin des Drehs, zumindest kamen sie am Set und vor der Kamera ganz gut klar. Kurz gesagt stand ich aber trotz allem zwischen zwei Fronten. Auf der einen Seite stand Noah, auf der anderen Tom, den ich, egal was ich machte, nicht aus meinem Kopf streichen konnte. Eigentlich hatte ich Summer versprochen, mich auf Noah zu konzentrieren und einzulassen, aber ständig hinderte mich etwas daran. Dieses etwas war Tom. Ich hatte nicht einmal ansatzweise eine Ahnung, ob er mich auch auf diese Weise mochte, aber trotzdem hielt ich mich an dem kleinen Funken fest, der mich glauben ließ, dass er es tat. Das klingeln meiner Türklingel riss mich aus den Gedanken. Noah hatte darauf bestanden, mich abzuholen, um mit mir ein Eis essen zu gehen. „Hii." sagte ich und umarmte ihn. Er tat es mir gleich, bevor ich meine Schuhe anzog, meine Tasche schnappte und ihm aus der Tür folgte. „Bereit für das beste Eis in Los Angeles? Ich hab extra gegoogelt." grinste er. „Wirklich?" lachte ich. Wir stiegen in den Aufzug, fuhren nach unten und verließen den Wohnkomplex. „Fahren wir gar nicht mit dem Auto?" Noah schüttelte den Kopf. „Es ist gar nicht so weit von hier, außerdem kann ich dann mehr Zeit mit dir verbringen. Es reicht mir schon, dich jetzt erstmal eine Woche lang nicht zu sehen." Er schaute mir in die Augen und lächelte mich an. Schmunzelnd und leicht errötet schaute ich auf den Boden. Mein Magen zog sich bei dem Gedanken, was ich hier eigentlich tat, zusammen. Es war offensichtlich, dass Noah mehr als nur ein Freund sein wollte. Doch ich wusste nicht, ob ich ihm das geben konnte, weil meine Gedanken selbst bei den süßesten Dingen, die er von sich gab, immer ein bisschen um Tom kreisten. Reiß dich zusammen, Hope. „Jetzt weiß ich gefühlt alles über dich, außer deine Lieblings-Eissorte." setzte er an. „Das ist die schwierigste Frage, die du mir stellen könntest." Noah fing an zu lachen. „Okay, hast ja Recht. Aber wenn du dich entscheiden müsstest?" „Hmm... Ich glaube Schokolade." Noah blieb stehen und schaute mich schief an. „Was?" fragte ich ihn und blieb auch stehen. „Schokolade. Ernsthaft?" „Dachtest du da kommt jetzt eine wilde Kombination aus exotischen Früchten?" „Ehrlich gesagt, ja, irgendwie schon." lachte er. „Tut mir leid, dass ich so basic bin. Gegenfrage: Was ist deine Lieblinssorte?" „Vanille." Ich schaute ihn mit großen Augen an. „Du verarschst mich jetzt, oder? Und ich soll basic sein?" Noah grinste vor sich hin. „Was grinst du jetzt so doof?" „Ich find es nur süß, wenn du dich aufregst." Ich verschränkte meine Arme vor meiner Brust. „Pfff." Er kam auf mich zu und umarmte mich. „Was soll das jetzt werden?" fragte ich ihn überrascht. „Eine Versöhnungsumarmung." „Und du denkst, dass das alles wieder gut macht?" „Ja. Mädchen lieben Umarmungen." „Und woher weißt du das?" „Ich bin insgeheim ein Beziehungsexperte." „Aha. Natürlich." „Wirklich!" sagte er empört. „Jaja." „Pfff." Er löste sich von mir und verschränkte, genau wie ich, seine Arme vor seiner Brust. Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf, ging auf ihn zu und umarmte ihn. „Was soll das werden?" frage er mich. „Eine Versöhnungsumarmung." Noah lachte, löste seine verschränkten Arme und legte diese um mich. „Daran könnte ich mich gewöhnen." lächelte er. Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, was ich darauf antworten sollte, da ich mich gerade selber dabei ertappte, mir vorzustellen, dass mich Tom's Arme umschlossen. Also schwieg ich. Nach ein paar Sekunden lösten wir uns voneinander und gingen dann weiter. Kurze Zeit später kamen wir an dem Eisladen an, holten uns jeweils zwei Kugeln und setzten uns auf eine Bank, die in einem Park, der keine hundert Meter entfernt war, stand. „Nicht Mal zwei Minuten und mein Eis ist jetzt schon fast flüssig." murmelte Noah, als er sich setzte. „Willkommen im warmen Kalifornien." „Einer der Gründe, warum ich mich auf New York freue. Ich weiß schon gar nicht mehr, was eine Jacke ist." Lachend nahm ich einen Löffel von meinem Eis. „Nebenbei, du bist komisch." sagte er nach einer Weile. „Wieso das?" „Du isst dein Eis aus einem Becher und gibst genauso viel Geld aus, wie ich mit meiner Waffel, die ich essen kann." „Mir schmeckt das Eis dann besser. Außerdem finde ich das immer so schwer das Eis aus der Waffel zu bekommen, da bekommt meine Zunge immer einen Kälteschock." „Okay, bei dem Aspekt hast du Recht. Aber trotzdem. Waffel über alles." „Du meinst Becher über alles." „Willst du dich wieder mit mir anlegen?" „Vielleicht." grinste ich. Er lächelte mich an und nahm den letzten Bissen seiner Waffel. Auch ich war inzwischen fertig mit meinem Eis, schmiss den Becher neben mich in den Mülleimer, schaute auf den Brunnen, der sich etwa zehn Meter vor uns befand und schloss die Augen. „Ich werde das hier wirklich vermissen." sagte Noah nach einer Weile. „Was?" „Uns. Die Zeit, die wir miteinander verbringen." Ich drehte mich zu ihm und schaute ihm in die Augen. „Hope ich-" Er schwieg und biss sich auf die Lippe. „Was ist?" „I-ich habe mir geschworen, dir etwas zu sagen, bevor ich nach New York fliege. Die letzten Nächte habe ich die ganze Zeit nach den richtigen Worten gesucht, sie aber einfach nicht gefunden. Deswegen..." Noah hob vorsichtig seine Hand, legte sie an meine Wange, näherte sich mir langsam und legte seine Lippen auf meine. Ein kalter Blitz durchfuhr meinen Körper, Adrenalin schoss in jede meiner Adern. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Die Situation überforderte meinen Körper und meine Sinne voll und ganz. Trotz allem erwiderte ich anfangs seinen Kuss, nur um mich wenige Sekunden später von ihm zu lösen. Es fühlte sich einfach irgendwie...falsch an. Noah schaute mich besorgt an. „Hab ich was falsch gemacht? War ich dir zu schnell? Wolltest du das nicht?" bombardierte er mich sofort mit Fragen. Kein Wunder, er hatte mich gerade geküsst und ich hatte ihn weggestoßen. Natürlich hatte er da das Recht, Fragen zu stellen. „Ich...Ich..." Vorsichtig atmete ich einmal tief ein und wieder aus und versuchte, mich wieder zu fangen. „Ich weiß ehrlich gesagt selber nicht, was los ist. Du bist ein unglaublicher Mann, Noah, wirklich. Ich genieße jede einzelne Sekunde mit dir, aber-" „Aber nur freundschaftlich." unterbrach er mich. Ich spielte mit meinem Armkettchen, schaute auf den Boden und biss mir auf die Lippe. „Bis gerade eben wusste ich ehrlich gesagt selbst nicht, was ich empfunden habe. Du bringst mich zum lachen, munterst mich auf, aber trotzdem...fehlt irgendwie was. Gerade, als du mich geküsst hast. Ich habe deinen Kuss erwidert, weil ich gehofft hatte, irgendetwas in mir zu spüren, das mir sagt, dass das hier richtig ist. Aber da war...nichts. Das hast du nicht verdient. Es tut mir so so leid." sagte ich, immer leiser werdend. Noah atmete hörbar laut aus, als hätte er die ganze Zeit lang die Luft angehalten. Ich merkte, wie mir eine Träne über die Wange lief. „Hey, Hope..." sagte er sanft, während er über meine Schulter strich. „Du musst dich für nichts entschuldigen. Ich meine, es ist glaube ich offensichtlich, dass ich etwas für dich empfinde. Schon in dem Moment, als ich dich am Flughafen gesehen habe, hat mein Herz einen Purzelbaum geschlagen." Ich lachte leicht. „Aber wenn du nicht gleich empfindest, dann kann ich das nicht ändern. Versteh mich nicht falsch, mein Herz ist praktisch gerade in zwanzig Millionen Stücke zerbrochen, aber Gefühle kann man nicht erzwingen." „Tut mir leid, wenn ich dir falsche Hoffnungen gemacht habe. Ich dachte wirklich, dass ich das auch wollen würde." Noah schwieg und musterte mich. „Da ist da noch etwas, oder?" fragte er nach einer Weile. Ich presste meine Lippen aufeinander und merkte, wie mein Bauch zu kribbeln anfing, als ich an Tom dachte. „Es ist ein anderer Junge, oder?" Ich schluckte und nickte leicht. „Ist es Tom?" In mir breitete sich ein wohliges Gefühl aus, nachdem Noah seinen Namen ausgesprochen hatte. Ich seufzte und nickte erneut. „Um ehrlich zu sein habe ich mir sowas in die Richtung schon gedacht... Die Art, wie er dich anschaut, sagt alles. Ich hatte trotzdem die Hoffnung, dass du nichts für ihn empfindest." sagte er. Ich schaute auf und sah, wie auch seine Augen glänzend. Es tat mir im Herzen weh, ihm das Herz zu brechen. „Ich habe wirklich versucht, ihn so gut wie möglich normal zu behandeln und ihn als Freund anzusehen. Seitdem wir einen Abend verbracht haben, ist irgendwie alles anders. Meiner besten Freundin Summer habe ich sogar geschworen, ihm so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen. Ich dachte wirklich, dass ich mit dir besser dran wäre. Wahrscheinlich wäre es auch so, aber mein Herz-" „Dein Herz hat sich für ihn entschieden." „Ich weiß es nicht. Ich denke es." Noah lächelte leicht und legte seine Hand auf meine Schulter. „Du weißt, ich bin rein menschlich gesehen nicht der größte Fan von Tom. Aber wenn er dich glücklich machen kann, dann will ich dich von nichts abhalten. Dafür mag ich dich zu sehr und dafür bedeutest du mir zu viel, Hope. Viel zu viel. Finde heraus, was du willst. Ich werde hier sein und warten. Und selbst wenn ich für immer nur ein guter Freund für dich sein werde, ich werde immer für dich da sein." lächelte er leicht. Noahs Worte berührten mich so sehr, dass ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten konnte und ihm weinend um die Arme fiel. „Es tut mir so so leid. Das hast du nicht verdient." schluchzte ich. „Sag sowas nicht, Hope. Das Leben läuft nicht immer so, wie wie es wollen und das Herz macht, was es will." „Aber wir bleiben Freunde, oder?" stotterte ich. „Auf jeden Fall. Ich könnte mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen." Schmunzelnd vergrub ich meinen Kopf in seiner Schulter. Was machte ich jetzt nur?

𝐢𝐭 𝐰𝐚𝐬 𝐚𝐥𝐰𝐚𝐲𝐬 𝐲𝐨𝐮Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt